Offshore-Windparks stören keine Anwohner. Doch die Blätter von Windturbinen verwittern mit der Zeit – und Muscheln speichern Metalle aus den Partikeln der Rotoren.
Windturbinen liefern saubere Energie, das denkt man. Und im Großen und Ganzen stimmt es auch. Aber es gibt auch Probleme. Der Flächenfraß der Anlagen – aktuelles Stichwort Märchenwald – ist allgemein bekannt, weniger geläufig sind die Probleme, die die Rotoren verursachen. Diese haben nur eine begrenzte Lebensdauer, derzeit kann das Kompositmaterial nicht recycelt werden. Sollte das doch gelingen, dann wohl nur als Downgrade. Doch schon im Betrieb verursachen die Rotoren Umweltschäden. Wind und Sonne setzen dem Material zu, es löst sich ein feiner Abrieb, der in der Umwelt verteilt wird. Er landet auf Wäldern und Wiesen oder eben im Meer. Wegen der aggressiven Meeresluft dürfte das Problem bei Offshore-Windparks am größten sein.
Ein Team unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts hat die Auswirkungen dieser Partikel auf Miesmuscheln untersucht. Miesmuscheln sind besonders wichtig, weil daran gedacht ist, Windparks und Aquafarmen zu kombinieren. So könnte man den Flächenverbrauch bei der Nutzung des Meeres reduzieren.Wind Kiste 10.49
Kombination von Windparks und Aquafarmen
Die Ergebnisse wurden "Science of the Total Environment" veröffentlicht. Es handelt sich um eine laborgestützte Pilotstudie und nicht um eine Langzeituntersuchung in freier Natur. Um den Abrieb zu simulieren, wurde das Material der Blätter auf Partikelgröße gemahlen.
"Wir haben die Muscheln unterschiedlichen Partikelkonzentrationen ausgesetzt und nach festgelegten Expositionsdauern Proben genommen", erklärt Dr. Gisela Lannig. Dazu führten die Forscher Messungen durch, um Veränderungen im Stoffwechsel der Tiere festzustellen. Danach wurden Gewebeproben auf anorganische Elemente untersucht. Muscheln fungieren als Filter des Meerwassers, eine Anreicherung war also wahrscheinlich. In Bezug auf den Stoffwechsel der Muscheln ergab sich kein eindeutiges Ergebnis. Es gab Hinweise auf Auswirkungen, die jedoch nur weitere Studien klären können.WISSEN Energie Turm
Hinweise keine Ergebnisse
In dem Versuch wurden die Muscheln bis zu 14 Tage lang mit hohen Partikelkonzentrationen gefüttert. "Dabei zeigten die Muscheln eine mittlere bis starke Aufnahme von Metallen, insbesondere Barium und Chrom", so die Forscher. Wenig überraschend stellt die Studie fest, dass die Kunststoffpartikel aus Rotorblättern nicht zu unterschätzen sind. Es ist wahrscheinlich, dass diese Verunreinigungen letztlich am Ende der Nahrungskette – also beim Menschen – landen und dort gespeichert werden. Endgültige Ergebnisse kann man von dem Laborversuch nicht erwarten. In relativ kurzer Zeit wurden die Muscheln sehr hohen Konzentrationen ausgesetzt. Theoretisch könnten die Muscheln diese Partikel auch wieder ausscheiden. Metalle bleiben allerdings gern zurück. Wenn Offshore-Windparks mit Zucht von Muscheln kombiniert werden sollen, seien umfassende Untersuchungen erforderlich, um mögliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit auszuschließen, so Gisela Lannig.
Die Auswirkungen der Partikelemissionen von Rotoren sind generell umstritten. Windturbinen sind nicht die einzigen Emittenten, die Partikel an die Umwelt abgeben. Das geschieht auch im Straßenverkehr, etwa durch Reifen und Bremsbeläge. Problematisch wird es, wenn diese Partikel in bislang saubere Umgebungen abgegeben werden.
Quelle:Science of The Total Environment.