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Ehemaliger Bundespräsident: "Seine Stimme wird mir fehlen": Merkel und weitere Politiker würdigen Horst Köhler



Nach seiner Wahl 2004 wurde Horst Köhler schnell zu einem beliebten Bundespräsidenten – und zu einem unbequemen. Nun trauert die Politik um einen "aufrichtigen Demokraten".

Der Tod des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler hat in der Politik Bestürzung ausgelöst. Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte ihn als "einen engagierten Politiker, der sich Zeit seines Lebens für eine gerechtere Welt eingesetzt hat", wie der SPD-Politiker auf der Plattform X mitteilte. 

Köhler starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte. Er war am 23. Mai 2004 zum Staatsoberhaupt gewählt und fünf Jahre später im Amt bestätigt worden. Am 31. Mai 2010 trat er überraschend zurück.

In einem Beitrag auf Instagram führt Scholz weiter aus: "Sein Engagement für den Dialog zwischen den Nationen prägte seine Amtszeit. Auch danach blieb er eine geachtete Stimme in der Politik. Sein Vermächtnis als engagierter Verfechter für eine gerechtere Welt wird bleiben."

Köhler Nachruf 12.00

"Ich trauere um Horst Köhler", heißt es in einer Erklärung von Ex-Bundeskanzlerin Merkel. "Seit Anfang der 1990er Jahre hat er mich mit seinem Elan, seiner Zuversicht und seinen Ideen immer wieder beeindruckt." Köhler habe sie und andere ermutigt, "bei unserem politischen Handeln immer auch über den eigenen Tellerrand zu schauen. Seine fröhliche, optimistische und unerschrockene Herangehensweise half mir häufig dabei, Lösungen auch für schwierige Probleme zu finden." Der verstorbene Köhler sei "im besten Sinne des Wortes ein eigensinniger Mensch" gewesen, er habe "sich um Deutschland verdient gemacht. Seine Stimme wird mir fehlen."

Horst Köhler war "ein sehr gewissenhafter Mensch"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte unterdessen in einem Kondolenzschreiben an Köhlers Ehefrau Eva Luise, 78, unter anderem: "Viele Menschen in unserem Land werden mit Ihnen trauern. Denn mit Horst Köhler verlieren wir einen sehr geschätzten und überaus beliebten Menschen, der Großes geleistet hat – für unser Land und in der Welt. [...] So sehr er viele Menschen mit seiner manchmal unkonventionellen und lockeren, ansprechenden Art begeistern konnte, so wenig machte er es sich selber leicht. Er war ein sehr gewissenhafter Mensch, und dem, was er sagte und tat, waren meist lange und tiefe Reflexionen und Gespräche vorausgegangen. So war es ihm auch ganz ernst, wenn er immer wieder mahnte, nicht die zu vergessen, die Hilfe und Solidarität, ja echte Zuwendung am meisten nötig haben, ob in der Welt oder in unserem eigenen Land."

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt schreibt auf X, dass sich Köhler "in den Dienst unseres Landes gestellt" habe. "Immer empathisch, stets scharfsinnig, manchmal streitbar. Nicht nur in seiner Zeit als Bundespräsident. Dafür danke ich ihm von Herzen. Mein aufrichtiges Beileid seiner Frau und seiner Familie. Möge er in Frieden ruhen."

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Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, äußert ebenso auf X, dass Köhler "diesem Land mit Anstand, Klarheit und großer Leidenschaft" gedient habe. "Er hat zeit seines Lebens wichtige Impulse gesetzt – in der Finanzpolitik, in der internationalen Zusammenarbeit, in der Verantwortung Deutschlands in der Welt. Mit ihm verlieren wir einen klugen Kopf, einen aufrichtigen Demokraten und einen Staatsmann, der unser Land geprägt hat. Sein Weitblick und sein Engagement werden uns fehlen."

"Wer mit ihm sprach, spürte, dass er es ernst damit meinte." 

Nahbarkeit und Dialog seien Köhler zentrale Anliege gewesen, teilte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas in einem Kondolenzschreiben mit. "Wer mit ihm sprach, spürte, dass er es ernst damit meinte." Zugleich würdigte sie sein Engagement gegen den Klimawandel und in Afrika.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hob die Bürgernähe Köhlers und sein feines Gespür für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger und Sorgen hervor. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) nannte Köhlers "Einsatz für soziale Gerechtigkeit und internationale Verantwortung auch über sein Amt hinaus – insbesondere für Afrika und eine gerechte Weltwirtschaft" sein Vermächtnis.

Lindner lobt Köhlers Wirtschaftspolitik

FDP-Chef Christian Lindner lobte Köhlers Blick auf die Wirtschaftspolitik. Er sei für freien Welthandel und sichere Handelswege eingetreten. "Damals wurde er dafür diffamiert. Heute erkennen wir seine Weitsicht", sagte Lindner. 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erklärt auf der Plattform, dass die Nachricht vom Tode Köhlers sehr betroffen mache: "Horst Köhler zeichnete sich durch Seriösität, hohe Empathie und Klarheit aus. Er war stets ehrlich und ehrenwert und dabei nicht immer bequem. Aber er hatte stets das Beste für Land und Menschen im Blick. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden der Trauer bei seiner Familie und allen Angehörigen."

Auf internationaler Ebene befasste sich Köhler vor allem mit Afrika, schon als IWF-Chef und noch mehr anschließend als Bundespräsident. Beharrlich warb er für eine gleichberechtigte Partnerschaft mit dem Nachbarkontinent. Diesem blieb er auch nach seinem Ausscheiden aus dem höchsten Staatsamt treu – unter anderem als UN-Sonderbeauftragter für den Westsahara-Konflikt von 2017 bis 2019. 

Zu aktuellen innenpolitischen Fragen äußerte sich Köhler nach seinem Rücktritt so gut wie nicht mehr. Dass ihm der Klimaschutz ein wichtiges Anliegen war, zeigte er 2021, als er die Schirmherrschaft für den ersten bundesweiten Bürgerrat für Klimapolitik übernahm. 

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