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Der harte Kampf der regionalen Biobauern



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Stand: 21.03.2025 10:29 Uhr

Der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln ist in den vergangenen fünf Jahren stark gestiegen. Doch während Supermärkte und Discounter profitieren, stehen viele kleine Biohöfe vor dem Aus.

Von Lars Ohlinger, SR

Der Biohof am Weiher liegt idyllisch in der hügeligen Landschaft des Pfälzer Berglands. Mutterkühe stehen auf der Weide, die Gemüsefelder sind bestellt, und das frische Brot duftet aus der Hofbäckerei. Doch für Lukas Bensel ist die Idylle trügerisch.

Der Hof, den er mit seiner Schwester Eva von den Eltern übernommen hat, rentiert sich nicht: "Wir sind ein kleiner Mutterkuhhalter, ein kleiner Gemüsebauer, ein kleiner Getreidebauer. Wir sind nirgends effizient", sagt Bensel im Gespräch mit Plusminus.

Bio-Landwirtschaft unter Druck

Die Bensels setzen auf regionale Kreislaufwirtschaft - ein Konzept, das Umwelt und Natur zugutekommt. Doch der Markt hat sich verändert: Große Handelsketten dominieren das Bio-Segment, kleinere Höfe kämpfen mit niedrigen Margen, steigender Bürokratie und unsicheren Absatzmärkten.

Dieses Dilemma spüren auch die Geschwister. Eva Weirich Bensel erzählt: "Je größere Strukturen man beliefert, desto günstiger muss es sein. Dabei gehen die ursprünglichen Bio-Werte verloren."

Fehlender Nachwuchs unter Bio-Landwirten

Nicht weit entfernt, in Saarlouis, gibt nach 345 Jahren ein anderer Bio-Betrieb auf. Roman Denis, Bio-Gemüsebauer, findet keinen Nachfolger - obwohl die Nachfrage nach Bio-Produkten hoch ist. Vor drei Jahrzehnten stellte er seinen Hof auf Bio um und war damit einer der Pioniere in der Region. Doch nun geht er in den Ruhestand, ohne einen Nachfolger gefunden zu haben.

Für Roman Denis ein herber Schlag: "Arbeitnehmer hätten wir - aber niemand will heute noch Chef sein." Seine 20 Mitarbeiter haben bereits neue Jobs gefunden. Der Betrieb selbst schließt im April. Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt: Sein Neffe will die Vermarktung weiterführen, und ein Gärtner aus Luxemburg könnte einen Teil der Gewächshäuser übernehmen.

Supermärkte profitieren, kleine Betriebe verlieren

Dabei floriert die Bio-Branche. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland auf 17 Milliarden Euro. Doch davon profitieren nur Supermärkte, Discounter und Drogeriemärkte. Ihr Anteil macht inzwischen fast 12 Milliarden Euro aus, Tendenz weiter steigend. Bei den Wochenmärkten, Hofläden und Naturkostgeschäften hingegen hat sich wenig getan, sie stagnieren seit Jahren.

"Alle Strukturen, Auflagen und Verordnungen sind für Konzerne gestrickt - kleine Unternehmen können da nicht mithalten", sagt Tina Andres, die Vorsitzende des Bundes Ökologische Landwirtschaft. Große Ketten setzen auf Bio-Eigenmarken und kaufen weltweit ein - oft zu günstigeren Preisen, als sie deutsche Landwirte anbieten können. Die Folge: Während Bio-Labels auf den Verpackungen prangen, haben die meisten Produkte mit regionaler Landwirtschaft wenig zu tun.

Bio wächst - aber nicht für alle

In Albessen kämpft auch Vater Kornelius Burgdörfer-Bensel für die Zukunft des Hofs und unterstützt seine Kinder im Betrieb. "Wir fühlen uns dem Fachhandel verbunden und kämpfen für regionale Vielfalt. Aber die Entwicklung der Bio-Branche macht uns traurig."

Kornelius Burgdörfer-Bensel setzt dennoch auf den direkten Vertrieb über Bioläden in der Region. Ein Kunde ist der nur einige Kilometer entfernte Naturkostladen "Ursprung" in Kusel. "Wir haben eine andere Qualität. Vor allem bei Frischware wie Salaten oder Gemüse sind wir den Supermärkten überlegen", so Stephan Just vom Bioladen "Ursprung".

Der Kunde entscheidet die Zukunft mit

Ob sich das durchsetzt? Just glaubt daran. Er verweist auf eine stabile Kundschaft und das steigende Bewusstsein für Nachhaltigkeit. "Die meisten Haushalte kaufen heute zumindest gelegentlich Bio. Wer einmal hier ist, kommt regelmäßig wieder." Letztlich wird sich die Zukunft der Bio-Branche nicht in Supermarktregalen, sondern in den Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher entscheiden.

Ein Kunde im Bioladen beschreibt das Dilemma vieler Konsumenten: "Es ist teurer als im Supermarkt. Aber für frische Produkte komme ich trotzdem hierher. Wegen der Qualität, der Nachhaltigkeit - und weil ich es mir leisten kann." Ob sich die regionale Bio-Landwirtschaft langfristig halten kann, hängt davon ab, ob Verbraucher bereit sind, kleine Betriebe gezielt zu unterstützen. Für viele Höfe wird es sonst bald heißen: Aus für Bio - zumindest aus der Region.

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