1 month ago

Analyse: "Er soll sich verpissen" – harte Antwort eines Oligarchen auf Trumps Friedensplan



Der Oligarch Konstantin Malofejew hat sich mit drastischen Worten zu den Friedensplänen des Trump-Gesandten Keith Kellogg geäußert und mit Atomschlägen in der Ukraine gedroht.

Die ersten Einzelheiten des Friedensplanes der künftigen US-Regierung für die Ukraine sind gerade bekannt geworden, schon gibt es die erste Antwort aus dem Umfeld des Kremls: eine Klatsche, wie kaum anders zu erwarten. Konstantin Malofejew, ein russischer Oligarch, mit westlichen Sanktionen belegt, sprach mit der "Financial Times". Allerdings nicht als Sprecher von Präsident Wladimir Putin, er gab seine eigene Meinung wieder, die sich allerdings mit der Einschätzung prorussischer Kommentatoren deckt. Genau wie sie nimmt Malofejew an, dass Putin den Plan von Keith Kellogg, dem künftigen Sondergesandten von Donald Trump für den Ukrainekonflikt, vermutlich ablehnen wird.

Erstaunlich ist allerdings die drastische Wortwahl des Oligarchen. "Nehmen wir an, Kellogg kommt mit seinem Plan nach Moskau, dann sagen wir ihm, er soll sich verpissen, weil uns nichts davon gefällt. Das wäre die ganze Verhandlung", sagte Malofejew zur "Financial Times". "Damit die Gespräche konstruktiv sind, müssen wir nicht über die Zukunft der Ukraine reden, sondern über die Zukunft Europas und der Welt."

Hohe Hürden vor Gesprächen

Dazu nannte Malofejew eine Vorbedingung, die erfüllt sein müsse, bevor Gespräche aufgenommen würden. Washington müsse die Entscheidung zum Einsatz moderner Langstreckenwaffen rückgängig machen und dann auch noch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aus dem Amt entfernen. Anschließend könne es zu einem Treffen mit Putin kommen, um "alle Fragen der Weltordnung auf höchster Ebene zu erörtern".

Malofejew ist ein Hardliner. Er unterstützte 2014 die Separatisten im Donbass. Die Ukraine ist für ihn ein künstliches Gebilde. Er ist nicht nur reich, er ist ein Strippenzieher, der ultrakonservative Kräfte zusammenbringt. Selbst strenggläubig sieht er Moskau als drittes Rom und die russische Föderation als Nachfolger des russischen Imperiums.Eskalation II Ukraine 16.20

Politisch-religiöser Hardliner 

Wegen seiner Rolle bei der Annexion der Krim geriet Malofejew schon 2014 auf westliche Sanktionslisten. Vor Kurzem heiratete er Marija Lwowa-Belowa. Sie ist die Kinderrechtsbeauftragte des Kremls und wird vom Internationalen Strafgerichtshof beschuldigt, die Entführung von Kindern aus der Ukraine organisiert zu haben. Diese Ehe ist ein deutlicher Hinweis, wie eng Malofejew in den inneren Kreis um Putin verwoben ist. Auch wenn seine Äußerung kein offizielles Statement des Kremls ist, ist sie vermutlich von dort lanciert.

In dem Interview schürt Malofejew auch Nuklearängste. Er sagte, dass "die Welt am Rande eines Atomkrieges steht". Wenn die USA ihre Unterstützung für die Ukraine nicht zurückfahren, könnte Russland eine taktische Atomwaffe einsetzen. "Es wird eine Strahlenzone geben, in die zu unseren Lebzeiten niemand mehr vordringen wird. Und der Krieg wäre vorbei."

Vor kommenden Verhandlungen demonstrieren beide Seiten ihre Bereitschaft, den Krieg weiter zu eskalieren. Kurz vor seiner Nominierung sagte Kellogg, die USA und die Verbündeten sollten sich von Putins neuer Waffe nicht einschüchtern lassen, "denn Putin wird keinen Atomkrieg in Europa beginnen." Malofejews Äußerungen sind die direkte Antwort darauf. Beim Militär spricht man vom "Shaping" vor einer Offensive, den Vorbereitungen, die notwendig sind, bevor sich die Truppen bewegen. Die vermutlich kommenden Friedensgespräche zwischen Putin und Trump befinden sich jetzt ebenfalls in einer Shaping-Phase. Mit offiziellen und nicht offiziellen Äußerungen werden Positionen abgesteckt und erkundet, bevor es überhaupt zu Verhandlungen kommt.Das hat Donald Trumps Sonderbeauftragter für die Ukraine vor 18.45

Putin sieht sich als Sieger

Dass Putin den Kellogg-Plan in der jetzigen Form ablehnen wird, ist wenig überraschend. Er sieht ein Einfrieren des Konfliktes entlang der aktuellen Frontlinie vor, schließt aber aus, dass die Eroberungen Moskaus international anerkannt werden. Nach dem Ende der Kampfhandlungen soll die Ukraine weiter militärisch unterstützt und aufgerüstet werden. Es wird zugesagt, dass die Ukraine eine gewisse Zeit nicht Mitglied in Nato und EU werden kann, später aber schon. Und nicht zuletzt würden vermutlich Truppen aus Nato-Ländern im Land stationiert, um die Demarkationslinie zu überwachen. Alles Punkte, die Russland kaum annehmen wird. Aus Moskauer Sicht wurde der Krieg wegen einer möglichen Nato-Mitgliedschaft, der Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte und einer möglichen Stationierung von westlichen Waffen begonnen – alles Positionen des Kellogg-Plans. Im Gegenzug wird Russland die Lockerung von Sanktionen und der Isolierung in Aussicht gestellt.

Russland sieht sich derzeit auf der Straße zum Sieg. Im Osten rücken Putins Truppen schneller vor, die Ukraine ist immer weniger in der Lage, die lange Frontlinie zu halten. Neben den Problemen mit Munition und Ausrüstung, hat Kiew mit einem Mangel an Soldaten zu kämpfen. Verzweifelt versucht man, das Problem mit Zwangsrekrutierungen zu beheben. Doch die Bilder, die an Menschenjagden und Entführungen erinnern, untergraben die Moral. Und sie sind ein weltweit sichtbares Signal, dass nicht genug Ukrainer bereit sind, freiwillig für ihr Land zu kämpfen.

Mit den kaum ausgebildeten und ausgerüsteten Mobilisierten gelingt es nicht, die Front zu stabilisieren. Sie treiben nur die Verlustzahlen nach oben. Aus russischer Sicht spricht wenig dafür, den Kampf jetzt aufzugeben. Zwar wirft die durch die Kriegsausgaben überhitzte Konjunktur auf Dauer große Probleme auf, das wird aber nicht zeitnah dazu führen, dass Russland den Krieg abbrechen muss.Ukraine IV Franz-Stefan Gady 5:56

Köder für Trump

Der Hinweis auf Atomwaffen von Malofejew ist eine Replik auf die Idee, Kiew mit sehr viel mehr und wirksameren Waffen auszustatten, um Russland zu Verhandlungen zu zwingen. Ganz abwegig ist die Drohung des Oligarchen nicht. Nachdem Russland im November die Mittelstreckenwaffe Oreschnik eingesetzt hatte, wurden Karten publiziert, welche Städte im Westen wie schnell erreicht und zerstört werden könnten. Tatsächlich ist ein Atomschlag gegen Paris oder London sehr unwahrscheinlich. Anders sieht es mit dem Gebiet der Ukraine aus. Als den Russen eine empfindliche Niederlage in Cherson östlich des Dnjepr drohte, sollen sie – so westliche Quellen –kurz vor dem Einsatz taktischer Atomwaffen gestanden haben. Nur eine Intervention der USA hinter den Kulissen soll die Katastrophe verhindert haben. Im Gegenzug konnten die Russen ihre Truppen ungehindert über den Fluss zurückführen.

Darüber hinaus sprach Malofejew von einer ganz anderen, globalen Dimension der Gespräche. Er sagte der Zeitung, Trump müsse bereit sein, auch über andere Krisenherde zu reden, darunter die Kriege im Nahen Osten und Russlands Allianz mit China. Und die USA müsse anerkennen, dass die Ukraine zu den Kerninteressen des Kremls gehöre. "Wir wollen einen langfristigen Frieden – eine Art allgemeines Abkommen über die globale Ordnung", so Malofejew. Damit bringt er eine Maximalforderung des Kremls auf den Tisch: Der Westen soll anerkennen, dass die Ukraine ein Land mit beschränkter Souveränität ist. Die Ausweitung auf die globale Ordnung deutet an, dass Russland auf Zeit spielen könnte. Je größer der Rahmen, umso langwieriger die Verhandlungen und umso länger könnten die Kampfhandlungen andauern.

Malofejew wirft auch einen Köder aus: Eitelkeit. Eine neue globale Ordnung würde Donald Trump zu einer zentralen Figur der Geschichte machen. "Trump will in die Geschichte eingehen, er wird bald 80, er ist Großvater. Putin ist auch keine 50 mehr. Das wird das Erbe sein, das sie uns beide hinterlassen."

Quelle: "Financial Times"

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