Die Ukraine feiert inzwischen nach westlichem Vorbild Weihnachten. Auch an Heiligabend gibt es einen folgenreichen russischen Raketenschlag in der Heimatstadt von Präsident Selenskyj.
Bei einem neuen russischen Raketenangriff auf die südostukrainische Stadt Krywyj Rih sind mindestens ein Mensch getötet und gut ein Dutzend weitere verletzt worden. Eine Frau sei am Heiligabend lebend aus den Trümmern eines von russischen Raketen getroffenen Hauses gerettet worden, teilte die Militärverwaltung der Stadt mit. Die Zahl der Verletzten lag am Abend bei mindestens 15, davon waren 14 im Krankenhaus.
"Russen sind Mörder", schrieb der Chef der Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, auf der Plattform Telegram zu einem Foto eines zerstörten Hauses. Nichts sei den Russen heilig, sie zeigten keine Menschlichkeit. Die Heimatstadt von Präsident Wolodymyr Selenskyj war in der Vergangenheit immer wieder Ziel von zerstörerischen Raketen- und Drohnenangriffen.
Selenskyj: "Weihnachten vereint alle Ukrainer"
Der neue russische Angriff erschütterte das Weihnachtfest in dem Land. In der Ukraine feierten viele Menschen nach dem Vorbild der in die EU und in die Nato strebenden Führung Weihnachten nach westlichem Muster. Der Brauch wurde im Zuge des Abwehrkampfes gegen den russischen Angriffskrieg eingeführt. Dennoch beschenken sich viele Menschen in der Ukraine weiter nach langer Tradition am Silvesterabend unter dem Weihnachtsbaum und feiern das orthodoxe Weihnachtsfest in der Nacht zum 7. Januar wie in Russland.
Präsident Selenskyj lobte in seiner Weihnachtsansprache, dass die Ukrainer nun wie die Menschen im Westen feierten. "Weihnachten vereint alle Ukrainer", sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. "Heute stehen wir Seite an Seite", sagte er. "Und so lange wir das tun, hat das Böse keine Chance", sagte Selenskyj weiter. "Wir wollen Frieden", betonte er. Über dem Land solle der Weihnachtsstern leuchten - und es sollten nicht Drohnen iranischer Bauart und Raketen einschlagen.
Der ukrainische Präsident erwähnte in seiner Ansprache auch die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk im Gebiet Donezk, die russische Truppen in Kürze einnehmen könnten. Selenskyj hofft laut seiner Ansprache, dass es dazu nicht komme. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass die für die Ukraine kämpfenden Soldaten lebend nach Hause zurückkehrten.
Die Ukraine erlebt ihren dritten Kriegswinter. Das Land verteidigt sich seit Februar 2022 mit westlicher Hilfe gegen den russischen Angriffskrieg.
Kreml sieht in Kiew kein Interesse an Verhandlungen
Die russischen Truppen sehen sich indes weiter auf dem Vormarsch und wollen vor möglichen Verhandlungen so viele Ortschaften einnehmen wie möglich. Wie die Agentur Ukrinform berichtet, ist insbesondere die Lage in der Gegend des Dauer-Brennpunkts Torezk schwierig. Russland würde dort nun technische Ausrüstung wie gepanzerte Fahrzeuge einsetzen.
In der Nacht zum Mittwoch meldete die ukrainische Luftwaffe den Start von Kampfflugzeugen des Typs "Tu-95 MS" aus der Region Murmansk im Nordwesten Russlands in Richtung Süden. Die ukrainische Bevölkerung wurde angehalten, umgehend auf Luftalarmsignale zu reagieren.
Der Kreml in Moskau warf derweil Kiew erneut vor, Verhandlungen über eine Lösung des Konflikts abzulehnen. Da die Ukraine keine Bereitschaft zeige zu Gesprächen, verfolge Russland seine Kriegsziele weiter, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Wir sehen die Dynamik, sie spricht für sich selbst. Also bewegen wir uns weiter vorwärts", sagte er. Das von Russland überfallene Land verlor in diesem Jahr die Kontrolle über zahlreiche Ortschaften.
Kremlchef Wladimir Putin hatte zwar zuletzt auch erklärt, zu Kompromissen bereit zu sein in dem Konflikt. Er ließ aber offen, was er damit meint. Putin hatte die Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk annektiert, obwohl er sie nicht komplett kontrolliert. Er fordert unter anderem einen Verzicht der Ukraine auf ihre Gebiete. Zudem soll das Land blockfrei bleiben und auf einen Nato-Beitritt verzichten.
All diese russischen Forderungen lehnt Selenskyj kategorisch ab. Die beiden Konfliktparteien werfen sich immer wieder gegenseitig vor, kein echtes Interesse an Verhandlungen für eine Lösung des Konflikts zu haben.