Am Streit um die Wirtschafts- und Finanzpolitik ist in der vergangenen Woche die Ampel-Koalition zerbrochen. Die Entlassung von Finanzminister Lindner ist laut Kanzler Scholz unter Umständen überfällig gewesen. Bereits im vergangenen Sommer habe er darüber nachgedacht.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Zusammenhang mit dem Ampel-Aus eine mögliche Fehleinschätzung zum Zeitpunkt der Entlassung des früheren Finanzministers Christian Lindner eingeräumt. "Ich hätte vielleicht schneller feststellen müssen, ab wann es so nicht mehr weitergehen kann. Womöglich hätte ich die Entscheidung, den Finanzminister zu entlassen, auch früher treffen müssen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
"Es ist kein Geheimnis, dass ich darüber auch schon einmal vorher nachgedacht habe, als es im Sommer trotz der vielen Stunden, die wir zusammen verbrachten, einfach nicht gelingen wollte, sich auf den Bundeshaushalt für 2025 zu einigen." Scholz bekräftigte, dass er sich in der Ampelkoalition immer wieder bemüht habe, Kompromisse zu finden. "Das halte ich unverändert für richtig, obwohl es dem Ruf der Regierung und mir als Bundeskanzler geschadet hat, dass wir für viele Themen immer so lange gebraucht und so viele Anläufe benötigt haben."
Der Kanzler hatte in der vergangenen Woche im Streit um die Wirtschafts- und Finanzpolitik Lindner entlassen. Zuvor hatte Lindner Scholz in einer Sitzung des Koalitionsausschusses aufgefordert, den Weg für Neuwahlen freizumachen. Lindner machte indes Scholz für das Scheitern der Ampel-Koalition verantwortlich. Der Kanzler habe die Zusammenarbeit mit ihm und der FDP aufgekündigt und damit einen "kalkulierten Bruch dieser Koalition" herbeigeführt zu haben.
In dem Gespräch mit der SZ hat sich Scholz außerdem positiv über den designierten US-Präsidenten Donald Trump geäußert. Sein Telefonat am vergangenen Sonntag sei, vielleicht überraschend, "ein sehr ausführliches und gutes Gespräch mit dem designierten US-Präsidenten" gewesen, sagte Scholz. "Ich habe doch den Eindruck gewonnen, dass er eine differenziertere Position hat als hierzulande oft angenommen wird."
Er habe in dem Telefonat keine Hinweise dafür erhalten, dass Trump gemeinsam mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin versuchen könnte, ein Friedensabkommen über den Kopf der Ukraine hinweg zu schließen. Im Übrigen bleibe er bei seiner Haltung: "Es gilt für mich unverändert der Grundsatz: Es wird nichts über die Ukraine ohne die Ukraine entschieden."
Scholz sagte, aus seiner Sicht sei Putin gescheitert. "Anders, als er vor Beginn des Krieges angekündigt hat, ist es ihm nicht gelungen, das komplette Land zu erobern. Die NATO hat mit Finnland und Schweden zwei zusätzliche Mitglieder erhalten und ist gestärkt wie nie.
Die Ukraine ist eine starke Nation geworden, mit einer Beitrittsperspektive zur Europäischen Union und klarer Orientierung auf das westliche Europa. Sie ist ein Land mit einer sehr starken Armee", sagte der Kanzler. "All das dürfen wir nicht gering schätzen, auch wenn die hohe Zahl der Toten und Verletzten und die unglaubliche Zerstörung in der Ukraine furchtbar sind."