Erst nach einer Anfrage aus dem Berliner Abgeordnetenhaus erfuhr die Berliner Datenschutzbeauftragte davon, dass bei Ermittlungen der örtlichen Staatsanwaltschaft Software zur Gesichtserkennung eingesetzt wurde. War das überhaupt erlaubt?
Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit prüft derzeit den Einsatz eines Systems zur Gesichtserkennung durch die Staatsanwaltschaft Berlin. Wie ein Sprecher mitteilt, hat die Datenschutzbeauftragte erst durch Schriftliche Anfragen aus dem Berliner Abgeordnetenhaus davon erfahren. Daraufhin habe sie eine Prüfung von Amts wegen eingeleitet.
In der Antwort auf die Frage des Grünen-Abgeordneten Vasili Franco schreibt die Senatsverwaltung für Inneres und Sport: „Systeme, durch die Bildmaterial von Personen und Fahrzeugen erstellt und zeitgleich oder anschließend anhand einer Software biometrisch abgeglichen wird, wurden bislang in sechs bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführten Ermittlungsverfahren eingesetzt“. Stattgefunden hätten die Maßnahmen jedoch im Rahmen der Amtshilfe in Brandenburg und Sachsen. Die Anlässe seien schwerer Bandendiebstahl und Raub gewesen.
Der Einsatz von Technologien zur Gesichtserkennung betrifft viele Grundrechte. Im Rahmen der KI-Verordnung diskutierte die Europäische Union sogar Verbote dieser Technologie, einigte sich jedoch nur auf teils windwelweiche Einschränkungen. Nach wie vor fordern Fachleute und auch Ampel-Abgeordnete strengere Regeln auf nationaler Ebene.
Bereits zuvor gab es scharfe Kritik am Einsatz von Gesichtserkennung durch die Polizei in Sachsen und Brandenburg. Eingesetzt wird die Überwachungstechnologie darüber hinaus bereits in etlichen Bundesländern. Inwiefern das überhaupt rechtens ist – unklar.
„Sehen in der Regel keine Rechtsgrundlage“
Von der Berliner Datenschutzbeauftragten heißt es:
Biometrische Gesichtserkennung betrifft insbesondere dann, wenn sie großflächig eingesetzt wird, eine Vielzahl von Unbeteiligten. Die Erhebung biometrischer Gesichtsdaten zur Identifizierung von Personen im öffentlichen Raum stellt einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar und birgt die Gefahr einer unverhältnismäßigen Anwendung.
Die Behörde lässt wenig Zweifel, dass sie vom Einsatz der Technologie durch Berliner Ermittler*innen wenig begeistert ist. „Für diese Anwendung sehen wir in der Strafprozessordnung oder im Landespolizeigesetz in der Regel keine Rechtsgrundlage“, schreibt ein Sprecher.
Die Behörde habe bei der Staatsanwaltschaft Berlin bereits Auskünfte eingeholt, etwa zur datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit, der eingesetzten Technik und den zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen. Die Antworten würden derzeit ausgewertet.
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