Etwa 3.000 Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft kommen zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Ihr Topthema aber ist ein Mann, der nur virtuell erwartet wird: der neue US-Präsident Donald Trump.
"A-Anti-Anticapitalista" rufen etwa 300 meist junge Menschen in die kalte Bergluft. Unter dem Motto "Smash the WEF" haben linke Organisationen die Demo auf dem Davoser Postplatz organisiert, wie jedes Jahr am Tag vor dem Start der Jahrestagung des World Economic Forum (WEF). "Kampf dem Kapitalismus" steht auf den Plakaten der Protestierenden oder "Fight WEF" und immer wieder: "Fight Trump".
Donald Trump und Elon Musk versuchten, die Demokratie in Europa zu destabilisieren, warnt die Schweizer Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann auf der Anti-WEF-Demo.
Topthema "America First"
Nicht nur den WEF-Gegnerinnen auf der Straße macht der Amtsantritt des 47. Präsidenten der USA Sorgen. Trumps "America First"-Politik ist auch Topthema im Kongresszentrum von Davos, wo das World Economic Forum bis zum Freitag rund 3.000 Führungspersonen aus Politik und Wirtschaft versammelt. Darunter sind 60 Staats- und Regierungschefs und 900 CEOs internationaler Konzerne. Sie beunruhigt besonders Trumps Drohung mit Handelszöllen.
"Die Ankündigung ist eine Herausforderung für die Welt", sagt Alois Zwinggi, Mitglied im Direktorium des Weltwirtschaftsforums. Denn wissenschaftlich sei klar, dass hohe Zölle das weltweite Wirtschaftswachstum bremsen.
Trump wird live zugeschaltet
"Zusammenarbeit für das intelligente Zeitalter" lautet das diesjährige Motto beim Treffen des Weltwirtschaftsforums. Es klingt wie ein Kontrastprogramm zur Trump-Agenda: Nationale Interessen und "America First" kontra freier Welthandel und internationale Kooperation, wie es sich das Weltwirtschaftsforum seit seiner Gründung 1971 auf die Fahnen geschrieben hat.
In Davos ist man nun froh, dass der neue US-Präsident sich wenigstens online blicken lässt: "Dass Präsident Trump sich bereiterklärt hat, am Donnerstagnachmittag live hier zugeschaltet zu sein und einen Dialog mit CEOs auf der Bühne zu führen, ist doch ein gutes Zeichen", sagt WEF-Direktor Zwinggi.
Es zeige, so Zwinggi, dass vielleicht gewisse Kräfte in Washington, die das World Economic Forum eher kritisch anschauen, vielleicht doch nicht den durchschlagenden Effekt hätten. Trump scheine interessiert, auch mit einer Organisation wie dem WEF weiterhin zusammenzuarbeiten.
Einige US-Partner haben sich bereits arrangiert
Das World Economic Forum hat seinen Hauptsitz nicht in Davos, sondern in Cologny bei Genf. Die Stiftung versteht sich als globaler Think-Tank und wird finanziell vor allem von großen Konzernen getragen. Für ihre Mitgliedschaft im Weltwirtschaftsforum zahlen die größten Unternehmen als sogenannte "strategische Partner" hohe sechsstellige Jahresbeiträge.
Auch wenn die proklamierten Ziele des Weltwirtschaftsforums Trumps "America First"-Agenda widersprechen, haben sich einige US-amerikanische WEF-Partnerfirmen bereits mit dem Machtwechsel in Washington arrangiert. Der Internetkonzern Meta verzichtet in den USA bei Facebook und Instagram auf Faktenchecks. Finanzriesen wie JP Morgan und BlackRock haben ihre Beteiligung an Klimaschutz-Programmen beendet.
Klimawandel und Kriege sind die größte Gefahr
"Für uns wird das keine Kursänderung mit sich führen", sagt dagegen WEF-Direktor Alois Zwinggi. Maßgebend für das Programm in Davos sei der "Global Risks Report", der Weltrisikobericht, den das WEF jedes Jahr kurz vor seinem Jahrestreffen veröffentlicht. Als aktuell größte Gefahr für die Welt nennt der Bericht 2025 Kriege und bewaffnete Konflikte, gefolgt von Extremwetter-Ereignissen durch den Klimawandel.
"Die Klima- und Umweltherausforderungen sehen Hunderte der befragten Expertinnen und Expertinnen als langfristig größte Bedrohung für die Weltwirtschaft", betont Alois Zwinggi. Und das seien auch die Themen und Impulse, die das Weltwirtschaftsforum mehr prägten als "politische Strömungen".
"Europa muss aufwachen"
Ob das die Top-Wirtschaftsleute, die sich diese Woche in Davos versammeln, auch so sehen, ist fraglich. Schon jetzt ausgebucht sind, so ist von den Organisatoren zu hören, nicht etwa Events über Klimaschutz, sondern alle Veranstaltungen zur US-Politik und -Wirtschaft.
Trump dominiert Davos, auch wenn er drei Tage nach seiner Amtseinführung als US-Präsident dort nur virtuell im Kongresszentrum erscheinen wird. Die Erwartungen an den Online-Auftritt sind enorm, und nicht nur US-Firmen sehen den Machtwechsel in den USA auch als Chance.
Beim Softwarehersteller SAP, dem derzeit mit Abstand wertvollsten deutschen Unternehmen, freue man sich auf die Zusammenarbeit mit der neuen US-Regierung, so SAP-Strategiechef Sebastian Steinhäuser. "Aus unserer Sicht ist wichtig, dass wir in Europa jetzt aufwachen", sagt er, "dass wir Bürokratie abbauen, dass wir die Wirtschaft ankurbeln und in die Digitalisierung investieren."
Und natürlich brauche es weiterhin eine "extrem enge internationale Zusammenarbeit", so Steinhäuser weiter, "vor allem mit den USA als unserem wichtigsten Markt und wichtigstem Verbündeten."