
Bei den Krankenkassen und der Pflegeversicherung klaffen Milliardenlöcher. Die Lücken gehen auch auf fehlende Beiträge des Bundes für Bürgergeldempfänger und Coronaschulden zurück. Gesundheitsministerin Warken mahnt die Bundesregierung, nicht zuerst die Beitragszahler zur Kasse zu bitten.
Die neue CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken will mit einem Notpaket einen weiteren Anstieg der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung verhindern oder zumindest dämpfen. "Es geht um ein Gesamtpaket, um Beitragssatzerhöhungen möglichst zu vermeiden. Das werden wir im Konsens mit der gesamten Regierung schnüren", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Sie sprach von einer "dramatischen Lage" der Krankenkassen. Jetzt müsse zwar zügig die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kommission für eine nachhaltige Finanzierung der Krankenversicherung eingesetzt werden, die in zwei Jahren Ergebnisse liefern soll. Klar sei aber: "Wir können nicht bis zur Vorlage der Kommissionsergebnisse 2027 warten."
Als ein Baustein des Pakets brachte Warken zusätzliche Steuermittel in Milliardenhöhe für die Krankenkassen ins Gespräch. Dabei geht es ihr um die Krankenkassenbeiträge, die der Bund für die Bürgergeldempfänger zahlt. Hier sei das Problem "offensichtlich", sagte die Ministerin: "Die Beiträge der Jobcenter reichen nicht zur Deckung ihrer Gesundheitskosten. Da gibt es eine Schieflage. Darüber werden wir reden", kündigte sie an. Nach Berechnungen der Krankenkassen müsste der Bund insgesamt rund 10 Milliarden Euro mehr überweisen, um die Kosten der Bürgergeldempfänger tatsächlich zu decken.
Auch der Pflegeversicherung fehlen Milliarden vom Bund
Ebenfalls einen ausstehenden Milliarden-Beitrag vom Bund verlangte die CDU-Politikerin, um die in akuten Finanznöten steckende Pflegeversicherung kurzfristig zu stabilisieren. "Der Bund schuldet der Pflegeversicherung mehr als fünf Milliarden Euro für Ausgaben während der Pandemie, etwa für Tests oder den Pflegeschutzschirm, der viele Einrichtungen vor der Schließung bewahrt hat", sagte Warken dem RND. "Dafür braucht die Pflegeversicherung einen Ausgleich", mahnte sie. Schließlich habe es sich um gesamtgesellschaftliche Aufgaben gehandelt. "Denkverbote darf es nicht geben, wenn es darum geht, die Pflegefinanzen kurzfristig zu stabilisieren", betonte Warken.
In der Pflegeversicherung gebe es "drängende Probleme", sagte die Ministerin. "Wir müssen Zeit gewinnen, um die notwendigen grundsätzlichen Reformen in der Pflegeversicherung anzugehen", erklärte sie. Die dafür vorgesehene Bund-Länder-Arbeitsgruppe werde die Koalition schnell aufs Gleis setzen, aber sie braucht dann noch einige Monate Zeit, um Ergebnisse vorzulegen. "Bis dahin sind kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung der Pflegefinanzen dringend nötig", sagte Warken. "Wir müssen das gemeinsam in der Koalition besprechen", sagte sie mit Blick auf den Koalitionsvertrag, der keine Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Pflegeversicherung vorsieht. "Es geht um eine Lösung, ein Gesamtpaket, nicht um eine einzelne Forderung", betonte sie. Experten rechnen in der Pflegeversicherung im laufenden Jahr mit einem Defizit von bis zu 5,8 Milliarden Euro.
Sowohl die 10 Milliarden vom Bund für die Krankenversicherung der Bürgergeldempfänger als auch die Begleichung der Corona-Schulden waren bei den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD von der Arbeitsgruppe Gesundheit vorgeschlagen worden. In der Endfassung wurden beide Posten aber wieder gestrichen.