Seit dem Wochenende bezieht OMV in Österreich kein russisches Gas mehr. Doch an der Station in Baumgarten herrscht weiter Betrieb: Das Russen-Gas strömt weiter in unser Nachbarland. Die zuständige Regulierungsbehörde schaut genau hin und sucht nach Gründen für die Lieferung.
Trotz der Einstellung der russischen Erdgaslieferungen an die österreichische OMV fließt weiterhin Gas zum Knotenpunkt Baumgarten in Niederösterreich. "Der Gasfluss ist um etwa 15 bis 20 Prozent reduziert", sagte Alfons Haber von der unabhängigen Strom- und Gas-Regulierungsbehörde E-Control. Wem das Gas gehört, sei unklar. Laut Haber ist anzunehmen, dass Gazprom die Leitungen gebucht hat und die ursprünglich für die OMV vorgesehenen Mengen über die Börse oder anderen Marktteilnehmern zum Verkauf anbietet. Auch die OMV könnte Gas nun über die Börse zukaufen. Der reduzierte Gasfluss nach Österreich sei darauf zurückzuführen, dass ein Teil der Mengen in der Slowakei verbleibe, so Haber.
Die Haupttransportroute für russisches Erdgas verläuft über Pipelines durch die Ukraine und weiter über die Slowakei bis zum Gasknotenpunkt Baumgarten, der nahe der slowakischen Grenze im Osten Österreichs liegt. Baumgarten war lange Zeit ein wichtiger Verteilpunkt für russisches Gas in Europa. Bis vor Ausbruch des Ukraine-Krieges wurde das Gas von dort in verschiedene Pipelines nach Italien, Deutschland und andere Länder weitergeleitet. Deutschland bezieht mittlerweile kein Gas mehr aus Russland und baut auf alternative Quellen, etwa Flüssigerdgas (LNG) über Terminals in Norddeutschland oder Pipeline-Gas aus Norwegen. In Baumgarten wird das Gas weiterhin verteilt, vor allem nach Italien, Ungarn und Südosteuropa.
Der Lieferstopp von Gazprom ist die Folge eines Streits zwischen dem russischen Konzern und der OMV über ausgebliebene Gaslieferungen in Deutschland im September 2022. Die OMV leitete im Januar 2023 ein Schiedsgerichtsverfahren ein, um Schadenersatz für entgangene Lieferungen geltend zu machen. Die Internationale Handelskammer sprach der OMV nun rund 230 Millionen Euro plus Zinsen zu – eine Summe, die in etwa der monatlichen Rechnung entspricht, die die OMV für Gaslieferungen an Gazprom zahlt.
Ab Jahresende wohl kein russisches Gas mehr in Europa
Nachdem die OMV in der Vorwoche ankündigte, die Entschädigung mit ausstehenden Zahlungen zu verrechnen, stellte Gazprom am Freitag die Gaslieferungen an die OMV ein. Das teilstaatliche österreichische Unternehmen bezog eigenen Angaben zufolge rund fünf Terawattstunden (TWh) Gas pro Monat. Mit Jahresende wird allerdings ohnehin eine Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland nach Europa erwartet, weil dann der Transitvertrag mit der Ukraine ausläuft.
Die OMV, die einen Marktanteil von etwa 40 Prozent hat, gab dennoch Entwarnung: Alle Kunden könnten vollständig mit nicht-russischem Gas beliefert werden. Österreichs Kanzler Karl Nehammer betonte, die Gasspeicher seien zu rund 90 Prozent gefüllt. Allein diese Menge reiche dem Land für rund ein Jahr.
Österreich bekommt seit mehr als 50 Jahren Erdgas aus Russland. Das Land war eines der ersten Länder in Europa, das 1968 einen Liefervertrag mit Russland unterzeichnet hatte. Der Vertrag zwischen OMV und Gazprom, der 2028 auslaufen sollte, wurde 2018 frühzeitig bis 2040 verlängert. Er verpflichtet die OMV zur Abnahme der vereinbarten Gasmenge.
Die konservativ-grüne Bundesregierung hatte sich zwar grundsätzlich auf einen Ausstieg aus russischem Erdgas geeinigt, vom Parlament beschlossen ist das Gesetz aber noch nicht. Laut einem Gesetzesentwurf von Umweltministerin Leonore Gewessler von den Grünen soll der Anteil von russischem Erdgas schrittweise sinken und bis 2028 auf null zurückgefahren werden. Zuletzt hat das Land noch den Großteil des Gases aus Russland bezogen. Im August waren es 82 Prozent.