6 hours ago

Abzocke durch Extragebühren: Billigflieger müssen "historisches" Bußgeld zahlen



Wer bei Flugreisen aufs Geld achtet, zahlt oft für Gepäck, Sitzplatzreservierung und Ticketausdruck extra. Spanischen Verbraucherschützern ist das ein Dorn im Auge. Sie bitten die Billigflieger jetzt zur Kasse, und zwar ordentlich.

Fünf Billigairlines sollen in Spanien Strafgelder in Höhe von 179 Millionen Euro wegen unzulässiger Gebühren für Handgepäck bezahlen. Das Verbraucherschutzministerium in Madrid wies den Einspruch der betroffenen Unternehmen zurück und erließ einen entsprechenden Bescheid. Vor allem für den irischen Billigflieger Ryanair wird es demnach teuer, auch für Easyjet und Vueling geht die Strafe in den zweistelligen Millionenbereich.

Die Verbraucherschutzorganisation Facua hatte Ende Mai Beschwerde gegen die Gesellschaften Ryanair, Vueling, Easyjet und Volotea eingereicht. Neben den Gebühren fürs Handgepäck bemängelten die Verbraucherschützer auch Aufschläge, welche die Airlines für eine Sitzplatzreservierung für eine Begleitperson eines Kindes oder eines Behinderten berechnen, sowie für das Ausdrucken der Bordkarte am Flughafen und das Verbot von Barzahlungen am Schalter. Facua und die Organisation OCU gehen seit 2018 gegen diese Praktiken vor. Das Ministerium leitete im vorigen Jahr eine Untersuchung ein.

Die Regierung in Madrid wies die Rechtfertigungen der Airlines zurück. Ryanair soll nun 107,7 Millionen Euro zahlen, Vueling 39,3 Millionen, Easyjet 29,1 Millionen und Volotea 1,2 Millionen. Hinzu kommt außerdem ein Bußgeld in Höhe von 1,6 Millionen Euro für Norwegian. "Die Sanktionen beinhalten darüber hinaus das ausdrückliche Verbot, die Praktiken fortzusetzen, die bestraft wurden", erklärte das Verbraucherschutzministerium. Die Airlines können noch gegen die Entscheidung vor Gericht ziehen.

Facua begrüßte die Bußgeldentscheidung als "historisch": "Diese Strafen sind die höchsten, die jemals von einer Verbraucherschutzbehörde verhängt wurden", betonte die Organisation. Außerdem könnten die Kunden nun die Rückerstattung gezahlter Gebühren verlangen. Facua gehe davon aus, dass andere europäische Länder dem Beispiel folgten und diese "missbräuchlichen Praktiken" ebenfalls bestraften.

Airline-Lobby kritisiert, Verbraucherschützer jubelt

Der spanische Lobbyverband der Luftfahrt (ALA) kritisierte die Entscheidung der Regierung als Verstoß gegen die EU-Binnenmarktregeln und die Freiheit der Unternehmen, ihre Preise selbst festzulegen. "Wir verteidigen das Recht des Verbrauchers, sich die beste Reiseoption auszusuchen", sagte ALA-Präsident Javier Gandara bereits im Mai, als zum ersten Mal so entschieden wurde. Die Entscheidung der Behörden zwinge bis zu 50 Millionen Passagiere, die nur mit einer kleinen Tasche unter ihrem Sitz reisten, für Dienstleistungen zu zahlen, die sie nicht benötigten.

Der Direktor für Rechts- und Wirtschaftsfragen beim Europäischen Verbraucherverband (BEUC), Agustín Reyna, sprach damals hingegen von einem "starken und willkommenen Signal" der spanischen Behörden. "Die unfaire Politik der Fluggesellschaften in Bezug auf Handgepäck muss aufhören." Nötig seien jetzt EU-weite Standards für Handgepäckregelungen, um die Vorgaben der Fluggesellschaften für Verbraucher zu harmonisieren und Flugreisende zu entlasten, forderte Reyna.

Ein spanisches Gericht hatte bereits 2019 entschieden, dass Ryanairs Politik, eine Gebühr für Handgepäck zu erheben, "missbräuchlich" sei. Die irische Airline hielt jedoch daran fest und verwies auf die unternehmerische Freiheit von Fluggesellschaften, die Größe des Handgepäcks zu bestimmen.

Die Geldbußen stellen eine Herausforderung für das Geschäftsmodell der Billigflieger dar. Denn dies beruht darauf, attraktive Tiefstpreise für Tickets zu verlangen und zugleich über Zuschläge für größeres Handgepäck oder andere Serviceleistungen Geld zu verdienen. Ryanair-Chef Michael O'Leary kritisierte "illegale und unbegründete Geldstrafen". Das Ministerium habe sie aus "politischen Gründen" verhängt und verstoße gegen europäisches Recht. Er kündigte rechtliche Mittel an und zeigte sich überzeugt, dass die Bußgelder "von den europäischen Gerichten aufgehoben werden".

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