Grünen-Politikerin Jette Nietzard ist für ihre direkte Art bekannt. Nun sorgt ein feministischer Wutbeitrag von ihr für gemischte Reaktionen.
Jette Nietzard ist eine Freundin klarer Worte und hat keine Angst, mit ihrer direkten Art anzuecken. Das hat die Bundessprecherin der Grünen Jugend mit einem Gastbeitrag beim Portal "Watson" einmal mehr unter Beweis gestellt. Der Text ist ein feministischer Rundumschlag, in dem Nietzard ausführlich die Missstände darlegt, die sie mit Blick auf Frauenrechte und Gleichberechtigung weltweit sieht.
Die Abschaffung von Frauenrechten durch nationalistische Männer, die Frauen als Untergebene betrachten, sei derzeit ein bitterer Trend, schreibt Nietzard mit Blick auf Afghanistan, Argentinien und die USA. Auch in Deutschland sei die Lage "politisch nicht glorreich". Geflüchtete Frauen seien häuslicher Gewalt im Prinzip schutzlos ausgeliefert, SPD und CDU falle zu Verbesserung der Lebenssituation von Frauen nicht mehr ein als eine Mütterrente. "Wert sind wir nur etwas, wenn wir zur Reproduktion gedient haben", heißt es. Echte Gleichberechtigung sei noch 134 Jahre entfernt, zitiert sie aus dem "Global Gender Gap Report" der Vereinten Nationen.
Jette Nietzard fordert Beginn einer neuen "Era"
Das bittere Zwischenfazit: Während in der Popkultur (insbesondere im Deutsch-Rap) und auf Social Media schon lange ein neues Frauenbild angekommen sei, hinke die Politik dem weit hinterher.
Während Frauen sich die letzten 100 Jahre emanzipiert hätten, sei der Durchschnittsmann mehr oder weniger gleichgeblieben oder sogar konservativer geworden, heißt es weiter. Und auch im Bett gebe es keine Gleichberechtigung: "Warum sollten Frauen bei Männern in Heterobeziehungen bleiben, wenn sie 30 Prozent weniger zum Orgasmus kommen?", fragt sich Nietzard. Und weiter: "Und warum sollte man eigentlich Kinder mit Männern bekommen, wenn drei von vier nach einer Trennung nicht mal den Mindestunterhalt zahlen?"
Es sei vielleicht die Zeit für eine neue "Era", schreibt die Politikerin. Und fordert: "Männern müssen Privilegien genommen werden". Eine neue Generation Feministinnen müsse zudem auch dafür kämpfen, "dass nicht nur hübsche weiße Frauen so leben können, wie sie wollen", sondern die Rechte unterdrückter Minderheiten gestärkt werden. Um das zu erreichen, reiche es, wenn nur ein paar Prozent der Bevölkerung auf die Straße gehen, schreibt Nietzard mit Bezug auf einen stern-Artikel. Der Beitrag schließt mit den Worten, mit denen er auch überschrieben ist: "Bitches brauchen Gerechtigkeit", ein Wortspiel in Anlehnung an den Titel eines Albums von Musikerin Shirin David, "Bitches brauchen Rap".
Im Netz sorgt der Beitrag für gemischte Reaktionen und wird etwa auf Nietzards Instagram-Seite kontrovers diskutiert. Etliche (vor allem männliche) Kritiker stören sich vor allem an der Aussage "Eine neue Generation von Feminist:innen hat keinen Respekt vor Männern, nur weil sie Männer sind, sondern wenn sie beweisen, dass sie einen Mehrwert für Gesellschaft und Beziehungen beitragen." Respekt solle jedem Menschen entgegengebracht werden, so der Tenor, nicht nur jenen, die einen Mehrwert beitragen. Es gibt aber auch Zuspruch: Ein User schreibt: "Sie haben einen Nerv getroffen", andere finden es vor allem traurig, dass das Thema 2025 noch immer so akut sei.
Jette Nietzard eckte schon zuvor an
Kinderrechtsaktivistin Jette Nietzard sitzt seit Oktober 2024 gemeinsam mit dem Fridays-for-Future-Mitbegründer Jakob Blasel der Grünen Jugend vor. Sie polarisierte bereits zuvor. Zu Jahresbeginn postete sie bei X: "Männer die ihre Hand beim Böllern verlieren können zumindest keine Frauen mehr schlagen." Der Beitrag sollte auf häusliche Gewalt aufmerksam machen. Nietzard erntete viel Kritik, löschte den Post und entschuldigte sich. Nach der Bundestagswahl schrieb sie wiederum zum Rückzug von FDP-Chef Christian Lindner aus der Politik bei X: "Ich freue mich, dass der Mann von Franca Lehfeldt jetzt kürzertritt, um ihr Karriere und Kind zu ermöglichen." Auch dieser Post sorgte für einige Kritik, auch in der eigenen Partei.