![](https://images.tagesschau.de/image/fee7ba02-6819-4aed-9b07-6320cd00693e/AAABlPZAoO8/AAABkZLhkrw/16x9-1280/trump-3774.jpg)
faq
Zölle seien "ein sehr mächtiges Instrument", so Trump im Wahlkampf. Und dieses Instrument setzt der US-Präsident nun massiv ein. Was heißt das für die EU? Was steckt hinter der Drohung mit "reziproken Zöllen"? Und profitieren die USA davon?
Welche Zölle hatte Trump bereits verkündet?
Anfang Februar hatte US-Präsident Donald Trump Zölle in Höhe von bis zu 25 Prozent auf alle Importe aus Mexiko und Kanada angeordnet, diese wenig später aber für zunächst 30 Tage ausgesetzt. Wirtschaftliche Überlegungen spielten für Trump bei diesen Entscheidungen offenbar eine untergeordnete Rolle. Er nutzt Zölle gerne als politisches Druckmittel. Kanada zum Beispiel will er damit zwingen, die Grenze besser zu sichern und mehr ins Verteidigungsbudget einzuzahlen. Mexiko soll noch härter gegen Drogenschmuggel und illegale Migration vorgehen.
Die ebenfalls Anfang Februar angekündigte Erhöhung der US-Zölle um zehn Prozentpunkte auf Produkte aus China traten wie angekündigt in Kraft. Die chinesische Regierung reagierte mit Gegenzöllen. Im Falle von China begründetet Trump die Zölle unter anderem mit "Diebstahl geistigen Eigentums" und "erzwungenem Technologietransfer".
Welche Zölle hat Trump jetzt auf Stahl verhängt?
Trump hat nun Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA auf den Weg gebracht. Sie sollen alle Staaten der Welt betreffen - nur für Australien deutete Trump eine Ausnahme an, die er mit einem US-Handelsüberschuss gegenüber dem Land begründet.
In Kraft treten sollen die Zölle am 4. März. Der US-Präsident will damit nach eigenen Angaben die Stahlproduzenten im eigenen Land stärken. "Es ist an der Zeit, dass unsere großartigen Industrien nach Amerika zurückkehren", sagte Trump vor Reportern.
Etwa ein Viertel des in den USA verwendeten Stahls wird derzeit importiert, der Großteil davon aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada und von engen Verbündeten in Asien und Europa wie Japan, Südkorea und Deutschland. China - der weltweit größte Produzent und Exporteur von Stahl - ist von den neuen Zöllen hingegen weniger betroffen. Die in Trumps erster Amtszeit 2018 eingeführten Zölle in Höhe von 25 Prozent schlossen den Großteil des chinesischen Stahls vom US-Markt bereits aus.
Bei Aluminium sind die USA noch stärker von Importen abhängig. Etwa die Hälfte des in den USA verbrauchten Aluminiums wird importiert, der größte Teil kommt aus dem Nachbarland Kanada.
Was bedeuten die Zölle auf Stahl für Firmen in der EU?
Mit den Zöllen wird es für US-Firmen unattraktiver, Stahl und Aluminium zu importieren. Das hat Auswirkungen auf den gesamten Weltmarkt. Für Stahl- und Aluminiumhersteller in anderen Ländern dürfte das zur Folge haben, dass sie Aufträge aus den USA verlieren. Nach Einschätzung des Verbandes der europäischen Stahlindustrie (Eurofer) könnten US-Exportgeschäfte im Umfang von bis zu 3,7 Millionen Tonnen verloren gehen. Dies könne durch EU-Exporte in andere Märkte nicht ausgeglichen werden, so Eurofer-Präsident Henrik Adam.
Zugleich befürchtet Adam, dass Hersteller aus anderen Teilen der Welt - hier geht es vor allem um Asien - nun verstärkt versuchen, ihren Stahl in Europa zu verkaufen. Das würde europäische Stahlhersteller, von denen viele nach Angaben des Verbands bereits in einer "angespannte Lage" sind, zusätzlich unter Druck setzen.
Für andere Branchen in Deutschland und den anderen EU-Ländern könnte das aber sogar ein Vorteil sein - nämlich für solche, die Stahl oder Aluminium für ihre Produkte benötigen. Denn durch Trumps Zölle könnten die Stahlpreise in den USA steigen, wohingegen sie in Europa sinken. Profitieren würden davon zum Beispiel europäische Hersteller von Windrädern. "Insgesamt dürften die USA stärker darunter leiden als die EU", so die Einschätzung von Lisandra Flach, der Leiterin des Ifo Zentrums für Außenwirtschaft.
Und auch der frühere Chef des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr, geht davon aus, dass die negativen Folgen der Zölle auf Stahl und Aluminium für die USA eher größer wären als für Europa. "Für Deutschland würden die Zölle nach unseren Berechnungen knapp 0,03 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen." Für die USA erwarte er einen Rückgang des BIP um gut 0,04 Prozent. Die US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte seien "unschön für unsere Volkswirtschaften, aber nicht verheerend", so der deutsche Experte.
Wie reagiert die EU?
Dass die EU auf die neuen US-Zölle reagieren wird, ist klar - wie genau diese Reaktion aussehen wird, noch nicht. "Unrechtmäßige Zölle zulasten der EU werden nicht unbeantwortet bleiben - sie werden entschiedene und verhältnismäßige Gegenmaßnahmen nach sich ziehen", teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit.
Als wahrscheinlich gilt eine Maßnahme, zu der die EU bereits in Trumps erster Amtszeit gegriffen hat. Damals hatte sie Gegenzölle in Kraft gesetzt, die gezielt bestimmte amerikanische Exporteure trafen. Dabei ging es um Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey oder Motorräder.
Nach Angaben aus dem Europaparlament könnten die EU-Gegenzölle nun am 1. April wirksam werden. "Wenn wir bis zum 12. März da keine Einigung bekommen haben - wir werden natürlich jetzt verhandeln - dann wird es ab 1. April diese Gegenzölle geben", sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses des EU-Parlaments, Bernd Lange.
Zudem deutete Lange an, dass die EU weitere Druckmittel in der Hand habe. Wenn Trump Zölle als politische Waffe nutze, könne man sich nicht nur mit Gegenzöllen wehren, sondern beispielsweise auch Patente ruhen lassen, Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen ausschließen oder den Marktzugang beschränken.
Was sind "reziproke Zölle", mit denen Trump nun droht?
Trump machte bereits klar, dass im Zollstreit das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei. Als Nächstes, innerhalb der kommenden zwei Tage, werde er "reziproke Zölle" verkünden. Damit sind wechselseitige Zölle gemeint, die dem Zollniveau des jeweiligen Handelspartners angepasst werden.
Welche Folgen das für Europa haben könnte, hängt sehr von der genauen Ausgestaltung und den Details ab. In den meisten Bereichen - mit Ausnahme der Agrarprodukte - seien die Unterschiede zwischen den Zöllen der USA und der EU nicht besonders groß, so Samina Sultan vom IW Köln. "Im Bereich Chemikalien verlangt die EU etwa zwei Prozentpunkte mehr. Es gibt aber auch Bereiche wie Textilien, in denen die US-Zölle höher sind." Betrachte man die Zölle allerdings auf einer feingliedrigeren Ebene, gebe es sehr viel höhere Unterschiede.
Auf die Vergleichsebene kommt es auch bei den Autos an, die häufig als Beispiel für eine Zolldifferenz genannt werden: 2,5 Prozent auf dem Weg in die USA - aber 10 Prozent auf dem Weg nach Europa. Doch ganz so einfach ist es nicht, wie Rolf Langhammer vom IfW Kiel erklärt. Bei den in den USA beliebten Pickups beispielsweise seien die US-Zölle sehr viel höher.
Eine Sonderrolle nimmt der Agrarbereich ein, wo die EU-Zölle nach Angaben Langhammers etwa doppelt so hoch sind wie die der USA. Allerdings werde dort schon jetzt wenig exportiert. Das liege aber nicht nur an Zöllen, sondern auch an technischen Standards. Das seit dem Freihandelsabkommen TTIP berühmte "Chlorhühnchen" fällt in diesen Bereich. Auch Sultan verweist darauf, dass das Handelsvolumen hier eher klein ist. "Betrachtet man zum Beispiel die deutschen Agrarexporte, gehen nur 1,2 Prozent davon in die USA."
"Insgesamt würden reziproke Zölle allen Seiten schaden", ist IW-Expertin Sultan überzeugt. Sie geht aber davon aus, dass der Schaden für die USA größer wäre als für die EU. "Wenn die USA das mit all ihren Handelspartnern täten, würde es sie am härtesten treffen - unter anderem mit einer steigenden Inflation. Europa hätte ja beispielsweise noch all seine anderen Handelspartner, mit denen es zu den alten Zöllen handeln könnte."
Wie geht es langfristig beim Thema Zölle weiter?
Experten sind sich weitgehend einig, dass Handelskriege keine Gewinner kennen sondern Verlierer auf allen Seiten produzieren. Trump sieht das offenkundig anders. Schon im Wahlkampf hat er klar gemacht, dass er Zölle für "ein sehr mächtiges Instrument" hält - Zölle sei eines seiner Lieblingswörter. Und bislang war Trump in der Umsetzung von Wahlkampfversprechen sehr konsequent.
Trump will mit den Zöllen die USA als Produktionsstandort stärken und das Handelsdefizit mit anderen Weltregionen wie etwa Europa abbauen. Ihm ist es ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Firmen in der EU. Er macht aber auch keinen Hehl daraus, dass er Zölle auch als politisches Druckmittel einsetzen will, um Dinge zu erreichen, die mit Wirtschaft überhaupt nichts zu tun haben.
Es geht also - wie so oft bei Trump - um "Deals". Welchen Erfolg er damit hat und ob er langfristig an dieser Politik festhält, lässt sich - wie vieles bei Trump - nicht vorhersagen.