Vergangenes Jahr hat das polizeiliche Gesichtserkennungssystem eine Rekordzahl von Arbeitsaufträgen erhalten. Fast 5,4 Millionen Menschen hat das BKA in seiner Gesichterdatenbank, Tendenz steigend.

140.943 Recherchen wurden 2024 im Gesichtserkennungssystem (GES) des BKA durchgeführt. Das sind 23.043 mehr als im Vorjahr, ein Zuschlag von fast 20 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2022 ist das Wachstum noch deutlicher. Damals wurden 91.767 Suchläufe mit dem GES absolviert, die Zahl der Nutzungen wuchs also innerhalb von zwei Jahren um über 50 Prozent.
Doch obwohl das System so viel öfter genutzt wird, bleibt die Zahl der damit identifizierten Personen seit Jahren auf ähnlichem Niveau. 2022 wurden 3.599 Menschen identifiziert, 2023 waren es 3.796 und 2024 3.827.
Das GES vergleicht die Bilder, auf denen es Menschen erkennen soll, mit einer Bilddatenbank, die aus dem Informationssystem der Polizei (INPOL) stammt. Erkennt das GES eine hinreichende Ähnlichkeit, werden die Ergebnisse von Menschen verifiziert. Die Software verwendet Methoden des maschinellen Lernens, ist jedoch nicht selbstständig anpassungsfähig.
Diese Bilder nutzt das System zur Identifizierung
Die Fotos, die damit abgeglichen werden, hat die Polizei bei „erkennungsdienstlichen Maßnahmen oder aus Aufnahmen für den Zweck der Identitätsfeststellung“ gewonnen, oder sie wurden zur Fahndung oder zum Haftnachweis genutzt, so das Bundeskriminalamt auf eine Anfrage von netzpolitik.org.
INPOL enthält, Stand 4.4.2025, 28.284.462 Bilder von 5.388.868 Personen. Für das GES werden nur die 7.637.165 Porträtfotos genutzt. Von rund 38.000 Menschen, die mit einem Bild in INPOL vertreten sind, liegt kein Porträtfoto vor, sie können also nicht über das GES identifiziert werden.
Neben den INPOL-Bildern nutzt das BKA eine „amtsinterne Datei“ mit deliktspezifischen Bilddaten, in der ebenfalls mit dem GES recherchiert werden kann. Personalausweis- oder Passfotos dürfen nicht zur automatisierten Identifizierung verwendet werden. Die wohl künftige schwarz-rote Koalition möchte offenbar eine umfassende Datenbank mit Fotos aus dem Internet aufbauen, die dann ebenfalls zur automatisierten Gesichtserkennung genutzt werden soll.
Gesichtserkennung nicht nur zur Strafverfolgung
Die Zahl der Menschen, deren Gesicht mittels GES recherchierbar ist, ist von 2023 auf 2024 um rund 320.000 Personen gestiegen. Zugriff auf das System haben das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und die Landeskriminalämter. Im Rahmen der Amtshilfe wird das GES auch für asyl- oder aufenthaltsrechtliche Aufgaben genutzt.
Neben der genannten Amtshilfe wird das GES im Rahmen von strafprozessualen Maßnahmen verwendet, aber auch zur Gefahrenabwehr. „Darüber hinaus kann das Gesichtserkennungssystem zu qualitätssichernden Maßnahmen im INPOL-Bestand genutzt werden“, schreibt das BKA.
Das GES wird auch zur Identifizierung von Demonstrierenden eingesetzt. „Wenn Einzelbilder von Personen im Rahmen gefahrenabwehrrechtlicher oder strafprozessualer Maßnahmen angefertigt wurden, können diese über das GES mit den oben genannten Datenbeständen abgeglichen werden“, so das BKA.
Eine Maskierung hilft übrigens vermutlich nicht gegen die Identifizierung mit dem GES. Es weist, „wie andere aktuelle Systeme, eine gewisse Invarianz gegen Teilverdeckungen auf“, so das BKA.
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