In letzter Zeit kamen nicht unbedingt erbauliche Nachrichten aus dem openSUSE-Lager: Die Entwickler bekamen einen Wink mit dem ganzen Zaun, dass sie sich zu weit von der SUSE-Philosophie entfernt haben und wurden gebeten, ein Re-Branding in Betracht zu ziehen.
Solche Themen gehören aber eher in die Gossip-Schublade und sollten nur bedingt eine Rolle spielen. Natürlich machen sich Nutzer, insofern sie von der Thematik überhaupt etwas mitbekommen haben, Gedanken darüber, wie es nun weitergeht. Als Interessierter kommen da natürlich spaßige Wortkreationen wie "iDEX TumbleweedOS" oder "Geckoleaper Linux" in den Kopf. Was so etwas für die Umbenennung von Repos, Branches und Metadaten im Backend bedeutet, will ich mir gar nicht ausmalen.
Man könnte sich ja um die verwaiste IP des Video-Spiels GEX bemühen und hätte gleich ein passendes Maskottchen. Aber genug der Albernheiten.
https://gex.fandom.com/wiki/Gex_wiki
Fakt ist: openSUSE hat wohl bei vielen im deutschen Sprachraum einen ganz besonderen Platz im Herzen, weil es für sie auch den Einstieg in die Linux-Welt bedeutete. Das ist auch bei mir der Fall, und es vergeht kaum ein Jahr, in dem ich mir nicht einmal Tumbleweed installiere, um zu checken, ob mein Canon PIXMA TS5150 nun doch über das WiFi ansteuerbar ist. Aber lassen wir doch die alte Drucker-Debatte für einen Moment ruhen und betrachten das OS aus einem anderen Blickwinkel.
Warum?
Über die Jahre hat sich in meinem Haus ein Debian-Ökosystem etabliert. Das schließt auch Ubuntu und seine Server-Variante ein. Nun bin ich alles andere als ein Distro-Hopper; APT hat sich in Kombination mit den genannten Distributionen tief in mein Muskelgedächtnis eingebrannt. Dennoch ist der Reiz, Tumbleweed zu nutzen, immer mal wieder da.
Das Problem mit Debian ist nur die Aktualität, welche im Gaming vielleicht doch eine Rolle spielen könnte. Debian 12 beispielsweise ist schon jetzt so abgehangen, dass die glibc zu alt ist, um RBoom nativ zu spielen. Auch andere Titel wollen nicht so recht laufen. Ubuntu wäre hier eine Lösung, aber irgendwie will man es fürs Zocken dann doch sehr, sehr aktuell haben.
./RBDoom3BFG: /lib/x86_64-linux-gnu/libc.so.6: version `GLIBC_2.38' not found (required by ./RBDoom3BFG)
GLIBC, was für GNU C-Bibliothek steht, ist eine der wichtigsten Softwarekomponenten in Linux-Systemen. Es handelt sich um eine C-Bibliothek, die eine Vielzahl von Funktionen bereitstellt, die von C-Programmen genutzt werden können. Dazu gehören grundlegende Operationen wie das Öffnen von Dateien, das Lesen und Schreiben von Daten, die Verwaltung von Speicher und Prozessen, die Netzwerkkommunikation und vieles mehr. |
Arch ist aber nicht mein Ding - Das ist kein Aufruf, nutzerfreundlichere Derivate in die Kommentare zu hauen ;-) -. Es geht aber auch aktuell, mit hoher Software-Auswahl und ganz ohne Kompilieren.
Tumbleweed
Was ihr hier seht, ist wahrscheinlich ein Verbrechen sondergleichen. Es handelt sich um openSUSE Tumbleweed mit einem Gnome-Desktop, der, nun ja, so modifiziert wurde, dass er wie Ubuntu-Gnome funktioniert.
Auf der Hardware-Seite sieht es nicht so spektakulär aus, ist jedoch für meine Zwecke vollkommen ausreichend.
Initial-Setup
Überraschungen gibt es immer wieder. Dass ich teste, ob die Distribution meinen Drucker unterstützt, war nicht einfach nur dahergesagt, um einen Einstieg zu finden. Tatsache ist: Dem ist immer noch nicht so, weshalb meist schon nach 30 Minuten Schluss mit Wild-West-Stimmung war. Wie praktikabel TW für Gaming ist, blieb dabei natürlich auf der Strecke.
Jetzt liegt der Fokus aber anders, denn es geht NUR ums Gaming. Oberstes Gebot ist für mich die physische Trennung der Distributionen. Daher hat jede ihre eigene Festplatte, und Debian kann friedlich mit dem Chamäleon koexistieren. Kurz gesagt: Es soll eine reine Gaming-Distro werden – wer braucht da schon einen Drucker?
YaST for the Win
Viele mögen das Tool nicht, was ich persönlich nicht nachvollziehen kann. Natürlich muss man auch etwas mit den umfangreichen Admin-Funktionen anfangen können. Ich fühle mich hier aber pudelwohl und verschaffe uns einen kleinen, anlassbedingten Überblick.
Um an die Software zu gelangen, die wir benötigen, müssen wir zunächst ein paar Repositories einbinden.
Software > Software-Repositories
Über "Hinzufügen" > Community-Repositorys (Radio-Button) > Weiter lassen sich nun:
- Packman Repository
- Packman Essentials Repository
- nVidia Graphics Drivers
- libdvdcss repository
Hier sind natürlich neben dem NVIDIA-Repo für Gamer auch die Packman-Repos interessant, da sie neben OBS-Studio auch Gamescope und Mangohud zur Verfügung stellen.
Gamescope ist ein Micro-Compositor von Valve, der auf dem Steam Deck verwendet wird. Sein Ziel ist es, einen isolierten Compositor bereitzustellen, der speziell auf Gaming ausgerichtet ist und viele spielezentrierte Funktionen unterstützt, wie zum Beispiel:
Als Micro-Compositor ist er so konzipiert, dass er als verschachtelte Sitzung über Ihrer bestehenden Desktop-Umgebung läuft, es ist jedoch auch möglich, ihn als eingebetteten Compositor zu verwenden. |
MangoHud ist ein Vulkan- und OpenGL-Overlay zur Überwachung der Systemleistung innerhalb von Anwendungen und zur Aufzeichnung von Metriken für Benchmarks. |
Steam und Lutris
Mit leichter Verzögerung kommen wir nun zu dem Teil, der mich wirklich überrascht hat. Tumbleweed bietet den besten und einfachsten Zugang zu Steam und Lutris. Beides ist ab Werk in den Repositorien vorhanden und kann über YaST installiert werden. Wie komfortabel die Installation ist, zeigt sich anhand von Lutris. Während man unter Debian, Ubuntu oder Linux Mint noch selbst dafür sorgen muss, dass Wine korrekt und/oder vollständig installiert ist, wird unter YaST der ganze Abhängigkeitsstapel automatisch mitinstalliert.
Ein kleiner Bonus ist, dass Flathub ebenfalls ab Werk direkt eingebunden ist. Somit kann über Discover oder Gnome-Software direkt ProtonUp-Qt bezogen werden, um die neuesten Proton-GE-Versionen zu laden.
Wer die Steam-Deck-Erfahrung schätzt, kann Steam so konfigurieren, dass es direkt im Big-Picture-Mode startet.
Fazit
openSUSE hat über die Jahrzehnte ein gewisses "Geschmäckle" bekommen. Klar könnte man wahrscheinlich einiges vereinfachen. Wir leben aber in einer digitalen Welt, und jeder kann seine Meinung äußern. Was negativ ist, muss gesagt werden und am besten noch drastischer dargestellt werden als es ist. Wer YaST nicht mag, hat vielleicht übersehen, dass es modularisiert ist und zum Beispiel die Anwendungsverwaltung einzeln aufrufbar ist, was die Navigation wesentlich einfacher machen kann. Wer seinen WiFi-Drucker nicht zum Laufen bekommen hat, könnte ja mal in die Firewall-Regeln schauen.
Aber genug der Ratschläge. Ich hatte hier die einfachste Einrichtung eines Gaming-Setups überhaupt. Vorkenntnisse mögen wohl auch eine Rolle spielen. Das Terminal musste ich übrigens nicht einmal öffnen (wenn man den Neofetch-Screenshot von wieder oben abzieht).
Das System bootet mittlerweile direkt in den Big-Picture-Mode von Steam und die Bedienung mit dem kabellosen XBOX-Series-Controller funktioniert problemlos.
Ach, und ich habe einen neuen Drucker, der ließ sich wunderbar installieren (obwohl das für den Verwendungszweck gar nicht nötig ist) ;-)
Quellen
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