3 months ago

"Historische Verantwortung": Steinmeier betrachtet Garnisonkirche als Chance für Demokratie



Der Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg ausgebrannten und später gesprengten Garnisonkirche ist umstritten. Das Gebäude in der Potsdamer Innenstadt ist historisch schwer vorbelastet. Bundespräsident Steinmeier sieht in dem vollendeten Bau nun eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den wiedererrichteten Turm der Garnisonkirche als Mahnung an die Demokratie bezeichnet. "Lassen Sie uns zusammen daran arbeiten, dass dieser Ort etwas wird, was er über lange Strecken seiner Geschichte nicht war: ein Ort der Demokratie", sagte Steinmeier in seiner Rede beim Festakt zur Eröffnung. "Das ist die historische Verantwortung, die wir haben. Und das ist die Aufgabe, die wir hier alle zusammen als Gesellschaft haben."

Am 21. März 1933 wurde in dem Gotteshaus in Potsdam der erste Reichstag nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten eröffnet. An diesem "Tag von Potsdam" reichte der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler vor der Garnisonkirche die Hand.

Das Projekt des Wiederaufbaus hat unter anderem deshalb für viel Kritik gesorgt. Der Turm rufe dazu auf, zu erinnern, zu differenzieren, aber keinesfalls zu vergessen, so Steinmeier. "Jedem Versuch, deutsche Verantwortung zu leugnen, unsere Erinnerungskultur als Schuldkult zu diskreditieren, stellen wir uns entschieden entgegen. Ich sage bewusst: wir!" Steinmeier ist Schirmherr des umstrittenen Wiederaufbauprojekts.

Proteste gegen Wiederaufbau

Gegenüber dem Kirchturm protestierte die Bürgerinitiative "Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" mit mehr als 100 Menschen gegen den Bau. Sie sieht in der Kirche ein "Wahrzeichen des Terrors" und ein Symbol des Militarismus. Auf einem Transparent stand: "Nazikirche gegen Bürger*innenwillen". Auch der "Lernort Garnisonkirche" der christlichen Martin-Niemöller-Stiftung kämpft gegen das Projekt.

Die evangelische Kirche will den Neubau als Ort für Friedensarbeit und Demokratiebildung etablieren. Eine Ausstellung mit dem Titel "Glaube, Macht und Militär" will sich kritisch mit der Geschichte befassen.

Die Militärkirche von 1735 war im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt. Die Reste wurden 1968 auf Geheiß der DDR-Führung gesprengt. Im Jahr 2017 begannen die Arbeiten für den Neubau des Turms, der außen dem historischen Original nachempfunden ist. Erste Initiativen für das Projekt liegen etwa 20 Jahre zurück. Der Turmaufbau kostete laut Stiftung Garnisonkirche rund 42 Millionen Euro, der Großteil kam vom Bund. Ein Wiederaufbau des Kirchenschiffs ist nicht vorgesehen.

Von Freitag an ist der Turm für die Öffentlichkeit geöffnet. Die Aussichtsplattform in 57 Metern Höhe soll Besucher anlocken. Noch ist der Turm nicht ganz komplett: Eine 30 Meter hohe Haube soll nach Angaben der Stiftung 2026 auf das Bauwerk kommen - dann wäre es mit 90 Metern Potsdams höchstes Gebäude.

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