Die ukrainischen Truppen kommen in der russischen Region Kursk voran. Was sie mit der Offensive bezwecken, bleibt lange unklar. Präsident Selenskyj spricht zunächst von Druck auf den Kreml, echte Friedensgespräche zu führen. Sein Innenminister geht noch einen Schritt weiter.
Die ukrainische Armee strebt mit ihrer Offensive in der russischen Grenzregion Kursk eigenen Angaben zufolge die Errichtung einer "Pufferzone" zum Schutz ihrer Bevölkerung an. "Die Errichtung einer Pufferzone in der Region Kursk ist ein Schritt zum Schutz unserer Bevölkerung an der Grenze vor dem täglichen feindlichen Beschuss", teilte Innenminister Ihor Klimenko auf Telegram mit.
Kiew kündigte zudem an, einen humanitären Korridor in der Region zu bilden. "Unsere Streitkräfte bereiten die Eröffnung eines humanitären Korridors zur Evakuierung von Zivilisten vor, sowohl in Richtung Russland als auch in Richtung Ukraine", teilte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk ebenfalls bei Telegram mit.
Die ukrainische Armee hatte am 6. August mit ihrem Vorstoß in der Grenzregion Kursk begonnen und seither einige Geländegewinne verzeichnet. Mittlerweile sollen zwischen 800 und 1000 Quadratkilometer der Region unter ukrainischer Kontrolle sein. Russische Quellen sprechen von 28 Ortschaften, das ukrainische Militär dagegen von 74, die sie erobert habe. Zwischen 120.000 und 200.000 Russinnen und Russen sind vor den Kämpfen aus dem Gebiet geflohen beziehungsweise von Behörden in Sicherheit gebracht worden. In der Region Kursk leben nur etwas mehr als 1,1 Millionen Menschen - mit rund 440.000 die meisten in der namensgebenden Großstadt.
Die ukrainische Führung hatte bereits zuvor erklärt, sie strebe keine Annexion der eroberten Gebiete an. Die ukrainischen Angriffe würden aufhören, wenn Russland einem "gerechten Frieden" zustimme. Kiew erhofft sich auch von den zahlreichen gefangengenommenen russischen Soldaten eine gute Position bei einem möglichen künftigen Austausch gegen ukrainische Kriegsgefangene.
Auch wenn die Bodenoffensive der ukrainischen Truppen sich derzeit auf die russische Region Kursk beschränkt, erklärt die Nachbarregion Belgorod mittlerweile ebenfalls den Ausnahmezustand. Die Lage in der Region bleibe ziemlich schwierig und angespannt, sagte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow. Im Gebiet Kursk ist sogar ein Notstand von nationaler Bedeutung ausgerufen worden. Die ukrainischen Soldaten stoßen bei ihrer Offensive in Kursk aktuell sowohl nach Norden als auch nach Süden vor. Im Süden stehen die Truppen nur noch wenige Kilometer von der Grenze zur Region Belgorod entfernt.
Aus der Luft wird die Region Belgorod seit geraumer Zeit durch die ukrainischen Truppen attackiert. Belgorod, Kursk und andere russische Gebiete meldeten erneut Drohnen- und Raketenbeschuss von ukrainischer Seite. Das russische Verteidigungsministerium sprach von 117 abgewehrten Drohnenattacken und 4 zerstörten taktischen Raketen. Auch russische Militärflugplätze sollen angegriffen worden sein.
Im vergangenen Jahr rückten dort zeitweise selbst ernannte Freiwilligenverbände ein, in denen auch Russen auf ukrainischer Seite kämpfen. In der vergangenen Woche hatten sich ukrainische Soldaten kurzzeitig im Dorf Poros im Gebiet Belgorod aufgehalten, das an die Region Kursk grenzt, und dort ein Video mit einer Flagge aufgenommen.