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Eskalation in Washington: Trump schließt sofortige Wiederaufnahme von Gesprächen mit Selenskyj aus



Ein Treffen von Trump und Selenskyj eskaliert vor laufenden Kameras. Selenskyj möchte sich nicht entschuldigen. "Ich kann unsere Haltung gegenüber Russland nicht ändern", sagt er.

Ein Gespräch zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus ist am Freitag (Ortszeit) völlig eskaliert. Die Staatsmänner haben das Treffen anschließen abgebrochen. Eine zunächst geplante Pressekonferenz wurde abgesagt, Selenskyj verließ das Weiße Haus.

Trump hatte den ukrainischen Präsidenten vor laufenden Kameras lautstark mit heftigen Vorwürfen überzogen. "Sie setzen das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel. Sie riskieren einen Dritten Weltkrieg", sagte er zu dem Ukrainer. Trump forderte Selenskyj auf, dankbar zu sein und verlangte von ihm, seine Haltung zu ändern. Er unterbrach ihn immer wieder, während der ukrainische Präsident versuchte, etwas zu erwidern. Stellenweise entwickelten sich heftige Wortgefechte.

Der US-Präsident drohte auch damit, die Ukraine im Kampf gegen Russland im Stich zu lassen, sollte es nicht zu einer Einigung mit Kremlchef Wladimir Putin kommen. "Sie werden entweder einen Deal machen oder wir sind raus", so Trump im Weißen Haus. "Und wenn wir raus sind, müssen Sie es ausfechten. Ich glaube nicht, dass das angenehm sein wird."

"Das Problem ist, dass ich Sie dazu befähigt habe, ein harter Kerl zu sein", sagte Trump über Selenskyj. "Ich glaube nicht, dass Sie ohne die Vereinigten Staaten so ein harter Kerl wären."

Trump bekommt Unterstützung von Vance

"Ihr Land steckt in großen Schwierigkeiten. Ich weiß, dass Sie nicht gewinnen werden. Sie werden das hier nicht gewinnen. Sie haben eine verdammt gute Chance, da heil rauszukommen, wegen uns", sagte Trump aufgebracht und warf Selenskyj Undankbarkeit vor. Selenskyj verschränkte die Arme, versuchte sich zu verteidigen und monierte, dass nach der russischen Annexion der Halbinsel Krim im Jahr 2014 niemand wirksam Kremlchef Wladimir Putin aufgehalten habe. Er führte Trump vor Augen, die Ukraine sei nicht in der Position, selbst über die Bedingungen eines Friedens bestimmen zu können.

Flankiert wurde Trump von US-Vizepräsident J.D. Vance. "Herr Präsident, Herr Präsident, bei allem Respekt. Ich finde es respektlos von Ihnen, ins Oval Office zu kommen und zu versuchen, vor den amerikanischen Medien zu verhandeln", sagte Vance. "Gerade jetzt, wo Sie herumlaufen und Wehrpflichtige an die Front zwingen, weil Sie Personalprobleme haben, sollten Sie Präsident (Trump) dafür danken, dass er versucht, die Situation zu verbessern."

"Sie haben dankbar zu sein"

"Wenn Sie unsere Militärausrüstung nicht hätten, wäre der Krieg nach zwei Wochen zu Ende gewesen", sagte Trump unter anderem mit Blick auf den von Russland 2022 begonnen Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Sie haben dankbar zu sein", so der Republikaner.

In einem Post auf seinem Dienst Truth Social schrieb der US-Präsident: "Wir hatten heute ein sehr bedeutsames Treffen im Weißen Haus. Wir haben viel gelernt, was ohne Gespräche unter solchem ​​Druck und Feuer nie verstanden werden könnte. Es ist erstaunlich, was durch Emotionen zum Vorschein kommt, und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Präsident Selenskyj nicht bereit für Frieden ist, wenn Amerika beteiligt ist, weil er glaubt, dass unsere Beteiligung ihm einen großen Vorteil bei den Verhandlungen verschafft. Ich will keinen Vorteil, ich will FRIEDEN. Er hat die Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem geschätzten Oval Office respektlos behandelt. Er kann zurückkommen, wenn er bereit für Frieden ist."

Trump: Selenskyj hat "zu hoch gepokert"

Später erklärte Trump vor Journalisten, Selenskyj habe "zu hoch gepokert". Er selbst wolle eine Waffenruhe, "und zwar sofort", sagte der US-Präsident. Konkret warf Trump Selenskyj vor, dieser wolle "weitermachen und weiterkämpfen, weiterkämpfen, weiterkämpfen".

Der US-Präsident fügte hinzu, dass der russische Staatschef Wladimir Putin den Krieg ebenfalls beenden wolle. Zuvor hatte Trump gesagt, er habe bereits "zahlreiche Male" mit Putin gesprochen.

Trump schloss eine sofortige Wiederaufnahme von Gesprächen mit Selenskyj aus. "Er möchte sofort zurückkommen. Aber das geht für mich nicht", sagte Trump.

Selenskyj: Öffentliche Konfrontation nicht gut für beide Seiten

Nach dem Abbruch des Treffens äußerte sich Selenskyj zunächst dankbar. "Danke Amerika, danke für die Unterstützung, danke für diesen Besuch, danke POTUS, Kongress und dem amerikanischen Volk", teilte der ukrainische Präsident auf der Plattform X mit. POTUS ist die Abkürzung für Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. "Die Ukraine braucht einfach einen dauerhaften Frieden, und genau daran arbeiten wir", so Selenskyj.

Selenskyj X

Später bekräftigte der ukrainische Präsident die Notwendigkeit von Sicherheitsgarantien für sein Land. "Wir wollen keine Überraschungen erleben", sagte Selenskyj in einem Interview des US-Senders Fox News. Er betonte, dass ein Rohstoff-Deal zwischen den USA und der Ukraine nicht ausreiche, um Friedensverhandlungen mit Russland aufzunehmen. Ein solcher Deal sei zwar "der erste Schritt zu Sicherheitsgarantien. Aber das ist nicht genug."

Der einfachste Weg zu verlässlichem Schutz sei ein Nato-Beitritt der Ukraine, erklärte Selenskyj. Doch das sei nicht für alle Partner eine Option. Deshalb habe er gesagt: "Okay, niemand drängt darauf." Dann müssten eben auf anderem Wege Sicherheitsgarantien geschaffen werden – und dafür brauche es die Unterstützung der Europäer durch die USA.

Selenskyj: Aufgeben ist keine Option

Auf die Frage, ob er nach der Eskalation im Oval Office verärgert sei, stellte Selenskyj klar, dass es nicht um ihn persönlich gehe. Doch wenn führende Politiker behaupteten, die Ukraine sei fast besiegt, die Soldaten würden abhauen, sie seien keine Helden und der ukrainische Präsident sei ein Diktator, stelle sich die Frage: "Wo bleibt die Freundschaft zwischen der Ukraine und den USA?"

Selenskyj machte klar, dass er sich nicht bei Trump entschuldigen wolle. Auf eine entsprechende Frage antwortete er: "Nein. Ich respektiere den Präsidenten, und ich respektiere das amerikanische Volk."

Die öffentliche Konfrontation sei für keine der beiden Seiten gut gewesen, erklärte Selenskyj. Dennoch müsse er offen sagen: "Ich kann unsere ukrainische Haltung gegenüber Russland nicht ändern." Die USA und Europa seien "die besten Freunde" der Ukraine. "(Der russische Präsident Wladimir) Putin und Russland - das sind die Feinde." Diese Realität müsse anerkannt werden.

Selenskyj machte deutlich, dass Kapitulation für sein Land keine Option sei. "Ich kann unserem Volk nicht einfach sagen, dass es aufgeben soll. Niemand wird aufgeben, weil jeder Angst hat, dass Putin morgen zurückkommt."

Zu Beginn des Interviews hatte sich Selenskyj direkt an das Fox-News-Publikum gewandt und in die Kamera erklärt: "Ich bin den Amerikanern sehr dankbar für ihre Unterstützung. Sie haben eine Menge getan. Ich bin Präsident Trump und dem Kongress für die parteiübergreifende Unterstützung dankbar – und ich war es immer."

Rohstoffabkommen nicht unterzeichnet

Zu der für Freitag geplanten Unterzeichnung eines Rohstoffabkommens zwischen den USA und der Ukraine kam es nicht. Selenskyj und Trump sollten den Deal zur gemeinsamen Nutzung von Bodenschätzen in der Ukraine eigentlich bei dem Treffen in Washington unterzeichnen.

Nach ukrainischen Angaben war vorgesehen, dass die USA und die Ukraine künftig gemeinsam Rohstoffe auf ukrainischem Gebiet fördern. Trump sieht in dem Abkommen eine Gegenleistung für von Washington geleistete Militärhilfe. Er hatte die Ukraine-Politik seines Vorgängers Joe Biden kurz nach Amtsantritt auf den Kopf gestellt, indem er ohne Rücksprache mit der Ukraine oder den transatlantischen Partnern Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aufnahm.

Auch hatte Trump seinen ukrainischen Kollegen bereits in den vergangenen Wochen mit haarsträubenden Beschimpfungen überzogen – vor dem Besuch Selenskyjs aber seinen Ton gemildert. Der US-Präsident beendete den Austausch am Freitag schließlich mit den Worten "Ich denke, wir haben genug gesehen" und, mit Blick auf die anwesende Presse im Raum: "Das wird großartiges Fernsehen sein, das kann ich Ihnen sagen."

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

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