Eine Frau steht in Dänemark vor Gericht, weil sie einen Abgeordneten mit intimen Fotos genötigt haben soll. Doch während des Prozesses gerät der Politiker ins Zwielicht.
Seit Wochen dominiert ein Prozess die dänische Boulevardpresse, verstört die Leser der entsprechenden Nachrichtenportale mit saftigen Schlagzeilen von Machtmissbrauch, Intim-Fotos, Erpressung und gewalttätigem Sex.
Im Fokus steht ein Abgeordneter des dänischen Parlaments. Sein mutmaßliches Opfer: eine 30-jährige Krankenschwester. Doch sie ist es, die auf der Anklagebank sitzt.
Und ganz Dänemark fragt sich in dieser verrückten Affäre: Wer ist Opfer, wer ist Täter?
Aber der Reihe nach.
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Angeklagte lernt Politiker auf Tinder kennen
Ins Rollen kam der Skandal vor wenigen Woche mit der Anklage gegen eine 30-jährige Frau aus Kopenhagen. Sie soll einen Folketing-Abgeordneten genötigt und intime Fotos von ihm verbreitet haben. Von Erpressung ist die Rede, die Frau soll gedroht haben, pikante Informationen über das Privatleben des Abgeordneten zu veröffentlichen, wenn er einem Treffen nicht zustimmt, berichtete der Sender TV2. Ihr Ziel laut Anklage: Der Abgeordnete sollte seinen Einfluss zugunsten einer von ihr geleiteten Organisation nutzen, wegen der sie ebenfalls in rechtlichen Schwierigkeiten steckt.
Doch vor Gericht geht die Angeklagte in die Offensive und behauptet, sie selbst sei das Opfer der Sexgier des Abgeordneten geworden. Gestützt wird die Version der Angeklagten von einer umfangreichen Korrespondenz zwischen ihr und dem Politiker, die die Staatsanwaltschaft im Prozess vorlegt. Laut "B.T." umfasst sie mehr als 100 Seiten mit Textnachrichten und Fotos.
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Schnell geht es um Sex
Das mutmaßliche Erpressungsopfer aus dem Folketing wirkt darin deutlich weniger unschuldig. Laut der Angeklagten begann die Affäre mit einem Match auf Tinder. Schnell drehen sich die Gespräche um sexuelle Vorlieben, wobei der Politiker ungefragt Bilder mit sexuellem Inhalt an die Angeklagte geschickt haben soll. Zudem soll er ihr geschrieben haben, er stehe auf Manipulation, Ausbeutung und groben Sex, auch in der Öffentlichkeit, mit Zuschauern oder mehreren Partnern. "Alles, was falsch ist, ist ein bisschen spannend", soll er getextet haben.
Politiker soll Kondom entfernt haben – ohne Zustimmung
Einige Tage nach dem ersten Kontakt trafen sie sich laut der Angeklagten in seiner Wohnung, wo sie auch Sex hatten. Vor Gericht beschrieb die Krankenschwester den Intimkontakt als übermäßig gewalttätig. Sie berichtete, der Abgeordnete habe während des Geschlechtsverkehrs das Kondom entfernt und sie am nächsten Morgen im Schlaf penetriert sowie ein Kissen auf ihr Gesicht gedrückt.
"Ich wollte nur ein Bad nehmen, um die Schande abzuwaschen und aus der Tür zu gehen", sagte sie vor Gericht. "Ich habe Schmerzen, ich blute und fühle mich wirklich schlecht." PAID IV Christopher Steele Trump 18.00
Abgeordneter soll seine Machtposition ausgenutzt haben
Womöglich noch gefährlicher für den Folketing-Mann ist allerdings eine weitere Facette des Prozesses. Denn die Tinder-Nachrichten deuten darauf hin, dass der Mann sein Amt und seine Macht ins Spiel gebracht haben könnte, um der Frau in einem anderen Verfahren zu helfen. Die Angeklagte setzt sich politisch für Krankenschwesterschülerinnen ein, in diesem Zusammenhang soll sie einen Arzt belästigt und genötigt und gegen eine einstweilige Verfügung verstoßen haben.
Der Politiker soll ihr versprochen haben, die Situation zu "regeln", da er über relevante Beziehungen verfüge. Verwerflich – aber nach Ansicht Experten nicht unbedingt strafbar. Doch seine Glaubwürdigkeit als Politiker ist dadurch selbstverständlich erschüttert.
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Kritik an Boulevardmedien in Dänemark
Für die Boulevardpresse ist die Angelegenheit ein gefundenes Fressen. Zwar ist die Identität des angeklagten Politikers ist nicht bekannt. Er hat bisher nicht vor Gericht ausgesagt und ein Namensverbot erwirkt. Sein Name darf somit in den Medien nicht genannt werden. Dennoch wissen in der Politik offenbar viele, um wen es sich handelt. Wer einmal die TV-Serie "Borgen" gesehen hat, der weiß: Geheimnisse bleiben in Christiansborg nur selten verborgen.
Die nächste Anhörung findet am 21. November statt. Es wird erwartet, dass dann die Tonaufnahme des Treffens zwischen der Angeklagten und dem Abgeordneten vor Gericht abgespielt wird. Ein Urteil wird jedoch nicht vor Anfang nächsten Jahres erwartet.
Quellen: TV2, "B.T.", TV2 Kosmopol, "Se og Hør", "Ekstra Bladet", Rasmus Jarlov auf X