19 hours ago

Aufregung um Entwurf: Macht eine DIN-Norm bald Wohnen noch teurer?



Wird Wohnen durch neue Vorschriften noch teurer? Das behaupten Schlagzeilen über eine geplante DIN-Norm für Wohngebäude. Das DIN aber sagt: Stimmt überhaupt nicht. Was ist da los?

Mehr Bürokratie, die Wohnen noch teurer macht – das ist wohl das letzte, was sich die Menschen derzeit wünschen. Kein Wunder, dass entsprechende Meldungen aktuell große Wellen schlagen. Eine neue DIN-Norm für Wohngebäude sorge dafür, dass Hausbesitzern reihenweise neue Sicherheitsvorgaben gemacht würden. Der geplante "Gebäude-TÜV" bedeute einen "Kosten-Schock" für Mieter, auf die die Mehrkosten letztlich abgewälzt würden, schreibt die Bild-Zeitung.

Aber ist das wirklich so? Das Deutsche Institut für Normung (DIN), von dem das Papier stammt, spricht in einer Stellungnahme von einer "irreführenden Darstellung" der Bild-Zeitung. Der Bericht über drohende massive finanzielle Belastungen für Mieter und Eigentümer greife in wichtigen Punkten zu kurz und stelle Fakten verzerrt dar. Worum geht es hier also eigentlich?

DIN spricht von freiwilligen Empfehlungen

Dokument des Anstoßes ist die "DIN 94681", ein Entwurf zur "Verkehrssicherheitsüberprüfung für Wohngebäude – Regelmäßige Prüfroutinen im Rahmen von Sichtprüfungen und Zustandsbewertungen, Grundlagen und Prüflisten". 40 Seiten voller Prüfverfahren für potenzielle Gefahren und Checklisten für Bereiche wie "Feuerschutz", "Absturz- und Sturzsicherung" oder "Gasleitungen". Das klingt auf den ersten Blick tatsächlich wie der pure bürokratische Horror. 

Andererseits ist es nichts grundsätzlich Neues, dass Hausbesitzer sich darum kümmern müssen, dass ihre Gasleitungen nicht explodieren und niemandem ein Dachziegel auf den Kopf fällt. Das DIN erklärt, die geplante Norm fasse lediglich "die auf Basis von Gesetzen und Verordnungen bereits bestehenden Anforderungen in einem praxisnahen Leitfaden zusammen" und konkretisiere sie. "Die geplante Norm ist als Orientierungshilfe für Eigentümer und Betreiber von Wohngebäuden angelegt." 

Und vor allem, so betont das DIN, sei eine Norm etwas anderes als ein Gesetz. Es handle sich um eine Empfehlung, deren Anwendung freiwillig sei. "Nur wenn der Gesetzgeber ihre Einhaltung zwingend vorschreibt, werden Normen bindend. Eine solche gesetzliche Inbezugnahme ist bei dieser Norm nicht vorgesehen." Also viel Aufregung um nichts?

Verbände fürchten Mehrkosten

Der Eigentümerverband Haus & Grund erklärt auf Anfrage, zwar seien Eigentümer auch bisher schon "verkehrssicherungspflichtig", sie müssten also dafür sorgen, dass von ihrem Haus oder Grundstück keine Gefahr für Dritte ausgeht. In der Norm werde aber nun "haargenau festgelegt, was der Eigentümer jährlich zu prüfen hat, wie er es zu dokumentieren hat usw", kritisiert Verbandsgeschäftsführer Alexander Wiech.

Die DIN-Norm habe zwar grundsätzlich erst einmal nur Empfehlungscharakter. Anders sei dies aber, wenn sich in Zukunft Gerichte darauf berufen oder Gesetze und Bauordnungen darauf Bezug nehmen und Versicherer die Normen in ihre Versicherungsbedingungen aufnehmen. Eine Haftpflichtversicherung könne dann die Leistung verweigern, wenn sich der Eigentümer nicht an die Norm gehalten hat. "Die Anforderungen wären teilweise auch so hoch, dass dies ein Privateigentümer nicht leisten könnte und einen Dienstleister beauftragen müsste", fürchtet Wiech. "Dadurch würden dann die Kosten des Wohnens für Mieter und für selbstnutzende Eigentümer weiter erhöht."

Ähnlich sieht es auch der Verband GDW, der Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt. "Wir lehnen die Norm ab, weil sie nicht nur empfehlenden Charakter, sondern auch eine juristische Wirkung hat", sagt Fabian Viehrig, Leiter Bauen und Technik beim GDW, dem stern. Man brauche keine genaueren Vorgaben, wie oft Vermieter prüfen müssen, ob Dachziegel lose oder Treppenbeleuchtungen defekt sind. Um sich nicht juristisch angreifbar zu machen, müssten die Unternehmen die Normen eben doch im Detail einhalten. Und vermehrte Prüfungen oder Schulungen der Hausmeister kosteten eben Geld, sagt Viehrig. "Unterm Strich würde die Norm zwar nicht zu einer Kostenexplosion führen, aber doch zu deutlichen Mehrkosten. Diese könnten auf die Mieter umgelegt werden."

Das DIN hingegen erklärt, "zusätzliche Kosten, die über die Erfüllung gesetzlicher Pflichten hinausgehen", seien durch die Norm "nicht zu erwarten". Abgesehen davon stehe man für einen konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten bereit. Der Entwurf über die neue DIN-Norm soll noch bis zum 7. April öffentlich diskutiert werden.

Gesamten Artikel lesen





© Varient 2025. All rights are reserved