Die Proteste gegen den Umgang Netanjahus mit der Geiselkrise halten in Israel weiter an. Die Angehörigen werfen dem Premier Versagen vor, weil seine Bemühungen um eine Freilassung seit Monaten erfolglos geblieben sind. Jetzt bietet er einen Millionen-Deal an.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat eine Prämie von fünf Millionen US-Dollar (rund 4,7 Millionen Euro) für jede aus dem Gazastreifen freigekommene israelische Geisel versprochen. "Jeder, der uns eine Geisel zurückbringt, wird bei uns einen sicheren Weg aus dem Gazastreifen heraus für ihn und seine Familie finden", erklärte Netanjahu in einem im Gazastreifen gedrehten Video. "Wir werden auch eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für jede Geisel auszahlen", fügte er hinzu.
Das Video wurde im von der israelischen Armee kontrollierten Netzarim-Korridor im Norden des Gazastreifens gedreht. Netanjahu trägt in den Aufnahmen einen Helm und eine kugelsichere Weste und ist in Begleitung von Verteidigungsminister Israel Katz. "Wir bemühen uns auch, die Geiseln zu orten und sie zurückzubringen", erklärte Netanjahu weiter. "Wir werden dies so lange tun, bis wir sie alle gefunden haben: die Lebenden und die Toten."
Gegen Netanjahu gibt es seit Monaten Massenproteste wegen seines Umgangs mit der Geiselkrise, zu der es nach dem Terrorangriff der militant-islamistischen Hamas auf Israel im Oktober 2023 kam. Kritiker machen Netanjahu für ein Versagen bei der Sicherheit und Geheimdiensten verantwortlich, das zum Angriff geführt habe. Zudem wird moniert, dass Netanjahu kein Abkommen mit der Hamas für die Freilassung der noch festgehaltenen Geiseln im Gazastreifen erreicht hat.
Am Samstagabend hatten sich erneut mehrere Hundert Menschen in der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv versammelt, um ein Waffenruheabkommen für die Freilassung der Opfer zu verlangen. Zudem hatten am Montag dutzende Angehörige von Geiseln sowie Sympathisanten vor der Residenz Netanjahus in Jerusalem demonstriert. Sie forderten den Regierungschef auf, ein Abkommen mit der Hamas im Gazastreifen zu schließen, um die Freilassung der Geiseln aus der Gewalt der Islamisten zu bewirken. Der nahende Winter mache dies umso dringlicher erforderlich, hielten die Organisatoren des Protests in einer Stellungnahme fest. "Die Geiseln werden die eisige Kälte in den Tunnels von Gaza nicht überleben", hieß es darin.
Ultra-religiöse lehnen jeden Deal ab
Der Regierung Netanjahu werfen Kritiker vor, den Gaza-Krieg unnötig in die Länge zu ziehen und damit die Freilassung der Geiseln zu verhindern. Der Regierungschef ist in seiner Koalition auf rechtsextreme und ultra-religiöse Partner angewiesen, die jeden Deal mit der Hamas ablehnen. Netanjahu wiederum wolle das Platzen der Koalition und seinen eigenen Sturz von der Regierungsmacht unbedingt vermeiden, weil ihm Strafverfolgung wegen mutmaßlicher Korruption drohe, meinen die Kritiker.
Die Hamas und andere Gruppen hatten bei ihrem Überfall auf den Süden Israels am 7. Oktober des Vorjahres 250 Menschen in den Gazastreifen verschleppt. Das Massaker, bei dem die Islamisten 1.200 Menschen töteten, war der Auslöser des Gaza-Kriegs. Von den 97 Geiseln, die derzeit weiter im Gazastreifen festgehalten werden, sollen nach offiziellen israelischen Angaben 34 tot sein.