Die Regierungsbildung in Thüringen kommt auf die Zielgerade: In zweitägiger Klausur einigen sich die Verhandler von CDU, BSW und SPD auf einen Entwurf für den Koalitionsvertrag. Letztlich müssen aber noch die Parteigremien ihre Zustimmung geben, was insbesondere beim BSW noch nicht ausgemacht ist.
Rund zweieinhalb Monate nach der Landtagswahl in Thüringen haben die Parteispitzen von CDU, BSW und SPD einen Entwurf zum Koalitionsvertrag erarbeitet. Das Papier, das im Rahmen einer zweitägigen Klausur entstand, soll in den nächsten beiden Tagen finalisiert werden. Es sei ein "zukunftsweisender Konsens" erreicht worden, wie ntv aus Verhandlungskreisen erfuhr.
Der Vertrag sieht nach Angaben der Beteiligten konkrete Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Migration, Staatsmodernisierung, Soziales und kommunale Entwicklung vor. Details sollen am Freitag der Öffentlichkeit präsentiert werden, einen Tag später als ursprünglich geplant. Nach Informationen der "Thüringer Allgemeinen" wollen CDU-Chef Mario Voigt, der SPD-Vorsitzende Georg Maier sowie die BSW-Vorsitzenden Katja Wolf und Steffen Schütz das Papier noch abschließend in einer "Vierer-Runde" prüfen.
"Uns ist ein guter Aufbruch gelungen, der das Leben der Thüringer spürbar verbessern wird", verlautete aus dem Umfeld der Verhandlungsführer. Die Gespräche seien von "großer Zielstrebigkeit und Pragmatismus" geprägt gewesen. Alle Beteiligten haben demnach gezeigt, dass sie über parteipolitische Grenzen hinweg im Interesse des Landes handeln. Ein Teilnehmer sprach von "konstruktiven Diskussionen in allen Sachfragen". Man habe sich auf wegweisende Maßnahmen verständigt, die Thüringen "deutlich nach vorne bringen werden". Konkrete Details wurden jedoch nicht genannt.
BSW entscheidet auf Parteitag
Im Anschluss an die Präsentation müssen die jeweiligen Parteigremien dem Vertragswerk noch zustimmen. "Wir sind zuversichtlich, dass der ausgehandelte Kompromiss eine breite Mehrheit finden wird", hieß es aus Parteikreisen. Die CDU will den Koalitionsvertrag durch einen Landesausschuss bestätigen lassen, die SPD plant eine Mitgliederbefragung, für die 14 Tage Zeit ist. Das BSW hat für den 7. Dezember einen Parteitag angesetzt, bei dem über den Vertrag abgestimmt werden soll.
Im Vorfeld hatte es Irritationen gegeben, weil die Bundesspitze um Sahra Wagenknecht am Thüringer Landesverband vorbei 20 neue Mitglieder aufgenommen hatte. Nach Informationen des MDR hat man sich inzwischen dahingehend geeinigt, dass auch die Regionalbereiche Neumitglieder vorschlagen können, die der Bundesvorstand dann akzeptiert. Wagenknecht hatte im Vorfeld der Koalitionsgespräche interveniert, weil sie mit dem geplanten Präambel-Text des Koalitionsvertrags nicht einverstanden war. Die friedenspolitischen Positionen ihrer Partei seien darin nicht ausreichend repräsentiert. Am Abend sagte Wagenknecht in der ARD-Sendung "Maischberger", ihres Wissens sehe der geplante Koalitionsvertrag "deutlich anders aus als das Sondierungspapier".
Aus der Thüringer Landtagswahl Anfang September war die AfD mit 32,8 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft hervorgegangen. Koalitionen mit den Rechtsextremisten hatten aber alle Parteien im Vorfeld ausgeschlossen. Die CDU kam auf 23,6 Prozent, das BSW auf 15,8 Prozent, die SPD auf 6,8 Prozent und die Linkspartei um Ministerpräsident Bodo Ramelow auf 13,1 Prozent. Grüne und FDP haben den Wiedereinzug in den Landtag verpasst. Eine Regierung von CDU, BSW und SPD käme auf 44 von 88 Sitzen im Landtag. Um Gesetze zu verabschieden, ist also jeweils mindestens eine Stimme aus der Opposition nötig.