Krieg in der Ukraine: Putins Grom-E1 – Hybrid zwischen Gleitbombe und Rakete mit hoher Reichweite

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Die Grom-E1 besitzt einen eigenen Antrieb und ausklappbare Flügel. Dadurch fliegt sie viel weiter als die einfachen Gleitbomben.

Mit Gleitbomben zerschlagen die Russen die ukrainischen Verteidigungsanlagen. Es sind einfach gebaute, "dumme" Bomben, die mit einem Gleitmodul versehen werden. Ein Jet bringt sie in die Höhe, klinkt sie aus, und dann gleiten sie ohne eigenen Antrieb dem Ziel entgegen. In der Endphase lenken sie sich ins Ziel. Die ersten Gleitbomben dieser Art waren nur 250 Kilogramm schwer und relativ ungenau. Inzwischen treffen sie präzise, und den Russen ist es gelungen, auch Gleitmodule für drei Tonnen schwere Bomben zu entwickeln.

Dieses System ist billig und effektiv, allerdings ist die Reichweite begrenzt, sie liegt bei 40 bis 70 Kilometern. Wenn der Jet außerhalb der ukrainischen Luftverteidigung bleiben will, kann so nur der Streifen hinter der Front angegriffen werden.Gleitbomben 20.15

Gleitversion der Kh-38M-Rakete

In letzter Zeit setzen die Russen einen anderen Typ ein. Die Grom-E1 ist ein Zwitter zwischen Gleitbombe und Cruise-Missile. Weniger aufwendig als ein klassischer Marschflugkörper oder eine ballistische Rakete verleiht ein einfaches Triebwerk der Bombe eine höhere Reichweite. Grom-E1 stammt von der Kh-38M-Rakete ab, die ausklappbaren Flügel verleihen ihr die größere Reichweite. Die Grom-E1 kann sehr flexibel eingesetzt werden. Sie kann aus einer Höhe von nur 500 Metern gestartet werden, aber auch 12.000 Meter sind möglich. Die maximale Reichweite beträgt 120 Kilometer, sie kann aber auch Ziele in nur 10 Kilometer Entfernung treffen. Dabei ist sie sehr manövrierfähig. Sie kann wenden, um das Ziel von hinten anzugreifen. Da die Waffe modular aufgebaut ist, kann man sie aufwendiger oder einfacher ausstatten.

37m auf SU30

Grom-E1 kann von Kampfflugzeugen gestartet werden

Die Startmasse beträgt 594 Kilogramm, die Länge 4,2 Meter und die Flügelspannweite 1,9 Meter. Die Nutzlast liegt zwischen 300 und 350 Kilogramm. In Bezug auf die Nutzlast ist der Kh-36 Grom-E1 sehr flexibel und kann verschiedene Arten von Sprengköpfen tragen, darunter Splittersprengköpfe oder durchdringende Sprengköpfe, um befestigte Ziele zu zerstören. Sie ist für den Angriff auf strategische Ziele wie Kommandozentralen, Luftabwehrsysteme, kritische Infrastruktur und verschiedene militärische Einrichtungen konzipiert. Im Vergleich zu "echten" Marschflugkörpern oder der Hyperschallwaffe Kh-47 M2 Kinschal ist die Grom-E1 einfacher aufgebaut und entsprechend günstiger. Durch das geringere Gewicht kann sie auch von normalen Kampfflugzeugen wie der Su-30SM und der Su-34 aus gestartet werden.

Gleitbombe 3000 19.22

Das Mehr an Reichweite kann dazu genutzt werden, Ziele anzugreifen, die tiefer im ukrainischen Gebiet liegen. Oder aber, um den Abstand zur ukrainischen Luftverteidigung zu vergrößern. Die größere Entfernung ermöglicht es, außerhalb der Reichweite der Luft-Luft-Raketen zu bleiben, die von US-Jets vom Typ F-16 eingesetzt werden. Die Advanced Medium Range Air to Air Missile (AMRAAM) fliegen bis 65 Kilometer weit. Für die F-16 wäre eine Abfangmission allerdings immer riskant, da die russische Luft-Luft-Rakete Vympel R-37 über 200 Kilometern weit fliegen kann. 

Allerdings ist nicht anzunehmen, dass die Grom-E1 die Stückzahlen der russischen Gleitbomben erreicht. In nur einer Woche setzen die Russen über 900 einfache Gleitbomben ein. Bislang haben die Gleitmodule keinen eigenen Antrieb. Im Prinzip sollte es aber möglich sein, auch ihre Reichweite durch eine einfache Boosterrakete zu steigern. Die Grom-E1 ergänzt die weitreichenden Raketen und Marschflugkörper der Russen. Von ihnen werden zwischen 150 und 170 Stück im Monat produziert. Hier könnte eine Serienproduktion der Grom-E1 die Zahl deutlich erhöhen.