Zimtsterne, Lebkuchen und Spekulatius im Sommer? Viele Kunden sehen den frühen Verkauf von Weihnachtssüßigkeiten kritisch. Laut Handel ist die Nachfrage dennoch groß.
Es ist heiß in Deutschland. In vielen Orten werden Temperaturen von 30 Grad und mehr erreicht. Bis zum Heiligabend sind es noch fast vier Monate, aber Weihnachten ist dennoch greifbar nah. Lebkuchen und Spekulatius liegen schon in den Regalen einiger Händler bereit.
Bei Verbraucherinnen und Verbrauchern polarisiert das Thema. Zwei Drittel lehnen einen Verkaufsstart im August ab, wie eine Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigt. Ebenso viele kaufen Weihnachtsgebäck wie Lebkuchen oder Plätzchen im Supermarkt demnach erst im November oder Dezember, 14 Prozent im Oktober. Nur jeder Zehnte kauft die Produkte früher, lediglich 3 Prozent im August. Warum dann so früh? Die Frage stellen sich viele Verbraucher schon seit Jahren.
"Das Angebot schafft sich seine Nachfrage", sagt Handelsexperte Andreas Kaapke von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart (DHBW). Der Handel würde die Produkte nicht verkaufen, wenn es sich nicht lohnt. Daten des Marktforschungsunternehmens NIQ zeigen hingegen: Im August wurden in den vergangenen drei Jahren kaum Umsätze mit weihnachtlichem Saisongebäck erzielt, im September hingegen stiegen die Umsätze an.
"Kommt gut bei den Kunden an"
Mit dem Ende der Urlaubszeit sei unter den Verbrauchern ein zunehmendes Interesse an den Artikeln zu verzeichnen, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels, Philipp Hennerkes. "Die geäußerte Meinung und das tatsächliche Kaufverhalten klaffen in manchen Bereichen immer mal wieder deutlich auseinander." Nicht nur er widerspricht dem Eindruck, dass das Gebäck jedes Jahr etwas früher in den Regalen liegt.
"Der Zeitpunkt hat sich in den vergangenen 25 Jahren nicht geändert", sagt auch Rewe-Sprecher Andreas Krämer. Spekulatius, Printen, Lebkuchen und Christstollen gehen in diesen Tagen in den Verkauf. Einige Wochen später folgen Weihnachtsmänner, Pralinen und Adventskalender. In den Monaten September und Oktober verkaufe man jeweils deutlich mehr Weihnachtsgebäck als im Dezember, sagt Krämer. Am Anfang sei die Lust besonders groß und nehme dann langsam ab.
Der Discounter Aldi Nord hat unter anderem Lebkuchen und Dominosteine ab Ende August in den Regalen. Für Kaufland gilt das ebenfalls. "Viele unserer Kunden freuen sich schon das ganze Jahr über auf Weihnachten und wollen daher nicht nur in der Vorweihnachtszeit Plätzchen essen", heißt es. Norma startet sogar zwischen Anfang und Mitte August. "Grundsätzlich stellen wir fest, dass das Weihnachtssortiment in ganz Deutschland bereits jetzt bei den Kunden gut ankommt", teilt das Unternehmen mit.
Verbraucher essen am liebsten Lebkuchen
Die Lambertz-Gruppe begann im Juni mit der Produktion von Printen, Lebkuchen und Stollen. Bis zu 10.000 Paletten täglich verlassen die Produktionslager. Insgesamt werden unter anderem etwa 700 Millionen Dominosteine und 720 Millionen Lebkuchen produziert. Nicht wenige Verbraucher wünschten sich, dass die Gebäcke ganzjährig angeboten werden, sagt Lambertz-Sprecher Martin Heinen. In einigen Nachbarländern sei dies bereits der Fall. Beim Verkauf spielt dem Unternehmen zufolge auch das Wetter eine wichtige Rolle. Sollte es im Oktober und November relativ warm sein, sei das für den Absatz nicht förderlich.
Schmecken Zimtsterne und Lebkuchen im Sommer womöglich besser, wenn sie frisch und kurz nach der Produktion verzehrt werden? "Geschmacklich macht es keinerlei Unterschied, ob unsere Produkte im September oder im Dezember erworben werden", antwortet Markenhersteller Bahlsen auf die Frage. Was die Vorlieben angeht, bleiben die Verbraucher sich seit Jahren treu. Lebkuchen, Spekulatius und Plätzchen sind laut der Yougov-Umfrage die Favoriten in Deutschland.
Wird Weihnachtsgebäck teurer?
Ein anderes Thema verträgt sich wenig mit vorweihnachtlicher Romantik. Konsumenten mussten zuletzt für viele Lebensmittel tiefer in die Tasche greifen. Bei den wichtigen Zutaten von Weihnachtsgebäck stiegen die Preise stark. Zucker war im Juli laut dem Statistischen Bundesamt mehr als 80 Prozent teurer als 2020, ebenso Weizenmehl (+59,6), Kakaopulver (+42,3) sowie Riegel oder andere Erzeugnisse aus Schokolade (+47,3).
Sind die weihnachtlichen Knabbereien in diesem Jahr teurer als im Vorjahr? Branchenverbände verweisen auf die gestiegenen Kosten, auch für Energie und Logistik. Zu möglichen Preissteigerungen halten sie sich auf Nachfrage aber bedeckt. Lambertz-Sprecher Heinen rechnet damit, dass schokolierte Weihnachtsgebäcke mehr kosten werden.
Bereits 2023 waren viele Artikel teurer geworden. Laut Zahlen von NIQ verzeichnete Saisongebäck wegen der gestiegenen Preise zwar höhere Umsätze als im Vorjahr. Die Verkaufsmenge und die Anzahl der Packungen ging um acht Prozent zurück. So seien 2022 durchschnittlich 186 Packungen pro Woche pro Geschäft verkauft worden, 2023 nur 171. Was ebenfalls auffiel: Fast die Hälfte des Umsatzes wurde mit Sonderangeboten gemacht.
Die Menschen in Deutschland sind beim Einkaufen auch in diesem Jahr sehr auf Preise fokussiert, die Konsumstimmung ist immer noch schlecht. Der Geschäftsführer von Lebkuchen Schmidt, Jürgen Brandstetter, ist dennoch zuversichtlich. "Gerade in diesen Zeiten wollen es die Menschen an Weihnachten schön haben."