Das Wahlprogramm der Union geht der CSU in einigen Punkten offenbar nicht weit genug. Parteichef Söder kündigt eine eigene, schärfere Linie beim Thema Asylrecht an. Es soll unattraktiver werden, nach Deutschland zu kommen. Das Land sei an der Grenze der Aufnahmefähigkeit.
Die CSU fordert nach der Bundestagswahl eine grundlegende Reform des Grundrechts auf Asyl. "Wir müssen die Migration wirksam begrenzen. Der individuell einklagbare Anspruch auf Asyl, der muss umgewandelt werden in eine objektive Garantie", sagte Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder in München. Deutschland müsse künftig selbst entscheiden können, wie viele Menschen kommen und hier bleiben könnten.
"Den subsidiären Schutzstatus möchten wir abschaffen, um zum ursprünglichen Geist der Genfer Flüchtlingskonvention zurückzukehren", sagte er. Durch die Reform werde auch die Trennung von Flucht und Arbeitsmigration erleichtert. "Der Staat muss festlegen, welche Fachkräfte das Land für die Wirtschaft braucht und aus welchem Land Deutschland im Rahmen europäischer Regelungen Flüchtlinge aufnimmt."
Subsidiär schutzberechtigt sind Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht - etwa durch eine Vollstreckung der Todesstrafe oder drohende Folter. Auch Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten können eine Einreise nach Deutschland beantragen.
Söder nannte das Ansinnen, das auch im Wahlprogramm der CSU verankert werden soll, eine "grundlegende Änderung". Nicht jeder aus der Welt dürfe oder könne sich hier einklagen, sondern genau der umgekehrte Weg sei es. "Wir spüren, dass unser Land an der Grenze der Aufnahmefähigkeit ist - finanziell, logistisch und auch kulturell", sagte der 57-Jährige.
Das CSU-Wahlprogramm soll im Januar als Ergänzung zum gemeinsamen Unionsprogramm vorgestellt werden. Voraussichtlich am 23. Februar wird der Bundestag neu gewählt. Auch aus der CDU hatte es in der Vergangenheit entsprechende Forderung nach einer Änderung des Asylrechts gegeben. So hatte sich der damalige CDU-Brandenburger Innenminister Michael Stübgen dafür ausgesprochen, das Asylrecht in seiner bestehenden Form abzuschaffen.
"Asylverfahren würden sich verkürzen"
"Durch eine Neuregelung verkürzen sich automatisch nahezu alle Asylverfahren", sagte Söder. Jede Entscheidung könne schneller fallen, wenn sich nicht mehr mehrere Gerichtsinstanzen mit jedem Einzelfall beschäftigen müssten. "Auch die Attraktivität nach Deutschland zu kommen, lässt dann nach – wie bei vielen anderen Ländern im europäischen Umfeld."
Deutschland müsse selbst entscheiden können "durch Regierung, durch Parlament, wie viele Menschen wir aufnehmen können", sagte er weiter. Das führe dann auch dazu, dass Deutschland endlich die Zuwanderung gut und vernünftig organisieren könne: "Arbeitsmigration, die wir brauchen, und Flucht-Migration, denen wir helfen können. Aber wir können nicht der ganzen Welt allein helfen."
Nach dem Grundgesetz ist das Asylrecht bisher eindeutig ein sogenanntes individuelles Recht. Das bedeutet, dass die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis nicht quantitativen oder finanziellen Vorbehalten untergeordnet werden darf. Die CSU hatte diesen Grundsatz schon in früheren Jahren mit dem Argument, es drohe eine Überforderung des Staates, infrage gestellt. So sorgte einst die Forderung nach einer Obergrenze infolge der Asylkrise 2015 für einen heftigen Streit zwischen der damaligen Kanzlerin Angela Merkel und dem früheren CSU-Chef Horst Seehofer. Erst nach jahrelangem Streit einigten sich die beiden Unionsparteien schließlich auf eine Flüchtlings-Obergrenze mit dem Ziel, maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Ketschmer hatte im Herbst als Obergrenze 30.000 genannt, im Frühjahr war es noch eine Zahl zwischen 50.000 und 60.000. CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich dem damals weitgehend angeschlossen und eine Zahl zwischen 60.000 und 100.000 pro Jahr als leistbar bezeichnet.