Nach dem Messerangriff mit drei Toten in Solingen sind hitzige Debatten über Asylbewerber und ein mögliches Versagen deutscher Behörden entbrannt. Kanzler Scholz spricht bei einem Besuch in der Stadt von "Terrorismus gegen uns alle" und kündigt Konsequenzen an.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich bei einem Besuch in der von einem mutmaßlichen IS-Anschlag betroffenen Stadt Solingen dafür ausgesprochen, "waffenrechtliche Regeln" und dabei "insbesondere den Einsatz von Messern" zu verschärfen. "Das muss schnell passieren", so Scholz. Der SPD-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass dies schnell im Bundestag gelingen könne, wenn die Bundesregierung Vorschläge macht.
Scholz sprach nach einem Treffen mit Rettungskräften von "Terrorismus gegen uns alle". Er sei "zornig" auf die Islamisten, die ein friedliches Miteinander von allen bedrohen würden. Man dürfe sich den Zusammenhalt in Deutschland nicht kaputtmachen lassen.
Die Zahl der irregulären Einreisen müsse zurückgehen, sagte der Kanzler und verwies auf Grenzkontrollen, durch die diese weniger geworden seien. Mit Blick auf abgelehnte Asylbewerber sagte Scholz: "Die, die nicht bleiben können, müssen zurückgeführt und abgeschoben werden."
Debatte um Dublin-Verfahren
Der Bundeskanzler ging zudem auf die Dublin-Verfahren des europäischen Asylsystems ein. Die Praxis müsse "weiter vorangebracht werden" und eine Task Force etabliert werden. Auch "europarechtlich müsse was geändert werden", sagte Scholz, ohne konkreter zu werden.
Hintergrund seiner Aussagen ist, dass der Verdächtige im Fall Solingen nach Informationen von RTL/ntv bereits im vergangenen Jahr nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen. Sein Asylantrag war abgelehnt worden. Die Behörden konnten ihn beim Versuch der Abschiebung jedoch nicht in seiner Unterkunft in Paderborn antreffen. Als Issa H. sich Monate später wieder an die Behörden wandte, wurde er in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen untergebracht. Eine Abschiebung gab es dann nicht mehr.
Grund hierfür sind die Dublin-Regelungen des europäischen Asylsystems. Nachdem Deutschland das sogenannte Übernahmeersuchen an Bulgarien gestellt und das Land einer Übernahme zugestimmt hatte, lief eine sechsmonatige Frist. Da in dem Zeitraum keine Abschiebung erfolgt war, war Deutschland als antragstellendes Land fortan für das Asylverfahren des Geflüchteten zuständig. Eigentlich ist gemäß dem Dubliner Übereinkommen das Land, das zuerst von einem Asylbewerber betreten wird, für das Asylverfahren zuständig. In diesem Fall wäre das Bulgarien gewesen.
Treffen von Scholz und Merz geplant
Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz werden nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, über den Anschlag in Solingen und die Konsequenzen sprechen. "Die beiden werden sich im Laufe diese Woche treffen und über diese Fragen sprechen", sagte er im TV-Sender Phoenix. Merz hatte den Kanzler zuvor aufgefordert, dass Regierung und Opposition in der Asylpolitik gemeinsam handeln müssten.