Der Widerstand gegen Bundeskanzler Olaf Scholz wächst: Nun spricht sich auch Martin Töns, Sprecher der Ruhr-SPD im Bundestag, für Pistorius als Kanzlerkandidaten aus.
Der Sprecher der Ruhr-SPD im Bundestag, der Gruppe der sozialdemokratischen Abgeordneten aus dem Ruhrgebiet, stellt sich gegen Olaf Scholz und fordert eine Kanzlerkandidatur von Boris Pistorius. "Der Kanzler hat gute Arbeit geleistet in einer sehr schwierigen Situation. Aber wir sind jetzt am Ende einer Koalition angekommen und brauchen einen Neustart", sagte Markus Töns dem stern. "Der wäre mit Boris Pistorius leichter als mit Olaf Scholz."
Pistorius: Warum nicht er? 8:39
Töns fordert zudem eine klare Akzentuierung der Wirtschaftspolitik im Wahlkampf. "Ganz wichtig dabei ist, dass wir die Industrie- und Wirtschaftspolitik sowie die Sicherung der damit verbundenen Arbeitsplätze in den Vordergrund unseres Wahlkampfes sowie in den Fokus unserer politischen Arbeit der nächsten Jahre rücken. Wir haben zwei Jahre Rezession. Die Menschen sind verunsichert. Wir müssen jetzt handeln und können das nicht Friedrich Merz und der CDU überlassen."
SPD-Kanzlerkandidatur "muss jetzt entschieden werden"
Auch der Sprecher des Seeheimer Kreises, Uwe Schmidt, forderte eine rasche Klärung – egal in welche Richtung. "Die Frage der Kanzlerkandidatur muss jetzt von der Parteispitze schnell entschieden werden", sagte Schmidt dem stern. "Ich könnte mit beiden leben. Nach der Klärung gilt: Mund abputzen, weitermachen. Wir haben keine Zeit zu verlieren."
Seit Tagen gibt es in der SPD sowohl Stimmen, die sich für Boris Pistorius aussprechen, weil sie glauben, dass die SPD mit dem Verteidigungsminister laut Umfragen bessere Chancen hätte. Andere SPD-Politiker sprechen sich dagegen für eine schnellere Nominierung von Scholz aus, um die parteiinterne Debatte zu beenden.
Am Montagabend hatten sich erstmals zwei führende SPD-Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen mit Zweifeln zu Wort gemeldet. "Im Zentrum steht die Frage, was die beste politische Aufstellung jetzt für diese Bundeswahl ist. Dabei hören wir viel Zuspruch für Boris Pistorius", teilten die beiden Vorsitzenden der NRW-SPD-Landesgruppe im Bundestag, Dirk Wiese und Wiebke Esdar, mit und berichten von einer kritischen Debatte in den Wahlkreisen.
Mächtige Abgeordnete rücken von Olaf Scholz ab 7:40
Das Statement ist brisant und auch von Gewicht, weil Esdar Co-Vorsitzende der Gruppe der Parlamentarischen Linken und Wiese der Co-Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD-Fraktion sind. Es löste auch innerhalb der Landesgruppe Empörung aus, weil es nicht in der NRW-Landesgruppe beschlossen worden ist. Zudem stehen die Äußerungen von Wiese und Esdar im Widerspruch zu den Äußerungen der SPD-Parteivorsitzenden, des ebenfalls aus NRW stammenden Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich sowie des SPD-Generalsekretärs Matthias Miersch, die sich zuletzt alle klar für Scholz ausgesprochen und die Debatte für beendet erklärt hatten.
Einen Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach sich die engere Parteiführung am Dienstagabend zu einem "Krisengipfel" zusammenschalten wolle, um über die Kanzlerkandidatur zu beraten, wurde vom Willy-Brandt-Haus dementiert. "Die Meldung ist falsch", sagte eine SPD-Sprecherin. "Es gibt keine Sitzung, sondern eine regelmäßige Telefonkonferenz mit den stellvertretenden Parteivorsitzenden zur Organisation des vorgezogenen Wahlkampfs in Bezug auf Daten und Fristen."