2 months ago

Hilfe mit "allen Mitteln": Nordkorea ratifiziert Abkommen mit Russland



Seit gut einem Monat gibt es Berichte über bis zu 12.000 nordkoreanische Soldaten im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Im Sommer hatten Wladimir Putin und Kim Jong Un ein Abkommen unterzeichnet. Damit sagen sich beide Seiten weitreichende Unterstützung bei der Verteidigung ihrer Länder zu.

Nordkorea hat ein bedeutendes strategisches Abkommen mit Russland ratifiziert, mit dem sich die Länder gegenseitige militärische Unterstützung zusichern. Das berichtete die nordkoreanische staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Das Abkommen wurde bereits im Juni von Russlands Präsident Wladimir Putin und Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un unterzeichnet und gilt als das größte Verteidigungsabkommen beider Länder seit dem Kalten Krieg. Er tritt in Kraft, sobald beide Seiten die Ratifizierungsdokumente ausgetauscht haben. Russland hat die Ratifizierung bereits in der vergangenen Woche abgeschlossen.

Das Abkommen verpflichtet Russland und Nordkorea, im Falle eines Angriffs unverzüglich militärische Hilfe mit "allen Mitteln" zu leisten. Politische Beobachter vermuten, dass die Ratifizierung ein Zeichen dafür sein könnte, dass Nordkorea bald offiziell in den Krieg zwischen Russland und der Ukraine eintreten könnte.

Amerikanische, südkoreanische und ukrainische Geheimdienste schätzen, dass bereits bis zu 12.000 nordkoreanische Soldaten nach Russland entsandt wurden, wahrscheinlich als Teil des Abkommens vom Juni. Ukrainischen Angaben zufolge hatte es in der vergangenen Woche kleinere Kämpfe zwischen ukrainischen und nordkoreanischen Truppen gegeben, während die ukrainische Armee nordkoreanische Soldaten in der russischen Grenzregion Kursk beschoss.

Vertreter Südkoreas und westlicher Staaten äußerten sich zudem besorgt, dass Russland im Austausch für die Truppenentsendung möglicherweise Technologie an Nordkorea weitergeben könnte, um dessen Atom- und Raketenprogramme zu verbessern.

Nordkoreas letzter Krieg ist über 70 Jahre her

Nie zuvor schickte Pjöngjang Truppen ins Ausland. Zu groß war die Angst, die Soldaten könnten überlaufen oder unvorteilhafte Vergleiche zwischen der eigenen und der fremden Armee anstellen. "Das Regime befürchtete, dass Soldaten aus dem isolierten Land auf 'falsche' Ideen kommen könnten", schreibt Fjodor Tertizki, Wissenschaftler an der Universität Kookmin in Seoul. Doch nun hat der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un seine Meinung offenbar geändert.

Die nordkoreanischen Soldaten tragen nach Informationen von US-Außenminister Antony Blinken russische Uniformen. Sie seien für Artillerie-, Drohnen- und Infanterieeinsätze ausgebildet. Das zeige, dass Moskau sie an vorderster Front einsetzen wolle, sagte Blinken. Um nur als "Kanonenfutter" zu dienen, scheint die Zahl der entsandten Nordkoreaner zu gering. Sie entspricht etwa den Verlusten, die die russische Armee an zehn Kampftagen erleidet. "Wenn es Russland um Personalmangel geht, braucht es weitaus mehr Nordkoreaner", sagt der frühere australische General Mick Ryan.

"Die Stärke der nordkoreanischen Spezialeinheiten liegt in ihrer Fähigkeit, raue Bedingungen durchzustehen, selbst wenn Lebensmittel und anderes Notwendige knapp sind", erklärt Lim Eul Chul von der südkoreanischen Universität Kyungnam. "Sie sind mental stark belastbar."

Doch die nordkoreanische Armee hat seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 nicht mehr gekämpft. In Kursk treffen die Nordkoreaner nun auf ukrainische Soldaten, die seit bald drei Jahren im Krieg sind. Die Spezialeinheiten aus Nordkorea sind zudem vor allem darauf trainiert, einen Staatsstreich im eigenen Land zu verhindern. "Ihre komplizierte Befehlskette ist aus einem System hervorgegangen, in dem politische Kommissare jede militärische Entscheidung absegnen", erklärt Tertizki. "Es stellt sich die Frage, ob dieses schwerfällige System für den Krieg in der Ukraine geändert wird."

Südkorea hofft auf Erkenntnisse

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Unklar ist auch, für welche Aufgaben die nordkoreanischen Einheiten eingesetzt werden und ob sie eigenständig agieren oder in die russischen Truppen integriert werden. Und wie können Russen und Nordkoreaner zusammen Krieg führen, wenn sie keine gemeinsame Sprache sprechen? "Der ukrainische Geheimdienst hat erklärt, dass die Nordkoreaner mit 500 Offizieren und drei Generälen in Russland eingetroffen sind", sagt Ivan Klyszcz vom Internationalen Zentrum für Verteidigung und Sicherheit in Estland. "Dies könnte die Kommunikation erleichtern, wenn die russischen und nordkoreanischen Generäle es schaffen, zusammenzuarbeiten."

Der Einsatz der nordkoreanischen Soldaten wird sowohl in Pjöngjang als auch in Seoul genau beobachtet. "Gesammelte Erfahrungen über moderne Kampftechniken, insbesondere über den Einsatz von Drohnen, Marschflugkörpern und ballistischen Raketen werden für Nordkorea von großem Interesse sein", sagt der frühere General Ryan. Dies gelte auch für Einblicke in die elektronische Kriegsführung sowie die Erkenntnisse aus erbeuteten westlichen Waffen.

Auch Südkorea erhoffe sich neue Erkenntnisse, schreibt Tertizki. "Seoul wittert offenbar eine Gelegenheit, Informationen über seinen langjährigen Feind zu erlangen."

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