Zum ersten Mal wurden nordkoreanische Soldaten im Einsatz gesehen. Ihr Angriff wirkte unbeholfen, sie erlitten Verluste – aufhalten konnten die Ukrainer sie nicht.
Schon seit Wochen sollen sich nordkoreanische Truppen in der Region Kursk aufhalten. Allerdings gab es keinerlei Bestätigung für ihre Präsenz. Das hat sich geändert, die Nordkoreaner haben angegriffen. Exakt dort, wo es vermutet wurde. Sie haben die nordwestliche Ecke des ukrainischen Einbruchs bei Kursk attackiert.
Zunächst gab es nur sehr verschwommene Bilder des Angriffs, später kamen qualitativ bessere Aufnahmen von Gefallenen hinzu. Die angreifenden Truppen gingen ganz anders vor als die Russen. Diese haben inzwischen sehr detaillierte und ausgeklügelte Taktiken für einen infanteristischen Sturmangriff entwickelt.
Vor einem Angriff arbeiten sich die Russen in kleinen Infiltrationsgruppen an die Stellungen des Gegners heran. Sie nutzen die Nacht, die Deckung der Baumreihen und Feuerüberfälle, um möglichst unerkannt voranzukommen. Werden sie doch entdeckt, verstecken sie sich und bekämpfen Drohnen aus der Deckung heraus. Die eigentlichen Sturmgruppen werden erst herangeführt, wenn der Gegner von Artillerie und Drohnen niedergekämpft wurde.Waffen aus Nordkoera_1227
Nordkoreaner gehen ungeschützt vor
Die Nordkoreaner hingegen verließen ihre Fahrzeuge am Rand eines Feldes, schwärmten aus und bewegten sich ohne Deckung über den schneebedeckten Acker. Dort wurden sie dann von ukrainischen Drohnen und Mörsern attackiert. Die Nordkoreaner griffen mit mehreren Gruppen von etwa 40 Personen an. Eine russische Sturmgruppe besteht nur aus etwa 12 Personen. 40 Mann entsprechen einem Zug, von einer Massenattacke kann kaum die Rede sein.
Die ukrainischen Streitkräfte beschreiben das Vorgehen als unerfahren und können sich die Taktik schwer erklären. Zu den Verlusten gibt es stark unterschiedliche Angaben. Das "Wall Street Journal" berichtete von 30 Toten und Schwerverwundeten – und berief sich dabei auf den ukrainischen Militärgeheimdienst. Die Nachrichtenagentur AP spricht von "Hunderten" und beruft sich auf nicht weiter spezifizierte Quellen im Militär.
Das "WSJ" nennt schockierende Einzelheiten. Laut ukrainischen Soldaten seien die Nordkoreaner auf diese Art von Krieg nicht vorbereitet. Sie suchen keine Deckung, sondern schießen im offenen Feld auf die Drohnen – was nur sehr selten zu einem Erfolg führt. Die Toten hatten keinerlei Schutzwesten. Die Soldaten sollen so eng zusammengestanden haben, dass ein Granatenabwurf einer Drohne zu mehreren Toten führte. Verstorbene wurden in einer langen Reihe aufgebahrt, direkt in der Wirkungszone der ukrainischen Drohnen.
Trotz allem deutliche Geländegewinne
Alles in allem ein Desaster – so die ukrainische Darstellung. Die ukrainische Drohneneinheit behauptet, dass nicht einer der nordkoreanischen Soldaten die Stellungen der Ukrainer erreicht habe. Doch auffällig ist, dass Kiew nur Drohnenbilder liefern kann. Die Ukrainer waren nicht in der Lage, einen einzigen Verletzten gefangenzunehmen oder einen Toten als Beweis zu bergen.
Ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Angriff als Ganzes nicht zusammengebrochen ist, und dass die Nordkoreaner nicht auf ihre Anfangsposition zurückfallen mussten. Weitere Videos von Drohnenangriffen der Ukrainer zeigen dann auch, dass die Angreifer tatsächlich vorrücken und die ukrainischen Verteidiger aus zwei Wäldchen drängen konnten. Die Ukrainer haben sie am Ende des Wasserreservoirs bei dem Dorf Kruglen'koe angegriffen. Das war der Stand in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember, vermutlich haben die Russen oder ihre Verbündeten inzwischen das Dorf eingenommen.
Die Operation ist ein weiterer Versuch, den nördlichen Teil des Kursk-Zipfels abzuschnüren. Auch auf der östlichen Seite konnten die Russen vorrücken. Die Ukrainer konnten den Nordkoreanern Verluste zufügen, sie aber nicht aufhalten. Es ist auch nicht anzunehmen, dass Kiews Soldaten die wichtigen Baumreihen ohne eigene Verluste aufgegeben haben. Schließlich deutet der Vormarsch darauf hin, dass es sich nicht um einen reinen Infanterieangriff gehandelt hat, sondern dass der Sturm der Infanterie von eigener Artillerie und eigenen Drohnen begleitet wurde.18: Kiew spricht von hohen Verlusten der Nordkoreaner - 78900ddef8881152
Videos sind PR-Waffen
Videos suggerieren eine Eindeutigkeit, die ihnen nicht zukommt. Jeden Tag sind Tausende von Drohnen im Einsatz, viele Soldaten haben Bodycams, die Fahrzeuge auch. Aus dieser unendlichen Fülle werden einige Aufnahmen ausgewählt. Natürlich diejenigen, die eigene Erfolge zeigen. So entsteht der Eindruck, als würden russische Angriffe entweder im ukrainischen Feuer zusammenbrechen oder nur unter sehr hohen Verlusten vorankommen. Die geglückten russischen Aktionen zeigt Kiew verständlicherweise nicht.
Laut russischen Bloggern sollen die Nordkoreaner bereits am 6. Dezember das Dorf Plekhovo erfolgreich gestürmt haben. Kiew musste das Dorf aufgeben, doch es gibt keine Videos von dem Angriff. Moskau will keine Bilder von Nordkoreanern verbreiten.
Gewinne und Verluste
Am Ende bleibt, dass die Ukraine erneut zwei Zonen ihrer kleinen Eroberung verloren hat. Zumindest ein Angriff der Nordkoreaner kam dabei unter Feuer und sie haben sicher etwa 30 Mann verloren – vielleicht auch mehr. Sollte den beiden russischen Vormarschzangen noch einmal so ein Geländegewinn gelingen, wird die etwas größere Ansiedlung Malaya Loknya abgeschnitten und mit ihr alle Ukrainer, die sich nördlich befinden. In der grausamen Logik des Militärs sind die bisherigen Verluste akzeptabel.