Noch rund acht Wochen, bis der US-Präsident wieder Trump heißt. Der Republikaner verweigert bislang die Unterschriften für die übliche Übergabe der Regierungsgeschäfte. Spender bleiben im Verborgenen, Minister ungeprüft - und Trumps Team im Dunkeln.
Wer nichts unterschreibt, verpflichtet sich auch zu nichts. So wie der kommende US-Präsident Donald Trump und sein Team. Die agieren vom Anwesen des Republikaners in Mar-a-Lago aus und verweigern bislang die Unterschriften im standardisierten Prozedere der Regierungsübernahme von Präsident Joe Biden. Damit kann Trump unter anderem die Namen von potenziellen Geldgebern geheim halten, welche die Kosten für die Vorbereitung der Regierungsübernahme und für die Vereidigungsfeier tragen.
Mögliche Interessenkonflikte bleiben somit unerkannt. Erkaufen Reiche, Unternehmen oder jemand anders sich womöglich Einfluss? Fließt Geld von ausländischen Akteuren? Legt Trump gerade seinen eigenen "Sumpf" in Washington an, ein stabiles Geflecht aus Unterstützern und zukünftigen Profiteuren seiner Präsidentschaft? Alles offene Fragen.
Üblicherweise erhält eine neue Regierung 7,2 Millionen US-Dollar für den Übergang, um Angestellte, Reisekosten und Büroräume zu bezahlen, unterwirft sich im gleichen Zug jedoch strikten Regeln für andere finanzielle Zuwendungen. Diese Regeln gelten für Trump aktuell nicht. Er kann, egal von wem, so viel Geld wie er möchte, einsammeln. Der Republikaner sei der erste gewählte US-Präsident, der die Spender geheim halte, schreibt die "New York Times".
Die Übergangsphase von der Wahl bis zur Amtseinführung dauert bis zum 20. Januar. Auch die Vereidigungsfeier in Washington muss der Wahlsieger bezahlen. Übergangsteams unterzeichnen üblicherweise die Dokumente für einen potenziellen Wahlsieg schon Monate vorher. Sie enthalten unter anderem einen bindenden Verhaltenskodex über den Umgang mit Geheiminformationen, zu denen sie so vorab Zugang erhalten können. Damit die neue Regierung ab dem ersten Tag voll einsatzfähig ist und nicht zu Arbeitsbeginn von einer Krisenlage überrascht wird.
Verhandlungen dauern an
Linda McMahon und Howard Lutnick, die Chefs von Trumps Übergangsteam und inzwischen beide als Minister nominiert, hatten angekündigt, zu unterschreiben. Die entsprechenden Fristen haben sie jedoch verstreichen lassen. Üblicherweise verpflichten sich neue Regierungen auch, den Einfluss von Lobbyisten und ausländischen Vertretern zu begrenzen. Mitglieder des Teams dürfen ihr Wissen nach einem Wechsel in den Privatsektor nicht verwenden. Laut Trumps Team tauschen sich seine Anwälte mit Bidens Rechtsvertretern noch immer zum Thema aus. Worüber verhandelt wird, ist unklar.
Etwa 4000 Stellen in der öffentlichen Verwaltung und den Ministerien gelten als politisch, der Wahlsieger ersetzt dieses Personal üblicherweise. Doch Trump sind viele weitere öffentliche Angestellte, darunter auch in den Ministerien, nicht genehm. Schon 2020 wollte er mit Blick auf seine zweite Amtszeit viel mehr Beschäftigte als üblich durch loyaleres Personal austauschen und damit möglichen stillen Widerstand in den Ressorts verringern.
Nun könnte dies mit vier Jahren Verzögerung geschehen. Trump und die Republikaner haben im Wahlkampf dem "Verwaltungsstaat" (administrative state) den Kampf angesagt. Federführend umsetzen sollen dies der Tech-Milliardär Elon Musk und Vivek Ramaswamy; also mit Vorschlägen dabei helfen, den Staatshaushalt zu schrumpfen. Musk sprach im Wahlkampf von 2 Billionen Dollar weniger Ausgaben - rund ein Drittel des 6,2 Billionen Dollar schweren Haushalts 2024. In der vergangenen Woche gaben Musk und Ramaswamy die Zielmarke von 500 Milliarden Dollar an Einsparungen aus.
Beim öffentlichen Personal wird ein solcher Sparkurs nicht einfach. Die meisten der 2,3 Millionen öffentlichen Beschäftigten arbeiten in Bereichen, die Trump nur schwerlich deutlich schrumpfen kann, wenn er seine konservativen Wähler nicht verprellen will: im Verteidigungs-, im Heimatschutz- sowie im Veteranenministerium. Rund 270 Milliarden Dollar gaben die USA im Haushaltsjahr 2022 insgesamt für öffentliche Angestellte aus. Mehr als die Hälfte des Budgets waren zuletzt Sozialversicherungen und andere Unterstützungsleistungen. Haushaltskürzungen würden also aller Voraussicht nach die unteren Einkommensschichten besonders hart treffen.
Kennedy und andere ausgesperrt
Von Trumps nominierten Ministern bringt nur ein kleiner Teil Regierungserfahrung mit. Die potenziellen Ressortchefs und ihre Teams bräuchten umso mehr Zeit, um sich einzuarbeiten. Mitarbeiter vom designierten Gesundheitsminister Robert Kennedy Junior versuchten bereits mehrmals, sich mit Bidens Personal zur Übernahme des Ressorts auszutauschen. Sie wurden wegen der fehlenden Unterschriften abgeblockt.
Sie sind nicht die Einzigen. Üblicherweise beginnt die Abstimmung mit den Behörden etwa Mitte November. Doch bislang habe es keinen offiziellen Austausch zwischen derzeitigem und zukünftigem Personal gegeben, schreibt "Politico". Der Vorteil für Trump: Ohne die Verpflichtungen könnten er und sein Team sich organisieren, wie sie wollen, statt "Ärger" mit öffentlichen Organisationen zu haben.
Eine weitere Folge ist, dass die vom kommenden Präsidenten nominierten Minister nicht vom FBI durchleuchtet werden. Üblicherweise überprüft der Inlandsgeheimdienst potenzielle Kabinettsmitglieder aus Gründen nationaler Sicherheit so bald wie möglich, mit Leitfragen wie: Hat die Person Leichen jeglicher Art im Keller? Ist sie womöglich von anderen Ländern erpressbar? Auch auf Basis solcher zusammengetragenen Informationen sowie Anhörungen entscheidet der Senat, ob er einen Ressortchef bestätigt.
Die Überprüfung übernehmen derzeit Privatunternehmen, schreiben US-Medien. Trumps Team habe vor, das FBI erst nach der Amtseinführung die Sicherheitsfreigaben erteilen zu lassen; wenn das neue Personal bereits bei der Behörde installiert ist, heißt es im "Guardian". Die Kontrollierten würden sich praktisch selbst kontrollieren. Vorher erhält sein Team aber keine wichtigen, nicht öffentlichen Informationen. Die Kriege und Konflikte im Mittleren Osten sowie in der Ukraine, der hochrangige Austausch mit verbündeten Staaten oder aber Bedrohungen auf eigenem Territorium: Die künftige Regierung ist bislang nicht im Bilde. Denn wer nicht unterschreibt, bekommt auch keinen vorzeitigen Zugang.