Als Putin den Deutschen das Gas abdrehte, schoss die Nachfrage nach Wärmepumpen in die Höhe. Was wurde aus dem Boom? Drei Hausbesitzer legen ihre Rechnungen offen.
Erinnern Sie sich noch an die Panik im Herbst 2022? Ende August stoppte Putin endgültig die Gaslieferungen an Abnehmer in der EU. Ein Schock für Politik, Wirtschaft und Verbraucher. Die Gas- und Strompreise waren schon in den Monaten davor dramatisch gestiegen, im Herbst erreichten sie einen Höhepunkt – für Strom mussten Neukunden damals 70 Cent pro Kilowattstunde zahlen, für Gas rund 40 Cent.
Anfang 2023 erholten sich die Preise und sind seitdem relativ stabil. Derzeit (Stand: Ende September) kostet die Kilowattstunde Erdgas rund neun Cent für Neukunden, Strom knapp 26 Cent.
Absatz-Plus bei Wärmepumpen von 53 Prozent
Dass es so glimpflich laufen würde, hätte im Herbst 2022 wohl kaum jemand zu hoffen gewagt, die Nachfrage nach Wärmepumpen schoss damals in die Höhe. Boten sie doch eine Alternative zur Abhängigkeit von russischem Gas sowie eine klimafreundliche Möglichkeit zu heizen.
Der Absatz steigerte sich 2022 um 53 Prozent auf 236.000 Geräte. Und die Branche hoffte, dass der Boom sich fortsetzen würde.
Einer der Käufer in jenem Krisenjahr war Karl-Heinz Redeker. "Wir haben ideale Voraussetzungen dafür", sagt Redeker. Sein Haus, Baujahr 1987, ist gut gedämmt und verfügt über eine Fußbodenheizung im Erdgeschoss. Er ließ die alte Ölheizung rausreißen, installierte eine leistungsstarke Solaranlage auf dem Dach und die Wärmepumpe im Keller. Die Hoffnung war, mehr oder weniger autark zu werden bei der Strom- und Wärmeversorgung.
Mit der Leistung der Wärmepumpe ist Redeker sehr zufrieden. "Das Wohnzimmer wird jetzt mit 23, 24 Grad immer schön warm." Mit der alten Heizung sei er nie über 20 Grad gekommen.
Doch der Traum von der Unabhängigkeit hat sich nicht erfüllt. "Gerade im Winter, wenn die Wärmepumpe viel Strom frisst, liefert die Solaranlage wenig Strom", sagt Redeker. Da muss er aus dem Netz zukaufen.
Gemischte Bilanz
Und so ist seine finanzielle Bilanz gemischt: Einmaligen Anschaffungskosten von 21.000 Euro (28.000 Euro für die Wärmepumpe abzüglich 7000 Euro staatliche Zuschüsse) stehen laufende Kosten gegenüber, die ungefähr gleich geblieben sind. Er spart zwar monatliche Gaskosten von rund 200 Euro ein. Doch seine Stromrechnung ist kaum gesunken, weil er im Winter Strom aus dem Netz dazukaufen muss. Die Photovoltaikanlage hat er beim Solar- und Wärmepumpenanbieter Enpal gemietet für 238 Euro monatlich. "Unter’m Strich lande ich, was die laufenden Kosten betrifft, ungefähr bei Plus Minus Null", sagt Redeker.
Eine Investition in die Zukunft
Dennoch ist der Bergmann im Ruhestand zufrieden mit seiner Entscheidung. "Ich habe das mit meinen Kindern besprochen und wir sehen es als Investition in die Zukunft", sagt Redeker. Denn die Kosten für fossile Brennstoffe wie Gas dürften künftig weiter steigen.
Auch Stefan Reichel* (Name von der Redaktion geändert) entschied sich Ende 2022 für die Kombination von Solaranlage und Wärmepumpe. Reichel ist pensionierter Polizeibeamter und besitzt ein Einfamilienhaus in Chemnitz, Baujahr 2001, 150 Quadratmeter groß, das er an eine Familie vermietet hat. "Als die Gasheizung ihren Geist aufgab, stand ich vor der Frage, was ich einbauen soll", sagt er.
Eine Fußbodenheizung gibt es in dem Haus nicht. Das war einer der vielen Gründe, warum ihn Freunde und Bekannte vor einer Wärmepumpe gewarnt hätten. Ungeeignet, ineffizient, kompliziert. Alles Unsinn. Mit der Wärmeleistung ist der Mieter, Marcel Gruner, hochzufrieden. "Die Anlage läuft bestens", sagt er und sie sei auch nicht laut, wie er zunächst befürchtet hatte. Seine Gaskosten sind von monatlich 300 Euro auf Null geschrumpft. Dafür sind seine Stromkosten von 100 auf 250 Euro im Monat gestiegen. Zudem hat Eigentümer Stefan Reichel die Miete um 300 Euro erhöht und legt damit einen Teil seiner erheblichen Investitionskosten auf seinen Mieter um. 30.000 Euro zahlte Reichel für die Wärmepumpe, abzüglich 10.000 Euro staatliche Förderung. Die Solaranlage kostete ihn 25.000 Euro. Sinnvoll angelegtes Geld, findet Stefan Reichel. "Ich steigere den Wert meiner Immobilie."
So denken nicht alle Besitzerinnen und Besitzer der rund 19 Millionen Wohngebäude in Deutschland. Die Nachfrage nach Wärmepumpen stagniert: 2024 werden zwischen 160.000 bis 200.000 Anlagen abgesetzt, weit weniger als die 500.000, die die Wärmepumpen-Branche prognostiziert hatte. Einige Hersteller mussten im Sommer Kurzarbeit anmelden.
Bloß keine Gasheizung
Die Gründe für den Einbruch trotz attraktiver Förderung sind vielfältig: Zum einen hat der heftige Streit der Ampel-Regierung über das Heizungsgesetz die Verbraucher massiv verunsichert. Zum anderen ist die Angst vor einem dramatischen Anstieg der Gaspreise verflogen. Und: Viele Menschen empfinden Klimaschutz als nicht mehr so dringlich, trotz der weltweiten Zunahme von Wetterextremen und ihren verheerenden Folgen.
Für Kaye Krebs, 59, Heilpädagogin aus Glückstadt, scheiterte der Umstieg auf die klimafreundliche Wärmepumpe zunächst am Geld. "Als meine Ölheizung kaputt ging, konnte ich mir eine richtige Anlage nicht leisten", sagt sie. Stattdessen baute sie eine Elektroheizung ein. Gerade mal 1500 Euro hat sie das gekostet, dafür kletterte die Stromrechnung auf über 300 Euro im Monat. Zudem sind Elektroheizungen nicht sehr effizient. Als sie eine kleine Erbschaft machte, war genug Kapital für eine Wärmepumpe da. Eine Gasheizung sei für sie aus ökologischen Gründen nicht mehr in Frage gekommen.
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Das Haus von Kaye Krebs wurde 1955 gebaut, seitdem sie es besitzt, hat sie laufend modernisiert und beispielsweise eine Fußbodenheizung installiert und Wandheizkörper angebracht. "Damit waren die Voraussetzungen für eine Wärmepumpe sehr gut", sagt sie. Ein Berater machte ihr einen Kostenvoranschlag von 24.000 Euro, die staatliche Förderung betrug 10.800 Euro.
Zwei Winter hat sie ihr 120 Quadratmeter großes Haus nun schon mit der Wärmepumpe geheizt und ist vollauf zufrieden mit der Leistung. Da die Anlage viel effizienter ist als die Elektroheizung, sank ihr monatlicher Stromabschlag von 300 auf 180 Euro. Dennoch findet Kaya Krebs die Anschaffungskosten für eine Wärmepumpe zu hoch. "Ich werde nicht mehr erleben, dass sich diese Investition amortisiert", sagt sie. Andererseits freut sie der Gedanke, ihren Kindern ein Haus zu überlassen, das eine Zukunft hat, technisch und ökologisch. "Wenn man etwas ändern möchte, muss man auch bereit sein, unbequeme Dinge zu tun."