Decathlon setzt auf niedrige Preise - und macht damit Sporthändlern wie Intersport und Sport 2000 mächtig Konkurrenz. Die französische Kette will in Deutschland expandieren.
Der Sporthandel in Deutschland blüht wieder auf. Vor allem Teamsportarten haben seit dem Ende der Coronapandemie massiven Zulauf, die Sportvereine verzeichnen rasant wachsende Mitgliederzahlen. Zum Stichtag 1. Januar 2024 verzeichneten Deutschlands Sportvereine erstmals über 28 Millionen Mitglieder. Davon profitiert auch Decathlon: Die französische Kette ist der Discounter unter den Sporthändlern - und hat auf dem deutschen Markt noch viel vor.
Aktuell hat Decathlon in Deutschland 86 Filialen. Mehr als 60 neue Filialen will das französische Unternehmen bis Ende 2027 hierzulande eröffnen. Geplant sei, bis zu 100 Millionen Euro in Neueröffnungen und Modernisierung bestehender Geschäfte zu investieren, erklärte Decathlon-Deutschland-Chef Arnaud Sauret. Mehrere Tausend neue Arbeitsplätze sollen entstehen.
Filialen in Innenstädten geplant
Bei den Standorten seiner Filialen folgt Decathlon bislang einem klaren Konzept: bloß keine teuren Innenstadtlagen und Fußgängerzonen. Stattdessen finden Kunden die Decathlon-Geschäfte meist in Gewerbegebieten, die zwar wenig Charme versprühen, dafür aber mit Parkplätzen nicht geizen und gut mit dem Auto zu erreichen sind.
Nun aber will Decathlon mit dieser "Tradition" brechen und künftig auch einige Filialen in zentralen Fußgängerzonen eröffnen; so soll noch in diesem Jahr eine große im Hamburger Zentrum hinzukommen.
Das Decathlon-Konzept
1976 eröffnete der 35-jährige Michel Leclercq in Englos in der Nähe von Lille den ersten Decathlon-Store. Das Geschäftskonzept war damals revolutionär: günstige Sportartikel und -equipment auf einer einzigen großen Verkaufsfläche. Anfangs fokussierte man sich auf zehn Hauptsportarten, daher auch der Name "Decathlon" - französisch für Zehnkampf. Der Konzern verdient vor allem mit seinen Eigenmarken. Auf Decathlon gehen aber auch einige Erfindungen zurück, wie etwa das Wurfzelt.
Intersport dominiert deutschen Sportfachhandel
Doch ob es Decathlon gelingen wird, dem Platzhirsch auf dem deutschen Sportfachmarkt ernsthaft Konkurrenz zu machen? Intersport ist der bislang unangefochtene Marktführer im deutschen Sportfachhandel. Im Jahr 2023 betrieb das Unternehmen in Deutschland rund 1.500 Filialen.
Schaut man auf die Erlöse, so liegt Intersport auch hier vorn: Das genossenschaftlich organisierte Unternehmen fuhr im Geschäftsjahr 2022/2023 einen Rekordumsatz von 3,5 Milliarden Euro ein.
Decathlon schafft Sprung raus aus der Nische
Auf Platz zwei folgt der Einkaufsverbund Sport 2000 mit einem Umsatz von 2,95 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2023. Bei den Filialen kam Sport 2000 Ende vergangenen Jahres auf 784 und belegte damit auch in dieser Rangfolge Platz zwei. Decathlon erwirtschaftete dagegen zuletzt Erlöse von gut 1,1 Milliarden Euro. Bei den Filialen lagen die Franzosen 2023 auf Platz 4 hinter Foot Locker.
Den Sprung raus aus der Nische haben sie in Deutschland damit längst geschafft - und das sieht man auch: Auf großen wie kleinen Sportveranstaltungen, von Städte-Marathons bis hin zu Volksläufen, und auch im Vereins- und Schulsport oder im Schwimmbad sind Sportler aller Altersklassen mit Sport-Bekleidung und Equipment von Decathlon unterwegs.
Der "ALDI des Sportfachhandels"
Das spezielle Decathlon-Geschäftskonzept - es scheint auch in Deutschland aufzugehen: eine Verkaufsfläche nur für Sportartikel und das zu erschwinglichen Preisen. Dabei dürfte vor allem die Preisgestaltung maßgeblich zum Erfolg von Decathlon und seinen Eigenmarken beigetragen haben. Nicht umsonst haftet der Handelskette der Ruf des "ALDI des Sportfachhandels" an.
Doch wie schaffen es die Franzosen überhaupt, so billig zu produzieren? Nach eigenen Angaben werden die Decathlon-Produkte zu zwei Dritteln in Asien produziert. Insbesondere Textilien kommen zum großen Teil aus sogenannten Niedriglohnländern wie Bangladesch, Sri Lanka, China oder auch Marokko.
Andererseits: Sogar große und deutlich teurere Marken wie etwa Adidas lassen ebenfalls überwiegend in Asien fertigen. So waren dem Adidas-Geschäftsbericht 2023 zufolge zuletzt Kambodscha, Vietnam und China die wichtigsten Zulieferländer.
Mehr als nur Gemischtwarenläden
Bei der Gestaltung ihrer Läden gingen die Franzosen bislang einen eigenen Weg. Während die Konkurrenten Intersport und Sport 2000 bei ihren einzelnen Geschäften auf Spezialisierung setzen, etwa auf Outdoor, Running oder Teamsport, gleichen Decathlon-Filialen eher einem Gemischtwarenladen: Vom Fußballtrikot bis hin zu Fahrrädern und Wanderschuhen - hier ist alles im Angebot.
Doch nun denkt Decathlon auch da um, will künftig auch kleinere Geschäfte eröffnen, die sich auf eine Sportart spezialisieren und an die Bedürfnisse vor Ort anpassen. So soll es etwa in München eine Filiale für Bergsport geben.
Cisalfa als Gewinner der SportScheck-Pleite
Den milliardenschweren deutschen Markt für Sportfachartikel erobern, das wollen aber nicht nur die Franzosen. Auch die Italiener, allen voran Cisalfa Sport, zieht es in die Bundesrepublik. Erst im März hatte Italiens größter Sportfachhändler das insolvente Münchner Unternehmen SportScheck übernommen. SportScheck war eines der Opfer der Signa-Pleite, René Benko hatte den Sportausstatter mit seiner Holding 2020 vom Otto-Konzern übernommen.
Die SportScheck-Übernahme war allerdings nicht der erste Coup der Italiener auf dem deutschen Markt: Im Herbst vergangenen Jahres hatte Cisalfa bereits den deutschen Sportartikelhändler Voswinkel mit 50 Filialen geschluckt, der bis dahin dem Einkaufsverbund Intersport gehörte. Cisalfa setzt nun auf Synergien zwischen den beiden Marken und mit der Muttergesellschaft.
Doch Decathlon gibt sich nur mit Blick auf die Italiener, sondern auch hinsichtlich der deutschen Konkurrenz betont angriffslustig. Deutschland-Chef Sauret erklärt: "Als Sportler lieben wir die Challenge."