4 months ago

"Keine zahlenmäßige Notlage": Deutlich weniger Migranten erreichen die EU



Spätestens seit dem Anschlag von Solingen ist Migration und deren Eindämmung in Deutschland wieder das beherrschende Thema. Dabei zeigt die Statistik: Die Zahl der Migranten und Flüchtlinge, die in diesem Jahr die EU erreichten, ist deutlich geringer als etwa 2023.

Die Begrenzung der Migration bestimmt die politischen Debatten in Europa. Die Zahlen von Januar bis August zeigen indes: In diesem Jahr sind sie insgesamt deutlich gesunken. Anstiege gab es zwar in Griechenland und auf den Kanarischen Inseln. Doch über die südlichen Grenzen der EU - der Region mit dem größten Anteil irregulärer Migration - sind diese Übertritte in den ersten acht Monaten des Jahres laut vorläufigen Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) um 35 Prozent zurückgegangen.

Demnach kamen knapp 115.000 Flüchtlinge und Migranten in diesem Jahr unerlaubt über die Mittelmeer-Routen oder über den Atlantik in die Europäische Union. Das entspricht weniger als 0,03 Prozent der EU-Bevölkerung. Im Vergleichszeitraum 2023 waren es den Daten zufolge 176.252 Menschen. Und 2015, während der großen Fluchtbewegungen vor allem wegen des Kriegs in Syrien, kamen mehr als eine Million Männer, Frauen und Kinder in die EU.

Den Trend spiegeln auch die Daten der EU-Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex wider: Demnach gingen illegale Grenzübertritte über die südlichen Grenzen Europas in diesem Jahr im Vergleich zu 2023 um 39 Prozent zurück. "Die Notlage ist in diesem Jahr keine zahlenmäßige", sagt IOM-Sprecher Flavio de Giacomo. "Und sie war es auch im vergangenen Jahr nicht."

PolitikIllegale Migration in Deutschland

Die am häufigsten genutzte Route führt von Nordafrika über das zentrale Mittelmeer nach Italien. Nach Zahlen von IOM und Frontex kamen dabei in Italien rund 64 Prozent weniger Flüchtlinge und Migranten an als im Vorjahreszeitraum. Beobachter führen dies stark auf das harte Durchgreifen von Tunesien und Libyen zurück, die die Boote auch mit Gewalt stoppen und zurückdrängen.

Viele Schleuser nun mit Schnellbooten

Im östlichen Mittelmeer, wo die am zweithäufigsten genutzte Route verläuft, setzen Schleuser laut den griechischen Behörden inzwischen zunehmend auch Schnellboote ein, mit denen sie Kontrollen zu entkommen hoffen. Auch seien weiter von der türkischen Küste entfernte Inseln vermehrt das Ziel der Boote. Die Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die in den ersten acht Monaten 2024 auf dem See- und Landweg nach Griechenland kamen, stieg laut UN-Daten um 57 Prozent.

Mehr als verdoppelt hat sich die irreguläre Migration von Westafrika aus in Richtung der zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln im Atlantik. Dort kamen zwischen Januar und August 25.500 Menschen an, vor allem aus Mali, dem Senegal und anderen westafrikanischen Ländern.

Die Erwachsenen unter ihnen versuchen in der Regel, weiter aufs europäische Festland zu gelangen. Für Tausende unbegleitete Minderjährige gilt dies jedoch nicht: Den spanischen Gesetzen zufolge muss sich die regionale Regierung um sie kümmern. Das hat überfüllte Unterkünfte und scharfe politische Proteste auf den Kanaren zur Folge.

Tausende auf dem Weg ertrunken

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Bei Weitem nicht alle, die sich auf den gefährlichen Weg machen, kommen auch auf europäischem Boden an. Viele Menschen sind schon in den Atlantik-Strömungen zwischen der westafrikanischen Küste und den Kanaren mit ihren Booten gekentert und ertrunken. Alle Zahlen sind nur Schätzungen: Die spanische Menschenrechtsgruppe Wandernde Grenzen spricht von mehr als 4000 Toten oder Vermissten.

Für die Mittelmeer-Routen meldet die IOM seit 2014 mehr als 30.000 Tote und Vermisste. In diesem Jahr sind es bereits mehr als 1400. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.

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