3 months ago

Die 25.000-Euro-Frage: US-Wahl 2024: Wer profitiert, wer verliert?



Bei der US-Präsidentschaftswahl herrscht wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach der Nominierung von Kamala Harris als Kandidatin der Demokraten hat Ex-Präsident Trump seine Favoritenrolle erst einmal verloren. Die Anleger müssen sich nun intensiv mit den Programmen von Harris und Trump auseinandersetzen.

Trumps Wirtschaftsagenda konzentriert sich auf die Steuer- und Zollpolitik. Er plant, die temporären Steuersenkungen, die Ende 2025 auslaufen, dauerhaft umzusetzen. Zudem soll die Unternehmenssteuer von 21 auf 15 Prozent gesenkt werden, um Unternehmen zu entlasten und Investitionen zu fördern. Gegenfinanzieren will das Trump mit Anhebungen von Zöllen auf Importgüter. Dabei sollen für chinesische Güter bis zu 60 Prozent gelten und für Waren aus allen anderen Ländern von mindestens zehn Prozent.

Miraji Othman ist seit mehr als 15 Jahren als Analyst und Portfoliomanager an den Finanzmärkten tätig. Seit 2023 arbeitet er als Senior Analyst der FIDUKA. Miraji Othman ist seit mehr als 15 Jahren als Analyst und Portfoliomanager an den Finanzmärkten tätig. Seit 2023 arbeitet er als Senior Analyst der FIDUKA.

Miraji Othman ist seit mehr als 15 Jahren als Analyst und Portfoliomanager an den Finanzmärkten tätig. Seit 2023 arbeitet er als Senior Analyst der FIDUKA.

Während Trump auf verstärkten Protektionismus setzt, um die US-Wirtschaft zu stärken, ist Harris' Programm vielfältiger. Neben dem Klimainvestitionspaket (Inflation Reduction Act, IRA) wird die Umsetzung des bereits verabschiedeten Infrastrukturprogramms, das Investitionen von 1200 Milliarden US-Dollar in Straßen, Brücken, Tunnel, Wasserleitungen und Breitbandinternet vorsieht, im Fokus stehen.

Eine erneute Auflage eines vergleichbaren Ausgabenprogramms in ähnlicher Größenordnung ist in einer Harris-Amtszeit jedoch nicht zu erwarten, da eine von Demokraten geführte Regierung traditionell stärker auf fiskalische Grenzen achtet.

Um diese Maßnahmen sowie weitere Sozialprogramme wie finanzielle Erleichterungen für Familien und Anreize beim Eigenheimbau langfristig halbwegs budgetneutral zu finanzieren, strebt Harris Steuererhöhungen an, die allerdings nur für Einkommen oberhalb von 400.000 US-Dollar pro Jahr gelten sollen.

Erleichterungen für die Öl- und Gasindustrie

Von Bedeutung sind außerdem Regulierungsthemen. Trump will vor allem die Auflagen für Öl- und Gasunternehmen weitgehend lockern. Mit seiner fast schon legendären Phrase "Drill Baby Drill" unterstreicht er sein Vorhaben, die ohnehin schon auf Rekordniveau befindlichen Fördermengen, weiter kostengünstig ausweiten zu wollen.

Vor diesem Hintergrund sollten die Öl- und Gaskonzerne von einem Wahlsieg Trumps profitieren, während die Aktien von Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien (Elektro-Mobilität eingeschlossen) tendenziell die Leidtragenden wären.

Bei der Regulierung im Finanzsektor will Trump Lockerungen bei Liquiditäts- und Kapitalquoten-Vorgaben durchsetzen, die primär den kleinen bis mittelgroßen Regionalbanken zugutekommen würden. Jedoch haben genau solche Maßnahmen laut US-Notenbank zum Kollaps der Silicon Valley Bank im vergangenen Frühjahr geführt.

Harris stimmte 2018 gegen die Aufweichung der Bankenvorschriften und sie fuhr auch als Generalstaatsanwältin von Kalifornien einen scharfen Kurs gegen Geldhäuser. Sie unterstützte zum Beispiel Kreditnehmer, die durch laxe Kreditvergabe-Praktiken der Banken vor der Finanzkrise geschädigt wurden. Ähnlich wie der Energiebereich sollten Bank-Aktien eher von einem Wahlsieg Trumps profitieren.

Im Pharmasektor steht die staatliche Krankenversicherung Medicare im Fokus. Während Harris in der Vergangenheit ein "Medicare for All"-Programm propagierte, dürfte Trump in einer möglichen zweiten Amtszeit damit beschäftigt sein, die im Zuge des IRA eingeführten Preisverhandlungsspielräume für Medicare wieder abzuschaffen.

Folgen für das Silicon Valley bislang unklar

Im Technologie-Sektor sind die Positionen der Kontrahenten nicht eindeutig verteilt. Auch wenn Elon Musk jüngst mit seinen Stellungnahmen auf seiner Plattform X suggerierte, dass das Silicon Valley sich jetzt auf die Seite Trumps geschlagen hätte, haben die Demokraten traditionell einen besseren Stand bei den Tech-Unternehmen.

Insbesondere drakonische Handelsbeschränkungen in Richtung China wie Trump sie vorschlägt, dürften den Tech-Sektor verschrecken. Harris kommt selbst aus dem Silicon Valley und besitzt ein durchaus gutes Netzwerk bei diversen Unternehmen. Zudem könnte sie sich hier auch kompromissbereiter als Joe Biden zeigen, wenn es um wettbewerbsrechtliche Themen gehen würde. Eine Wahl Harris dürfte zwar kein Impulsgeber für Tech-Aktien sein, dürfte aber die Befürchtung um weitere Handelsbarrieren erst einmal beiseiteschieben.

Während auf Branchenebene eine kurzfristig bessere Aktienkursentwicklung bei einem Trump-Sieg erwartet wird, sind die möglichen negativen Zweitrundeneffekte für den Finanzmarkt schwer abschätzbar. Eine Umsetzung von Trumps Wahlprogramm könnte preistreibende Effekte auslösen und den Kampf der US-Notenbank gegen die Inflation erschweren. Eine mögliche Aufwertung des US-Dollars sowie ein erhöhtes Zinsniveau könnten sich mittelfristig belastend auf die Gewinne der S&P 500-Unternehmen auswirken, die circa ein Drittel ihrer Umsätze außerhalb der USA erzielen, im Tech-Sektor sogar teilweise mehr als 50 Prozent. Eine harsche Konfrontation mit China könnte zudem nachteilige Auswirkungen auf US-Unternehmen, insbesondere im Technologie-Sektor, haben.

Die tatsächliche Umsetzung der jeweiligen Agenda hängt jedoch auch von den Mehrheiten in beiden US-Kammern ab. Aktuell ist noch kein eindeutiges Bild aus den Umfragen erkennbar, doch stehen die Chancen für die Republikaner im US-Senat besser, da die Demokraten mehr Sitze verteidigen müssen.

Die 25.000 Euro-Frage

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Da der Urnengang im November einige Überraschungen vor und nach der Wahl bringen kann, besitzt das zweite Halbjahr durchaus das Potenzial für weitere Kursschwankungen. Etwaige stärkere Kursrücksetzer an den Aktienmärkten bleiben Kaufgelegenheiten. Ein zu sehr auf vermeintliche Sicherheit ausgerichtetes Depot mit hohem Anleihenanteil, riskiert auf lange Sicht durch Inflation an realer Kaufkraft zu verlieren. Anleger sollten lieber auf solide Aktien mit guten Wachstumsaussichten und gesunden Bilanzen setzen. Gold und kurz laufende Anleihen runden das Portfolio ab.

Miraji Othman ist seit mehr als 15 Jahren als Analyst und Portfoliomanager an den Finanzmärkten tätig. Seit 2023 arbeitet er als Senior Analyst der FIDUKA.

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