Die Bundesregierung will der Ukraine den Geldhahn langsam zudrehen und Militärhilfen künftig aus anderen Quellen finanzieren. Doch ob die ausreichend sprudeln werden, ist ungewiss. Aus der CDU kommt massive Kritik, die Ukraine werde de facto "im Stich gelassen". Sogar innerhalb der SPD gibt es Unmut.
Das Vorgehen der Koalition bei der weiteren Finanzierung der Ukraine-Hilfen stößt auch intern auf Kritik. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der Sozialdemokrat Michael Roth, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Es ist ein fatales Signal der Bundesregierung in Richtung Ukraine, wenn in den künftigen Haushalten des Bundes keine weiteren Mittel für neue Militärhilfen eingeplant werden."
Im laufenden Jahr stehen für die militärische Unterstützung der Ukraine knapp 7,5 Milliarden Euro bereit, für 2025 sind 4 Milliarden Euro vorgesehen. Die Planung der Bundesregierung sieht vor, dass die Unterstützung für die Ukraine darüber hinaus nicht mehr aus dem Bundeshaushalt finanziert werden soll, sondern aus einem neuen internationalen Topf mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro finanziert wird, der sich auch aus Zinsen eingefrorener Vermögen füllen soll.
Manches deutet darauf hin - ob es wirklich so kommt, ist bislang nicht bekannt. Finanzminister Christian Lindner von der FDP hatte in einem Brief an den sozialdemokratischen Verteidigungsminister Boris Pistorius und Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen geschrieben, "neue Maßnahmen" dürften nur eingegangen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre "eine Finanzierung gesichert ist". Zudem: "Bitte stellen Sie sicher, dass die Obergrenzen eingehalten werden."
Der Brief lag zunächst der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vor. Nachdem die Zeitung darüber berichtet hatte, erklärte das Finanzministerium am Wochenende, dass es weiter gesprächsbereit sei. Bedarfe müssten aber konkret gemeldet und nachvollziehbar sein - bislang liege keine Meldung vor.
Roth spricht von "verkapptem Rückzug"
Die Pläne, die Ukraine künftig stärker mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischem Staatsvermögen zu unterstützen, bezeichnete der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei zwar als richtig, schränkte aber ein: "Kein Mensch weiß, ob, wann und wie viel Geld hier tatsächlich zur Verfügung stehen könnte". Auch in der Bundesregierung wisse niemand, wann die internationalen Verhandlungen dazu abgeschlossen werden könnten, sagte der CDU-Politiker den Funke-Zeitungen.
Sein Parteifreund Roderich Kiesewetter kritisierte im "Tagesspiegel", dass bei den Haushaltsverhandlungen der Wille fehle, die Unterstützung der Ukraine zu priorisieren. Die militärische Unterstützung der Ukraine nicht mehr aus dem Haushalt zu finanzieren, "bedeutet de facto, dass die Ukraine im Stich gelassen wird".
"Wir können unsere Sicherheit nicht von Haushaltszwängen abhängig machen", betonte auch Außenausschuss-Chef Roth. Erstmals seit Monaten sei die ukrainische Armee wieder in der Offensive, das Land brauche nun den vollen Rückhalt Deutschlands, seines wichtigsten militärischen Verbündeten in Europa. "Stattdessen wirkt die Debatte über die künftige Finanzierung der Militärhilfen wie ein verkappter Rückzug Deutschlands aus der Verantwortung", so Roth.
Es reiche nicht aus, "die Ukraine aus der Westentasche zu finanzieren und wenn es unbequem wird, auf EU oder eingefrorene russische Vermögen zu verweisen, von denen nur die Zinsen, wenn überhaupt, genommen werden und die ohnehin der Ukraine zustehen", mahnte auch Kiesewetter. Er warf Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD vor, auf die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zu schielen.
Wagenknecht will Unterstützung komplett einstellen
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht versucht dort unterdessen mit der Forderung nach einer vollständigen Kappung von Geldern für Rüstungsgüter an die Ukraine aus dem Bundeshaushalt 2025 zu punkten. Spätestens angesichts der neuen Enthüllungen zu den Anschlägen auf Nord Stream müssten diese Mittel komplett gestrichen werden, sagte sie der "Rheinischen Post". "Statt weiter den deutschen Steuerzahler - auch über die EU - zur Finanzierung des ukrainischen Staatshaushalts und der Waffenlieferungen zur Kasse zu bitten, wäre es an der Zeit, über Schadensersatz zu reden", sagte Wagenknecht.