Rund 16 Millionen Deutsche leiden an generalisierten Angststörungen. Studien zeigen: Antidepressiva können helfen – doch nicht alle Betroffene profitieren von den Mitteln.
Etwa fünf Prozent der Menschen in Deutschland erkranken mindestens einmal in ihrem Leben an einer generalisierten Angststörung, das sind etwa 16 Millionen Menschen. Die generalisierte Angststörung (GAD) ist eine verbreitete psychische Erkrankung, bei der sich Betroffene nahezu ständig Sorgen machen.
Sie wird als "generalisiert" bezeichnet, weil sich die Angst auf alles Mögliche bezieht oder sich nicht mehr mit konkreten Anlässen in Verbindung bringen lässt. Die Angstzustände halten dabei über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten an, treten an den meisten Tagen auf und werden von den Patienten als unkontrollierbar und beeinträchtigend erlebt.
Angststörung: Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen
Die ständigen Befürchtungen schränken das tägliche Leben und das Wohlbefinden deutlich ein und können zahlreiche psychische und physische Symptome verursachen. Zu den körperlichen Symptomen gehören unter anderem länger andauerndes Herzrasen oder Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Nervosität oder Schwindel. Häufig treten auch Konzentrations- und Schlafstörungen, Zittern, Schwitzen, Muskelverspannungen oder Magenbeschwerden auf. Frauen leiden in etwa doppelt so häufig an GAD wie Männer.
Viele Betroffene wissen nicht, dass ihnen Antidepressiva helfen könnten. Infrage kommen zum Beispiel sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (wie Escitalopram, Paroxetin und Sertralin) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (wie Duloxetin und Venlafaxin).
Medikamente wirksamer als Placebo
Eine aktuelle Veröffentlichung (Review) des Netzwerks Cochrane bestätigt, dass Antidepressiva unter Studienbedingungen wirksam die Symptome einer GAD reduzieren; allerdings gibt es verlässliche Daten nur über vergleichsweise kurze Zeiträume. Insgesamt umfasst das wissenschaftliche Review 37 einzelne Studien mit mehr als 12.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die an einer generalisierten Angststörung litten und keine weiteren psychischen Erkrankungen aufwiesen. In diesen Studien wurden Antidepressiva mit einer Scheinbehandlung (Placebo) verglichen. Die meisten Studien wurden in einkommensstarken Ländern durchgeführt, darunter die Vereinigten Staaten und verschiedene europäische Länder. Etwa 60 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Antidepressiva die Angstsymptome wirksamer lindern als Placebos: Patienten sprachen um 41 Prozent stärker auf ein Antidepressivum an als auf ein Placebo (559 von 1000 Betroffene im Vergleich zu 396 von 1000). Bei den Abbruchraten wurde zwischen den Behandlungsgruppen kein Unterschied festgestellt, was darauf hindeutet, dass diese Medikamente im Allgemeinen gut verträglich sind.
Doch nicht alle Betroffenen reagierten auf Antidepressiva mit einer Verbesserung der Symptome. Etwa die Hälfte von ihnen sprach auf Serotonin-Wiederaufnahmehemmer bzw. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer nicht an.
Die im Review untersuchten Studien dauerten zwischen vier und 28 Wochen. Viele der GAD-Patientinnen und -Patienten nehmen die genannten Antidepressiva jedoch über Jahre ein. Wie sich eine solche Langzeitbehandlung auswirkt, haben die Forscher nicht ermittelt.