Prinz Harrys und Meghans Umzug in die USA ist nun fünf Jahre her. Adelsexpertin Julia Melchior erklärt, warum Harry dort gescheitert ist und welchen Vorwurf man dem Königshaus machen kann.
Frau Melchior, am 14. März ist es fünf Jahre her, dass Prinz Harry und seine Frau Meghan mit dem Königshaus gebrochen haben und nach Kalifornien gezogen sind. Den beiden wurde oft vorgeworfen, dass sie sich die Rosinen herauspicken wollten. Was glauben Sie, worum ging es ihnen eigentlich?
In erster Linie ging es Harry darum, sich diesem System zu entziehen, in dem er sich, wie er selber gesagt hat, gefangen gefühlt hat und dem er mangelnde Empathie vorgeworfen hat. Er bezog sich damit auf den Umgang mit dem Tod seiner Mutter, aber auch auf die Anpassungsschwierigkeiten von Meghan. Da liegt wohl auch das große Missverständnis: Man kann dem Königshaus durchaus vorwerfen, dass es ihm nicht gelungen ist, Meghan zu integrieren. Aber man muss auch Meghan einen Vorwurf machen: Sie war nicht bereit, sich einzugliedern.
Woran ist es gescheitert?
Harry hat sie nicht ausreichend vorbereitet. Königin Silvia von Schweden hat mir mal gesagt, ihr Mann habe ihr vier Jahre Zeit gegeben, um sich das zu überlegen. William und Kate waren acht Jahre zusammen, bevor sie "Ja" gesagt hat. Bei Harry und Meghan ging ja alles sehr schnell, überstürzt möchte ich sagen. Sie haben auch schnell die Brocken hingeworfen.
Nach ihrem Rücktritt gab es Sorge, dass die britische Monarchie schweren Schaden davontragen würde. Ist es so gekommen?
Status quo heute, fünf Jahre später, kann man sagen: Es ist egal. Die beiden spielen keine Rolle mehr für das Ansehen des Königshauses.
Die Journalistin und Adelsexpertin Julia Melchior sagt: "Harry und Meghan spielen keine Rolle mehr für das Ansehen des Königshauses".
© Jana Kay/ZDF
Im Buckingham-Palast spürt man den Verlust nicht mehr?
Natürlich haben sie eine Lücke gerissen, als Leistungsträger, aber auch als Sympathieträger. Das haben wir jetzt sehr deutlich erlebt im Jahr der doppelten Krebserkrankung von Charles und Kate. Plötzlich waren da nur noch Camilla, Anne und Edward und Sophie, weil ja auch William ausfiel, um sich um seine Familie zu kümmern. Das Königshaus hat den Personalmangel gespürt. Und gerade Harry war ja unheimlich populär. Vor allem in der Konstellation mit Meghan war es ihm gelungen, Menschen anzusprechen und für das Königshaus zu interessieren, die der Monarchie kritisch gegenüberstehen oder denen sie einfach egal ist. Das sind vor allem junge Leute unter 30 oder eben auch Menschen mit Migrationshintergrund, die diese 1000-jährige Monarchie-Geschichte nicht in ihrer DNA haben. In diesem Punkt lassen sich Harry und Meghan nur sehr schwer ersetzen.
Wie ist Ihr Eindruck vom Leben in Kalifornien, welche Rollen haben die beiden dort eingenommen?
Ich finde es sehr positiv, dass die beiden ihre Prominenz nutzen, um Dinge zu bewegen und Gutes zu tun. Ich nehme ihnen ihr gesellschaftliches Engagement auch ab, denn Harry ist damit aufgewachsen, und Meghan hatte auch immer schon eine kämpferische Seite. Sie könnten ja auch einfach nur Privatiers sein.
Verfolgt man die Klatschpresse, scheint es eher so, als bräuchten die beiden dringend Geld. Was weiß man über die Finanzen der Sussexes?
Nicht viel. Aber man kann von einer komfortablen Ausgangslage ausgehen. Harry hat ein Erbe von Diana und auch von Queen Mum, und Meghan hat vor der Hochzeit auch gut verdient. Aber das reicht gewiss nicht, um auf Dauer diesen Lebensstandard zu finanzieren. Bei ihrem Ausstieg aus dem Königshaus ging es ihnen auch darum, finanziell unabhängig zu werden. Das ist ihnen zunächst gelungen, dank Harrys Buch und der Netflix-Doku. Die Frage ist: zu welchem Preis? Harry hat damit alle Bande zu seiner Familie zerschlagen.
Nachhaltig ist diese Strategie nicht, oder?
Nein, die Geschichte von Harry und Meghan ist jetzt auserzählt. Die lässt sich nicht noch mal vermarkten. Das Dramatische ist, dass Harry damit seinen Vater und seinen Bruder verloren hat. Mehr noch: Der König kennt seine Enkelkinder nicht, dabei sind Archie und Lilibet die Nummer sechs und sieben der Thronfolge. Harry hat familiär großen Schaden angerichtet und seine Kinder ihrer Identität beraubt. Und darunter leidet er jetzt auch, er hat darüber gesprochen, dass er sich seine Familie zurückwünscht.
Er hat aber auch gesagt, dass er mehr Freiheiten für seine Kinder bekommen habe. Hat Harry also sein Ziel erreicht?
Es ist ihm geglückt, sich vom System loszusagen und eine eigene Existenz mit seiner kleinen Familie aufzubauen. Er ist aber trotzdem persönlich gescheitert, denn er wollte seinen Seelenfrieden haben und leidet nun unter dem Zerwürfnis mit Charles und William.
Wie realistisch ist es, dass König Charles mal die Enkel in Montecito besuchen kommt?
Das ist sehr, sehr schwer vorstellbar, nachdem was da passiert ist. Dafür hat Harry zu schwere Vorwürfe erhoben und zu viele persönliche Details ausgeplaudert. Aber ich würde es ihnen wünschen.
Glauben Sie, Harry ist in Kalifornien richtig angekommen?
Harry ist durch und durch britisch aufgewachsen und jetzt im kalifornischen Showbusiness gelandet – schwer zu sagen, wie wohl er sich dort fühlt. Aber er hat noch einige alte Freunde durch den Polosport, die er in Kalifornien sieht. Da gibt es schon Kontakte.
Seine Netflix-Serie über Polo gilt als Flop.
Ach, da wurde auch viel vorverurteilt. Wir wissen doch gar nicht, was in den Verträgen steht! Ich glaube nicht, dass erwartet wurde, eine Dokuserie über den elitären Polosport zum Kassenschlager zu machen. Harry und Meghan haben in diesem Punkt wirklich einen sehr schweren Stand.
Inwiefern?
Es wird immer erwartet, dass alles, was sie anfassen, durch die Decke geht. Und gleichzeitig warten Heerscharen darauf, dass sie einen Fehler machen. Allein die Tatsache, dass es eine Organisation in den USA gibt, die Harrys Visum wegen seiner Drogenbekenntnisse anzweifeln lassen will – kaum jemand wird so auf Herz und Nieren geprüft, in allem, was sie tun.
Es entsteht aber schon der Eindruck, dass es beruflich kriselt: Meghans Marke "American Riviera Orchard" hatte Probleme mit dem Patentamt, heißt jetzt "As Ever", der Podcast wurde bei Spotify nicht verlängert. Sind die beiden schlecht beraten?
Das kann sein. Aber Missgunst spielt da auch eine große Rolle. Das haben sie auch immer wieder kritisiert, speziell adressiert an die britische Presse. Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Gut, das ist ihr persönlicher Blick, ihr Narrativ, immer die Opferrolle einzunehmen. Auch deswegen polarisieren sie so. Aber man kann auch dem britischen Königshaus einen Vorwurf machen.
Welchen?
Harry wurde nicht für ein Leben außerhalb des Königshauses ausgebildet. Es ist in anderen Königshäusern sehr erfolgreich umgesetzt worden, dass Geschwister der Thronfolger das Königshaus verlassen, um ein eigenes Leben zu führen und einem bürgerlichen Beruf nachzugehen. Und trotzdem bleiben sie geschätzte Mitglieder der Familie und stehen parat, wenn sie gebraucht werden. Das britische Königshaus hat es versäumt, Harry schon früher vor diese Wahl zu stellen. Ein Königskind, das nicht auf der Reservebank fristen möchte, kann auch ein Leben in Normalität führen, ohne familiären und institutionellen Schaden anzurichten. Daran müssen sie in Großbritannien dringend arbeiten. Für die nächste Generation, die Geschwister von George.