Kiew sucht weiter den Erfolg bei Kursk, doch Putin verstärkt seine Offensive im Donbass. Die ausgedünnten ukrainischen Truppen müssen nun einen Angriff bei Vuhledar abwehren.
Nach dem Vormarsch in Torezk und auf Pokrowsk zu hat Russlands Präsident Wladimir Putin den Druck im Osten weiter erhöht. In der Zone südlich von Donezk wurde eine weitere Offensive rund um den Ort Vuhledar gestartet. Dort hatten die Russen zuvor Niederlagen erlitten beim Versuch, den Ort zu stürmen. Dieses Mal stellen sie es klüger an, den festungsartigen Stützpunkt vermeiden sie. Vor einigen Tagen haben sie begonnen, die etwas östlich gelegene Kohlemine zu attackieren (Pivdennodonbaska). Wie weit sie vorgedrungen sind, ist unklar, aber sie sind in das Gelände eingedrungen. Wenn sie nicht vertrieben werden, könnten sie auch die Abraumhalde neben der Mine erobern. Der Hügel ist die beherrschende Höhe, von dort aus werden die Hauptzufahrten nach Vuhledar kontrolliert.
In einem zweiten Schlag sind die russischen Truppen in den benachbarten Ort Pawliwka eingedrungen. Eine Ortschaft, die sie zuvor wochenlang sturmreif geschossen hatten, indem sie alle Positionen der Verteidiger bombardierten. Inzwischen sollen Putins Soldaten den Großteil des Ortes kontrollieren.
Putin mobilisiert alle Kräfte
Und so sieht es an anderen Frontabschnitten aus: Im Raum um den von Kiew gehaltenen Ort Hirnyk sollen die Russen weitere Fortschritte gemacht haben und in neue Siedlungen eingedrungen sein. Dadurch droht die Gefahr, dass ukrainische Truppen weiter östlich abgeschnitten werden, wenn sie sich nicht schnell genug zurückziehen. Ein paar Kilometer weiter sollen sich die Russen in Selydowe festgesetzt haben, in Tschassiw Jar sollen sie weitere Häuserzeilen westlich des Kanals besetzt haben. Im Norden im Raum von Kupiansk drängen sie auf das Dorf Hlushkivka. Kurzum: Die ganze östliche Front südlich von Donezk bis hin zum Norden ist in Bewegung. Auch wenn es an einigen Abschnitten immer wieder zu mehrtägigen Pausen kommt.
Das Kalkül der ukrainischen Kursk-Offensive ist damit nicht aufgegangen. Putin hat keine nennenswerten Truppen aus dem Osten abgezogen und seine Offensive nicht gestoppt. Im Gegenteil, die Russen verstärken ihre Anstrengungen und je mehr sie das tun, umso schwerer fällt es der Ukraine, sie aufzuhalten. Die Russen verwandeln zuvor ruhige Abschnitte in heiße Zonen, dazu verlängern ihre Vorstöße die Frontlinie. Immer wieder beobachtet man, dass nicht mehr alle Abschnitte verteidigt werden können. Bei Vuhledar sieht man das Dilemma. An die eigentliche Festung trauen sich die Russen nicht heran. Doch die Ukrainer können die anliegenden Ortschaften kaum oder nur mit Mühe verteidigen. Wenn die Russen diese eingenommen haben, werden sie die Festung an den Flanken einschließen.
Kiew fehlen mobile Einsatzkräfte
Die Russen können an so vielen Stellen in die Lücken eindringen, weil den Ukrainern mechanisierte Truppen zum Gegenstoß fehlen. Sie fügen den Russen mit Drohnen Verluste zu, ab und an werfen sie die Russen auch aus einem Häuserblock. Doch es gelingt ihnen kaum noch, einmal verlorenes Gelände wieder in Besitz zu nehmen. Durch den neuen Angriff im Süden steht Kiew im Raum Torezk und Pokrowsk vor einem weiteren Dilemma. Werden Truppen nach Vuhledar entsandt, wird die Verteidigung der Stadt noch schwieriger. Konzentriert man sich auf die strategisch wichtige Stadt, könnten die Russen sich entscheiden, die kleineren Orte einzunehmen.
Weitere Erfolge bei Kursk
Im Osten führt Kiew den Krieg des armen Mannes: Es gibt zu wenig Fernwaffen, zu wenig Artillerie, zu wenig gepanzerte Fahrzeuge. Nur Infanterie und Drohnen sollen die Russen stoppen. Die Russen schöpfen bei der Feuerkraft aus dem Vollen. Sie setzen ihre Raketen vom Typ Iskander in einem nie dagewesenen Maße ein und müssen die Produktion merklich erhöht haben. Gleichzeitig versucht Kiew einen Durchbruch in der Kursk-Region. Dort können die Ukrainer ihren Einbruch tatsächlich weiter ausbauen. Bei dem Ort Martynovka, in Russkaya Konopel'ka und im Norden konnten sie Gewinne verzeichnen.