Was sind ATACMS?: Diese US-Raketen könnte die Ukraine bald gegen Russland einsetzen

Teilen

Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit vollzieht Joe Biden eine entscheidende Wende in der Ukraine-Politik: Berichten zufolge hat die Ukraine ab sofort den Segen der US-Regierung, bereits gelieferte Waffen auch gegen russisches Territorium einzusetzen. Doch was genau sind ATACMS und was können die Geschosse leisten?

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gehörten die USA mit zu den ersten Ländern, die das angegriffene Land mit schweren Waffen und Luftabwehrsystemen unterstützt haben. Bislang waren die Militärhilfen jedoch stets an Bedingungen geknüpft. Die Waffen sollten nur zur Verteidigung eingesetzt werden. Die Ukraine musste versprechen, sie nicht gegen russisches Territorium zu richten - auch nicht, um militärische Ziele zu treffen.

Davon ist US-Präsident Joe Biden nun offenbar abgerückt. Laut Medienberichten hat die scheidende US-Regierung der Ukraine erstmals erlaubt, sich mithilfe der gelieferten Waffen auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen gegen die russischen Angreifer zu verteidigen.

Russen bereiten bei Kursk einen Großangriff vor

Für die Ukraine geht damit ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Mit mobilen HIMARS-Raketenwerfern und Raketen vom Typ ATACMS könnten die ukrainischen Streitkräfte beispielsweise militärische Ziele in Grenznähe ins Visier nehmen. Laut der "New York Times" könnten die Waffensysteme gegen russische und nordkoreanische Stellungen in der Kursk-Region zum Einsatz kommen. Berichten zufolge bereiten sich dort aktuell rund 50.000 russische und nordkoreanische Kämpfer auf einen Großangriff vor, um die über die Grenze vorgedrungenen ukrainische Streitkräfte zurückzudrängen.

Die Geschosse der Raketenartillerie haben eine sehr viel größere Reichweite als Artilleriegranaten. Präzisionsgelenkte Sprengköpfe von HIMARS- oder ATACMS-Raketen schlagen im Zielgebiet punktgenau und mit großer Wucht ein. Allerdings gibt es auch in der Kategorie der Raketen große Unterschiede. So wird beispielsweise unterschieden zwischen Kurzstreckenraketen, Mittelstreckenraketen und Interkontinentalraketen. Letztere können Distanzen von weit über 5000 Kilometern überwinden.

ATACMS sind keine Langstreckenraketen, aber...

Bei den sogenannten "Army Tactial Missile Systems", kurz ATACMS, die die USA an die Ukraine geliefert haben, handelt es sich um taktische Kurzstreckenraketen des Herstellers Lockheed Martin. Je nach Modell können damit Ziele in bis zu 300 Kilometer Entfernung beschossen werden. Der häufig verwendete Begriff "Langstreckenrakete" ist im Ukraine-Kontext also eher relativ zu verstehen: Zwar können diese Waffensysteme tatsächlich deutlich weiter entfernte Ziele erreichen als die meisten anderen Waffen, die der ukrainischen Armee gegen Russland zur Verfügung stehen. Doch es gibt Systeme mit sehr viel größerer Reichweite - wie etwa Marschflugkörper oder strategische, "echte" Langstreckenraketen.

ATACMS werden von einem Mehrfachraketenwerfer aus abgefeuert. Die USA haben die Ukraine mit entsprechenden HIMARS-Systemen ausgestattet. Vom deutschen und britischen Militär haben die Ukrainer zudem die älteren M270-Mehrfachraketenwerfer erhalten, die den gleichen Zweck erfüllen.

US-Präsident Joe Biden hatte im vergangenen Jahr die Lieferung von mehreren hundert ATACMS-Raketen an die Ukraine zugesagt. Wie viele davon sich noch im Arsenal der Ukraine befinden, ist unklar.

Kehrtwende in letzter Minute

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte lange darauf gedrängt, die westliche Waffensysteme auch gegen militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet einsetzen zu dürfen, um die Angreifer zu schwächen und die heimischen Truppen zu unterstützen. Die USA hatten diese Zusage stets mit Verweis auf eine mögliche Eskalation des Konflikts verweigert.

Bidens Kehrtwende wird als Signal an die kommende Regierung interpretiert. Im Januar übernimmt der neu gewählte Präsident Donald Trump das Weiße Haus. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, die Ukraine-Hilfen zu streichen und auf ein Friedensabkommen mit Russland hinzuarbeiten. Auch die Auswahl seiner Kabinettsmitglieder deutet darauf hin, dass die nächste US-Regierung eher auf die Interessen Russlands eingehen wird, als die Verteidigungskräfte der Ukraine zu stärken.

Adblock test (Why?)