6 hours ago

Ein Imperium für neue Deals: Trump macht mit "Riviera" in Gaza seine Prioritäten deutlich



Nun also auch der Gazastreifen. US-Präsident Trump macht auch vor territorialen Ansprüchen nicht Halt, wenn es ums Geld geht. Dafür jongliert er mit Ideen einer Riviera im Nahen Osten und verarbeitet Niederlagen in Panama, während Unterstützer von einem Krypto-Paradies auf Grönland träumen.

Die Webseiten des US-Außenministeriums sind weiterhin online, nicht abgeschaltet worden wie manche andere. Unter der Frage, was die Werkzeuge von Diplomaten sind, steht: "Die wichtigsten Fähigkeiten sind: ein vollständiges Verständnis der US-Perspektive der Angelegenheit und eine Anerkennung der Kultur und Interessen der ausländischen Diplomaten." Sie müssten auch einen Weg für Kompromisse finden. Sieht Donald Trump das auch so?

Der neue US-Präsident hat erklärt, der Gazastreifen solle zukünftig von den USA kontrolliert und entwickelt werden; wenn nötig, von Bodentruppen unterstützt. Es sei ja eh alles nur noch Schutt und Asche dort, so Trump, woanders könnten die bisherigen Bewohner ein "schönes Leben führen und müssen nicht täglich besorgt sein, zu sterben". Er stellt sich demnach die Umsiedlung von etwa 1,8 Millionen Palästinensern in andere Staaten der Region vor.

Sein Vorpreschen ist bereits der vierte öffentlich formulierte Anspruch der Vereinigten Staaten auf ausländisches Territorium, seit er im Januar antrat. Der selbst proklamierte Friedenspräsident, der sich eigener Aussage zufolge aus den "forever wars" heraushalten und auch keine neuen beginnen möchte, erwägt also öffentlich einen weiteren Militäreinsatz - und zwar im Wespennest des gefühlt ewigsten der ewigen Konflikte nach dem Zweiten Weltkrieg: Israel gegen die arabische Welt.

Was bezweckt Trump damit? Wie auch immer die strategischen Überlegungen des Wann, Wo und Wie seiner geäußerten Ansprüche sind, haben sie einen gemeinsamen Nenner: Geld.

Gaza - die Riviera des Nahen Ostens?

Der Republikaner und Immobilienunternehmer sagte nach seinem Treffen mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, er wolle aus dem Gazastreifen die "Riviera des Nahen Ostens" machen. Aber nicht für die Menschen, die dort ihre Heimat haben, die sollen sich demnach woanders niederlassen und Platz für "die Menschen der Welt" machen. Was praktisch klingt, um den Konflikt zu befrieden, ist imperialistische Umsiedlungspolitik des 20. Jahrhunderts und ein eklatanter Bruch des Völkerrechts; eine ethnische Säuberung. Nur nicht aus staatsplanerischen, sondern mutmaßlich Gewinngründen.

Das letzte Mal versuchten die USA im Nahen Osten etwas entfernt Ähnliches vor zwei Jahrzehnten. Unter vorgeschobenen Gründen marschierten sie im Irak ein, stürzten dort Machthaber Saddam Hussein und wollten mithilfe von Privatkonzernen die Wirtschaft in ihrem Sinne neu aufbauen. Sie scheiterten. Dieses Mal ist der Vorschlag aber umso verrückter, weil er eine weltpolitische und historisch deutlich aufgeladenere Dimension hat. Im Weg steht das Völkerrecht. Doch Trump denkt in Geschäften - und er hat ein Faible für Küsten. Immobilien sind dort gewinnträchtiger. Aus dieser Perspektive ist der Gazastreifen selbstredend attraktiv - solange man alle anderen Blickwinkel ignoriert.

Grönland - ein Kryptostaat für die Libertären?

Das Territorium, das zum Königreich Dänemark gehört, ist nach Trumps Ansicht für die nationale Sicherheit der USA von Bedeutung. Die Eisschmelze macht Bodenschätze abbaubar, und schon in seiner ersten Amtszeit hatte Trump sich für die Seltenen Erden der riesigen Insel interessiert. Es gibt aber noch andere, die ein Auge auf Grönland geworfen haben. Mark Zuckerberg von Meta und Jeff Bezos von Amazon haben in ein Startup investiert, das dort Seltene Erden abbauen möchte. "KoBold Metals" sucht die Rohstoffe mithilfe von Software. Es hält die Mehrheit an einem Bergbauprojekt im Südwesten Grönlands.

Verschiedene Libertäre aus dem Silicon Valley, unter anderen der bekannte Investor Peter Thiel, haben Pläne, in Grönland den Krypto-Stadtstaat "Praxis Nation" zu errichten, ein selbstverwaltetes Tech-Utopia. Trump wurde von Thiel mit viel Geld im Wahlkampf unterstützt. Dessen Geschäftspartner Ken Howery hat der Präsident als neuen US-Botschafter in Dänemark nominiert. Die Ankündigung Trumps war eindeutig: "Der Besitz und die Kontrolle Grönlands durch die USA ist eine absolute Notwendigkeit." Grönland und Dänemark haben die Vorstöße zurückgewiesen.

Panama - die offene Wunde?

"Wir werden den Panama-Kanal zurückholen", sagte Trump am Wochenende ein weiteres Mal, während sein Außenminister Marco Rubio auf seiner Antrittstour in das zentralamerikanische Land und mehrere Nachbarstaaten war. Aber weshalb? China kontrolliert den Kanal keineswegs, wie Trump behauptet hatte, sondern es gibt lediglich eine Gesellschaft aus Hong Kong, die seit 1997 an beiden Enden des Kanals einen Hafen betreibt. Nach Ansicht der US-Regierung verletzt dies die Neutralität, die bei der Rückgabe des Kanals an Panama 1977 vertraglich vereinbart wurde. Dem Vorwurf, die Kanalverwaltung stelle US-Unternehmen mehr Geld für die Durchfahrt in Rechnung als anderen, widersprachen die Verantwortlichen. Doch die wirtschaftlichen Interessen für die USA insgesamt sind womöglich nur vorgeschoben.

Trump interessiert sich eigener Aussage zufolge seit 2003 für Panama, als er sich wegen des "Miss Universe"-Wettbewerbs länger dort aufhielt. Schon davor hatte er sich immer wieder darüber zum Kanal geäußert, sagten zwei Personen aus Trumps Umfeld zu CNN: Die USA seien "abgezockt" worden. Trumps Immobilienprojekt "Trump Oceon Club International Hotel & Tower" in Panama-Stadt hat für den Präsidenten noch immer negative Folgen. Das Resort mit 70 Stockwerken ist bis heute das höchste Gebäude in Zentralamerika - gehört dem Staatschef aber nach einer Vielzahl an Gerichtsprozessen nicht mehr.

Trumps Name wurde 2018 öffentlichkeitswirksam vom Wolkenkratzer entfernt. Doch damit nicht genug: Ihm wird vorgeworfen, Millionen Dollar an Steuern hinterzogen und die Steuerschuld auf den neuen Besitzer abgeschoben zu haben. Es ist eine Niederlage - und die kann Trump schlecht vertragen.

Kanada - der Bully-Move?

Ein 51. Bundesstaat der USA statt Tausende Meilen Grenze im Norden? Mit dieser Idee hantierte Trump immer wieder öffentlich und sagte, dies hätte wirtschaftliche Vorteile für beide Seiten. Kanada könne zudem die angedrohten Zölle damit umgehen - Trump drohte, einen Anschluss des Landes mit "Wirtschaftsmacht" durchsetzen zu wollen. Die Bestrebungen, Kanada zu annektieren, gab es immer wieder in der US-Geschichte, insbesondere im 19. Jahrhundert. Doch das ist Vergangenheit. Premierminister Justin Trudeau erwiderte, die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Kanada ein Teil der USA werde, sei "nicht einmal die eines Schneeballs in der Hölle".

Trumps wirtschaftliche Druckmittel haben Grenzen. Er behauptet zwar, die USA seien nicht abhängig von Kanada, dies stimmt aber nur teilweise. Die Vereinigten Staaten importieren vornehmlich billiges Rohöl vom Nachbarn, mit dem sie mehr als 20 Prozent ihrer Raffineriekapazität versorgen. Es ist kurzfristig nicht zu ersetzen. Fiele es weg, würde dies die Ölpreise in den USA treiben. Kanada hat auch mit Vergeltungszöllen gedroht. Es ist möglich, dass Trump bereits jetzt den Ton für kommendes Jahr setzt. Im Juli 2026 treffen sich die Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko, um das nordamerikanische Freihandelsabkommen USMCA zu verlängern - oder neu auszuhandeln.

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