Kontogebühren erhöhen ohne aktive Zustimmung der Kunden? Das hat der Bundesgerichtshof Banken und Sparkassen schon 2021 untersagt. Nun geht es darum, wie weit die Erstattungsansprüche zurückgehen.
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen für ihr Girokonto monatlich Kontoführungsgebühren. Wenn ihre Bank oder Sparkasse die Gebühren erhöhen will, muss sie dafür zunächst die aktive Zustimmung der Kundinnen und Kunden einholen. In der Vergangenheit war das nicht immer der Fall. Nicht zum ersten Mal landet deshalb ein Streit um Kontogebühren am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Worum es diesmal geht:
Was sind Kontoführungsgebühren?
"Die Verwaltung und der Betrieb eines Girokontos verursachen naturgemäß Kosten", sagt Christian Urban, Leiter der Gruppe Finanzen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Grundsätzlich ist es daher nicht verwerflich, wenn Banken und Sparkassen dafür ein Entgelt verlangen." Ob und in welcher Form Gebühren erhoben werden, kann demnach variieren: Von kostenlosen Girokonten über solche mit Kontoführungsgebühren bis hin zu Modellen, bei denen jede einzelne Buchung bezahlt werden muss.
Was können Verbraucher tun, wenn die Bank die Gebühren erhöht?
Wenn das Konto teurer wird, können Verbraucherinnen und Verbraucher dem entweder aktiv zustimmen, kündigen oder ihre Zustimmung verweigern, erklärt Urban. In letzterem Fall drohe allerdings eine bankseitige Kündigung. Selbst dann bleibe für die Suche nach einer neuen Bank aber genug Zeit, da das Institut eine mindestens zweimonatige Kündigungsfrist beachten muss. Wer dagegen den Gebühren zustimmen wolle, sollte dies grundsätzlich aktiv tun, so der Finanzexperte. "Anders als in der Vergangenheit dürfen die Banken nicht mehr unterstellen, dass Kundinnen und Kunden der Preiserhöhung zustimmen, wenn diese auf die Mitteilung über die Preiserhöhung schlicht nicht reagieren."
Was ist eine Zustimmungsfiktionsklausel?
Die sogenannte Zustimmungsfiktionsklausel ist eine Vertragsklausel, die besagt, dass Änderungen in den Vertragsbedingungen als akzeptiert gelten, wenn Kunden nicht innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen. Das wird auch stillschweigende Zustimmung genannt. Entsprechende Klauseln habe es in der Vergangenheit auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Banken und Sparkassen gegeben, sagt Urban. Der BGH erklärte sie 2021 aber für unwirksam, da die Klauseln zu weitreichend seien und die Kunden unangemessen benachteiligt würden (Az. XI ZR 26/20).
Worum geht es diesmal in Karlsruhe?
"Infolge der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2021 konnten viele Verbraucherinnen und Verbraucher gezahlte Bankentgelte zurückverlangen, wenn diese auf einer unwirksamen Zustimmungsfiktionsklausel beruhten", sagt Urban. Am höchsten deutschen Zivilgericht soll nun die bisher offene Frage geklärt werden, wie weit diese Erstattungsansprüche zurückreichen und wie hoch sie ausfallen. "Dabei wird vor allem die Frage eine Rolle spielen, ob die sogenannte Dreijahreslösung, die der BGH zu Energielieferungsverträgen entwickelt hat, auf Girokontoverträge übertragbar ist." Nach dieser Lösung würden nur die Preiserhöhungen der letzten drei Jahre erstattet.
Wie landete das Thema beim BGH?
Am Dienstag verhandelt der für Bankenrecht zuständige Elfte Zivilsenat in Karlsruhe zu der Klage eines Mannes gegen seine Sparkasse. Die hatte Anfang 2018 ohne seine aktive Zustimmung begonnen, Gebühren für sein Girokonto zu erheben und stützte sich dabei auf eine Zustimmungsfiktionsklausel. Der Kontoinhaber legte im Juli 2021 Widerspruch ein - und forderte schließlich vor Gericht eine Rückzahlung der von 2018 bis 2021 erhobenen Entgelte. Das Landgericht Ingolstadt urteilte in der Vorinstanz, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der Gebühren, weil er deren Erhebung erst nach drei Jahren beanstandet habe. Der Mann legte Revision ein. Ob am Dienstag ein Urteil fällt, ist unklar. (Az. XI ZR 139/23)
Welche Auswirkungen könnte das Urteil haben?
Trotz des verbraucherfreundlichen BGH-Urteils 2021 haben nur wenige Verbraucherinnen und Verbraucher Erstattungsansprüche gegen die eigene Bank geltend gemacht. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Vergleichsportals Verivox aus dem Frühjahr. Demnach forderten nur 11 Prozent aller Kunden von ihrer Bank Geld zurück - obwohl das Konto bei mindestens 40 Prozent in den drei Jahren vor dem Urteil teurer geworden war. "Unabhängig vom Ausgang des aktuellen Verfahrens werden die deutschen Banken und Sparkassen den Löwenanteil ihrer widerrechtlich kassierten Kontogebühren behalten können", sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. "Die Kreditinstitute sind sehr glimpflich davongekommen."