1 month ago

Ende einer Zweckgemeinschaft: Russland kommentiert Sturz von Assad kurz und knapp



Seit September 2015 unterstützt Russland Baschir al-Assad bei der Machtsicherung. Den Sturz des syrischen Machthabers kommentiert Moskau kurz und knapp. In den Fokus rücken die russischen Militärstützpunkte am Mittelmeer, denn die möchte Moskau auch ohne Assad behalten.

Russland verliert augenscheinlich seinen wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten. Der gestürzte syrische Präsident Baschar al-Assad hat nach Angaben des russischen Außenministeriums seinen Posten und auch das Land verlassen. Zuvor habe Assad mit Rebellengruppen verhandelt und Anweisungen für eine friedliche Machtübergabe gegeben, teilte das Ministerium mit. Moskau sei an diesen Gesprächen nicht direkt beteiligt gewesen.

Das Ministerium gab an, man verfolge die Ereignisse in Syrien mit großer Sorge. "Zugleich appellieren wir nachdrücklich an alle beteiligten Parteien, auf Gewaltanwendung zu verzichten und alle Fragen der Staatsführung mit politischen Mitteln zu lösen", heißt es in der Erklärung weiter. Die in Syrien stationierten russischen Truppen seien in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden, bisher habe keine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit der russischen Militärstützpunkte bestanden.

Weitere Angaben zum Ende von Assad macht Moskau nicht. Wladimir Putin wird sich demnach nicht zum Sturz seines Verbündeten äußern. Der Kreml verwies auf die Stellungnahme des russischen Außenministeriums und teilte mit, es werde keine weiteren Erklärungen geben.

Putin beendet Zweckgemeinschaft

Russland hat die syrische Führung seit September 2015 militärisch unterstützt und Assad dabei geholfen, im syrischen Bürgerkrieg die Kontrolle über den größten Teil des Landes zurückzugewinnen. Im Gegenzug durfte Russland eine Luftwaffenbasis in der Mittelmeerstadt Latakia betreiben und einen Marinestützpunkt mit Kriegsschiffen im Mittelmeerhafen von Tartus. Für Russland hat die Präsenz wegen des Zugangs zum Mittelmeer strategische Bedeutung.

In der syrischen Stadt Tartus betreibt Russland seinen strategisch wichtigen, weil einzigen Marinestützpunkt im Mittelmeer. In der syrischen Stadt Tartus betreibt Russland seinen strategisch wichtigen, weil einzigen Marinestützpunkt im Mittelmeer.

In der syrischen Stadt Tartus betreibt Russland seinen strategisch wichtigen, weil einzigen Marinestützpunkt im Mittelmeer.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Nahostexperte Carsten Wieland sieht daher in der Flucht von Assad einen großen Verlust für Moskau. "Russland hat in Syrien stark investiert, der Iran aber übrigens noch stärker", sagt der ehemalige Berater des UN-Friedensprozesses in Syrien im Gespräch mit ntv.de. Angesichts der schnellen Offensive der Rebellen habe Putin allerdings abwägen müssen und gesehen, dass es sich nicht wie 2015 rechnen würde, Assad voll zu unterstützen. Aber natürlich wolle Russland seine Stützpunkte in Latakia und Tartus behalten.

Ob der Erhalt der Militärstützpunkte gelingt, ist derzeit offen. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im russischen Parlament, Andrej Kartapolow, sagte, dass über das in Syrien stationierte Militär nachgedacht werden müsse - ausgehend von den Erfahrungen etwa des Abzugs der sowjetischen Truppen aus der DDR und anderen Ländern.

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Ungewohnt offen diskutieren Kommentatoren in russischen Medien bereits, ob Russland in Syrien strategische Fehler gemacht habe. Berichten zufolge wäre die russische Armee wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine kaum in der Lage gewesen, Assad zu unterstützen und den syrischen Rebellen etwas entgegenzusetzen. Gleichzeitig wird bemängelt, dass der syrische Machthaber nicht in der Lage gewesen sei, das Land wieder aufzubauen. Moskau habe Assad die Bedingungen geschaffen, das Land aus der Isolation zu bringen, heißt es. Er habe aber nichts daraus gemacht.

Auch Nahostexperte Wieland spricht vor diesem Hintergrund von einer Zweckgemeinschaft: "Assad war nie ein guter Regierer, ich habe ihn immer als 'High-Maintenance-Ally' beschrieben", also "pflegeintensiv", betont er im Gespräch mit ntv.de. Assad habe nichts allein geschafft, sondern musste immer stark von Russland unterstützt werden.

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