1 month ago

"Gefälschte Wahl": Tausende Georgier folgen Protestaufruf der Opposition



Die Proteste gegen das offizielle Wahlergebnis in Georgien weiten sich aus. Auch die Präsidentin des Landes schließt sich den Forderungen der Opposition an. Die Regierungspartei warnt hingegen vor einem Putsch. USA und Europa äußern sich besorgt.

Zehntausende Georgier haben vor dem Parlament in Tiflis die Annullierung der in ihren Augen gefälschten Wahl vom Wochenende verlangt. "Ihr habt die Wahl nicht verloren", rief Präsidentin Salome Surabischwili der Menge zu, die georgische und EU-Fahnen schwenkte. "Man hat euch die Stimme gestohlen und versucht, euch die Zukunft zu stehlen, aber niemand hat das Recht dazu, und ihr werdet das nicht zulassen!"

Der Vorsitzende der Koalition der Vereinigten Nationalen Bewegung, Giorgi Waschadse, forderte eine Neuwahl unter internationaler Aufsicht. "Wir werden nicht in dieses Parlament einziehen. Wir lehnen alle Mandate ab", sagte er. Die Opposition werde nicht mit der Regierung verhandeln, sondern bis zum Sieg kämpfen.

Die Regierungspartei Georgischer Traum hat der Wahlkommission zufolge nach Auszählung fast aller Stimmzettel 54,8 Prozent der Stimmen erhalten. Die vom zwielichtigen Milliardär Bidsina Iwanischwili gegründete Partei ist im vergangenen Jahr zunehmend autoritär geworden und hat Gesetze verabschiedet, die die Redefreiheit und die Rechte sexueller Minderheiten beschneiden. Europäische Wahlbeobachter verwiesen auf Einschüchterungen bei der Wahl, die sich auf das Ergebnis ausgewirkt hätten. Die Regierungspartei habe feindliche Rhetorik benutzt und "russische Desinformation gefördert", um die Wahlen "zu untergraben und manipulieren", sagte Antonio Lopez-Istruiz White von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Vorwurf der Schaffung eines Putschszenarios

Der georgische Regierungschef Irakli Kobachidse bezeichnete den Erfolg seiner Partei dagegen als "beeindruckend und offensichtlich" und erklärte, dass "alle Versuche, von Wahlmanipulationen zu sprechen, zum Scheitern verurteilt sind". Parlamentspräsident Schalwa Papuaschwili warf Surabischwili vor, sie wolle ein Putschszenario schaffen, das "gegen die verfassungsmäßige Ordnung und demokratische Wahlen" gerichtet sei.

Surabischwili sagte auf der Kundgebung, sie werde den Weg des Landes nach Europa gegen die Aktionen der Regierungspartei verteidigen. "Wir haben keine Alternative und wir wollen dieses Land den nächsten Generationen hinterlassen", sagte die Präsidentin, deren Amt mit nur wenigen Vollmachten verbunden ist.

Surabischwili sagte der Nachrichtenagentur AP, Georgien sei ein Opfer der Politik Russlands, dass einen Beitritt ihres Landes zu EU verhindern wolle. "Wir haben gesehen, dass russische Propaganda direkt eingesetzt wurde", sagte sie und rief den Westen auf, die Proteste der Opposition zu unterstützen. "Wir brauchen die feste Unterstützung unserer europäischen und amerikanischen Partner", sagte Surabischwili.

EU-Minister verurteilen Verstöße

Angesichts der Lage in Georgien haben die Außen- und Europaminister aus 13 EU-Mitgliedstaaten sich "zutiefst besorgt" geäußert. Internationale Beobachter hätten "Verstöße während des Wahlkampfs und am Wahltag gemeldet", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, in der "alle Verstöße gegen internationale Normen für freie und faire Wahlen" verurteilt wurden.

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Sie teilten die Bedenken der Beobachter und forderten eine unparteiische Untersuchung der Beschwerden und die Behebung der festgestellten Verstöße, hieß es weiter. Zudem müssten die Proteste und insbesondere die Reaktion der Regierung darauf friedlich blieben, hieß es.

US-Außenminister Antony Blinken forderte die politische Führung Georgiens auf, die Rechtsstaatlichkeit zu respektieren, Mängel im Wahlprozess zu beheben und Georgien auf dem Weg in seine euro-atlantische Zukunft zu begleiten.

Die russische Regierung wies die Vorwürfe der Einmischung in die Wahl zurück. Die Protestaufrufe Surabischwilis seien ein Versuch, Georgien zu destabilisieren, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

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