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Abwärtsspirale: Lichtjahre vom Erfolg entfernt: Der BVB leidet an zahlreichen Krisenherden



Die Entlassung von Trainer Nuri Sahin hat gezeigt, wie tiefgreifend die Probleme des BVB tatsächlich sind – aber weder ein neuer Coach noch ein Ende der Krise sind in Sicht.

Das einzige, was zuletzt bei Borussia Dortmund reibungslos funktioniert hat, war die Flugverbindung nach Salzburg. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, statteten Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Geschäftsführer Sport Lars Ricken der Mozart-Stadt kürzlich einen Besuch ab. Dort sollen sich die beiden Funktionäre mit Trainer Ralf Rangnick getroffen haben. Sie wollten ausloten, ob der 66-Jährige auf seine alten Tage noch mal den Trainerjob in Dortmund übernehmen möchte. Bekanntermaßen ist Rangnick Nationaltrainer in Österreich. Bis Ende 2025 läuft sein Vertrag mit dem österreichischen Verband. Vielleicht geht da was, werden sich Ricken und Watzke gedacht haben

Schließlich steht der BVB nach der Entlassung von Nuri Sahin weiterhin ohne Trainer da – und das ausgerechnet in der schwersten Krise seit über zehn Jahren. Damals war Jürgen Klopp noch Trainer. Der stand nach 19. Spieltagen auf dem letzten Tabellenplatz. Nach der Saison (am Ende wurde der BVB Siebter und qualifizierte sich für die Europa League) verließ Klopp den Verein nach sieben erfolgreichen Jahren. In der Gegenwart coacht U19-Trainer Mike Tullberg die Mannschaft übergangsweise. Er wird auch am Samstag gegen den 1. FC Heidenheim auf der Bank sitzen, das gab der Verein bekannt.

Champions-League-Finale 2024 scheint Lichtjahre her

Der unerfahrene Anfänger Sahin war erst im Sommer installiert worden. Die BVB-Führung ging ein hohes Risiko mit seiner Verpflichtung ein – und muss nun den Preis zahlen. Sahin, der als Zwölfjähriger nach Dortmund kam und lange für den Verein spielte, ist krachend gescheitert. Dortmund liegt in der Tabelle nur auf dem 11. Platz, in der Champions League ist der Einzug in das Achtelfinale in Gefahr geraten. Auch ein Sieg am Mittwochabend im letzten Vorrundenspiel gegen Schachtjar Donezk (ab 21.00 Uhr bei DAZN) wird wohl nicht für das direkte Weiterkommen reichen, wahrscheinlich muss der BVB in die Playoff-Runde. Im DFB-Pokal war das Team schon in der 2. Runde gegen den VfL Wolfsburg rausgeflogen.Drama-Spieltag in der Champions League

Für einen Klub wie Dortmund ist das desaströs. Dem Selbstverständnis nach ist man nach dem FC Bayern die Nummer zwei in Deutschland. Europaweit zählt man sich zum erweiterten Kreis der Spitzenklubs. Schließlich stand der BVB im Sommer – trotz sich abzeichnender Probleme – noch im Champions-League-Finale.

Das scheint mittlerweile eine Ewigkeit her. Die Mannschaft wirkt aktuell kopflos und überfordert. Oder in den Worten von BVB-Berater Matthias Sammer: "Diese Mannschaft ist körperlich und geistig in einer Nichtverfassung; sie kann nicht verteidigen, aber angreifen kann sie auch nicht – alle haben gesehen, was einige Spieler hier aufs Feld gebracht haben." Das sagte Sammer nach der Niederlage gegen den FC Bologna in der Champions League in seiner Rolle als TV-Experte. Er soll schon länger große Zweifel an den Fähigkeiten des jungen Sahin gehabt haben.

Schlecht auf das "Worst-Case-Szenario" vorbereitet

Was Sammer nicht sagte: Die Sahin-Entlassung ist in der Konsequenz auch ein Symptom und hat eine ganze Reihe von tieferliegenden Problemen beim BVB offengelegt, die über eine einzelne Personalie hinausgehen. Und die auch Sammer betreffen, dazu kommen wir noch. Allein die Tatsache, dass der Verein keinen Nachfolger für Sahin parat hatte, zeigt, wie schlecht die Klubführung auf das "Worst-Case-Szenario" einer Trainerentlassung vorbereitet war. Seit Wochen war ersichtlich, dass der unerfahrene Coach große Schwierigkeiten mit der Mannschaft hatte. Doch offenbar hoffte man in Dortmund, dass die Formdelle vorübergeht – und verlor Zeit.

Jetzt verhandelt man mit Rangnick und Niko Kovac (Treffen an einem geheimen Ort), um die Saison zu retten. Auch der niederländische Coach Erik ten Hag wurde schon auf der Dortmunder Tribüne gesichtet. Welchen Ausgang die Suche nimmt, steht in den Sternen. Kovac soll Interesse zeigen, aber nicht bereit sein, einen zeitlich befristeten Job bis zum Sommer zu übernehmen. Rangnick soll dafür früheste35423876ns ab dem Sommer zur Verfügung stehen.Kommentar_BVB 12.37

Dass der Verein bei der Trainerentlassung zögerte, hat auch damit zu tun, dass alle Führungskräfte persönlich durch ihre BVB-Geschichte miteinander verbandelt sind. Sahin genoss als ehemaliger BVB-Profi großen Kredit. Das trübte vielleicht die Wahrnehmung. Hinzu kommt, dass sein Scheitern auch ein Scheitern der Klub-Führung in der Personalie darstellt. 

Sammer soll keine BVB-Spiele mehr kommentieren

Doch selbst wenn ein passender Trainer gefunden wird, müsste der sich mit Missständen herumplagen, die sich nicht von heute auf morgen beheben lassen. Da wäre der interne Konkurrenzkampf zwischen Sportdirektor Kehl und Chefscout Sven Mislintat. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die beiden in herzlicher Abneigung miteinander verbunden sind. Schon als Mislintat installiert wurde, fragte sich viele, wie viele Häuptlinge mit großem Ego ein Verein verträgt. 

Die Auswirkungen der Fehde sind deutlich zu spüren. Kehl und Mislintat sind verantwortlich für die Zusammenstellung des Kaders – und die ist misslungen. Die Mannschaft gilt als zu klein und unausgeglichen. Ricken, der im September endgültig die Macht von Watzke übernimmt, soll jetzt bereit sein, sich von Mislintat zu trennen, um klare Verhältnisse zu schaffen. Der Vertrag von Kehl war kürzlich erst bis 2027 verlängert worden. 

Und die Sache mit Sammer. Der frühere Nationalspieler und BVB-Trainer sitzt stets neben Watzke auf der Tribüne im Signal-Iduna-Park, wenn er nicht in gerade als TV-Experte bei Champions-League-Spielen des BVB auftritt. Mittlerweile soll die Doppelrolle vereinsintern für Befremden sorgen. Vor allem das weiter oben angeführte Zitat zum miesen Zustand der Mannschaft ("körperlich und geistig in einer Nichtverfassung) habe Kritik ausgelöst. Es heißt, Sammer sei gebeten worden, zumindest keine BVB-Spiele in der Königsklasse mehr zu kommentieren.

Quellen: "Kicker", "Süddeutsche Zeitung", "Sky Sport", DPA

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