Was in dem Abkommen zwischen den USA und der Ukraine steht

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Stand: 01.05.2025 13:23 Uhr

Nach monatelangen Verhandlungen mit heftigen Wendungen wie dem Eklat im Oval Office, haben sich die USA und die Ukraine auf ein Wirtschaftsabkommen geeinigt. Was darüber bislang bekannt ist.

Worum geht es in dem Abkommen zwischen den USA und der Ukraine?

Laut der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko sieht das Abkommen einen gemeinsamen Investitionsfonds für den Wiederaufbau der Ukraine vor.

Dieser Wiederaufbaufonds solle in Projekte zur Förderung von Mineralien, Öl und Gas sowie in damit verbundene Infrastruktur investieren, erklärte sie. Investiert werden dürfe nur in der Ukraine. In den ersten zehn Jahren solle der Fonds Gewinne und Einnahmen nicht ausschütten, sondern reinvestieren. Danach sollen die Gewinne unter den Partnern aufgeteilt werden können.

US-Finanzminister Scott Bessent nannte das Abkommen ein klares Signal an die russische Führung, dass sich die Trump-Regierung langfristig für einen Friedensprozess einsetze. Eine "freie, souveräne und prosperierende Ukraine" liege im Interesse der USA. Das Weiße Haus sprach von einer "historische Vereinbarung".

Wo soll das Geld für den Fonds herkommen?

Wichtig für die Ukraine: Laut Swyrydenko muss ihr Land keine Schulden wegen bisheriger Waffen- oder Finanzhilfen aus den USA seit Beginn des russischen Angriffskrieges tragen. Das war in den Verhandlungen lange ein kritischer Punkt gewesen, weil US-Präsident Donald Trump potenzielle Erlöse aus dem Rohstoffabbau als Ausgleich für finanzielle und militärische Unterstützung der USA ansah und darüber hinaus Gewinn erzielen wollte. Nach der nun getroffenen Vereinbarung betonte Trump, dass die USA viel mehr zurückbekommen würden, als sie bisher investiert hätten.

Die Ukraine werde ihren Anteil am Fonds nicht aus bestehenden Rohstoffprojekten leisten, sondern 50 Prozent der Einnahmen aus künftigen Förderlizenzen oder Rohstoffverkäufen einzahlen. Die USA wiederum könnten ihren Beitrag zu dem Fonds auch mit Militärhilfe leisten, zum Beispiel mit Flugabwehrwaffen. In keinem der Partnerländer sollen demnach Steuern auf die Einnahmen des Fonds anfallen.

Wer hat die Kontrolle?

Laut Swyrydenko sollen Entscheidungen über die Arbeit des Fonds gleichberechtigt und mit gleichen Stimmrechten getroffen werden. Die Ukraine werde die "volle Kontrolle" über ihren Boden, ihre Infrastruktur und ihre natürlichen Ressourcen behalten, sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal.

Was erhofft sich die Ukraine außerdem?

"Der Transfer und die Entwicklung von Technologien sind ein wichtiger Bestandteil des Abkommens, denn wir brauchen nicht nur Investitionen, sondern auch Innovationen", sagte Wirtschaftsministerin Swyrydenko. Sie fügte hinzu, dass das Abkommen keinen Einfluss auf die Bemühungen der Ukraine um eine Integration in die Europäische Union haben werde.

Die Ukraine arbeitet auch mit anderen Staaten wie Großbritannien, Frankreich und Italien an Projekten zur Gewinnung kritischer Rohstoffe. Die Regierung schätzt das Investitionspotenzial bis 2033 auf etwa zwölf bis 15 Milliarden Dollar.

Was will Washington mit dem Vertrag erreichen?

Der US-Präsident brauchte einen Erfolg. Er ist mit seiner Ankündigung gescheitert, den seit 2022 andauernden russisch-ukrainischen Krieg binnen kurzer Zeit zu beenden. Das Abkommen bietet ihm die Gelegenheit, einen Deal zu präsentieren. Wann wirklich Investitionen getätigt werden und eventuell Dividenden aus dem noch zu schaffenden Fonds in die USA zurückfließen, scheint dabei zweitrangig.

Unbeantwortet ist bisher, woher das Geld für Investitionen stammen soll, wenn es nicht aus Steuermitteln kommt. Trump müsste Investoren attraktive Bedingungen bieten. Dazu gehört vor allem dauerhafter Frieden in der Ukraine.

Spielt das Thema Sicherheit eine Rolle?

Die Ukraine hatte bislang immer erklärt, dass jedes Abkommen langfristige und robuste Sicherheitsgarantien beinhalten müsse, die Russland von einem erneuten Angriff abhalten. In den bislang veröffentlichten Informationen enthält die einzige Sicherheitsklausel jedoch keine Verpflichtung für die USA. Auch Waffen werden demnach in dem Abkommen nicht erwähnt.

Es heißt lediglich, dass die USA "die Bemühungen der Ukraine um die notwendigen Sicherheitsgarantien für einen dauerhaften Frieden unterstützen", zudem wird von einer "umfassenden Invasion" Russlands gesprochen, was eine sprachliche Verschärfung des bisherigen Kurses Trumps bedeutet. Trump bekräftigte nach der Unterzeichnung seine Sichtweise, dass eine wirtschaftliche Präsenz der USA in der Ukraine auch eine Sicherheitsgarantie für das Land darstelle.

Was hat die Ukraine zu bieten?

Von Aluminium bis Zink listet das Abkommen 57 Bodenschätze auf, die gemeinsam genutzt werden sollen. Dazu zählen auch Metalle der Seltenen Erden, die für viele Hochtechnologieprodukte wichtig sind. Es soll aber auch Öl und Gas gemeinsam gefördert werden. Das Problem: Niemand kennt die genaue Größe der ukrainischen Vorkommen. Die Erkundungsdaten stammen oft noch aus sowjetischen Zeiten.

Dennoch knüpft Trump große Hoffnungen an die Rohstoffe aus der Ukraine. So will er die heimische Industrie stärken. Mit Blick auf die Bedeutung der Rohstoffe hat die EU 34 kritische Rohstoffe definiert, die zur Herstellung von Elektrofahrzeugen, Mobiltelefonen, Raketensystemen, Turbinen, Lasertechnik und anderer hochtechnologischer aber auch alltäglicher elektronischer Geräte verwendet werden. Die Ukraine soll über mindestens 22 dieser Stoffe verfügen. Auch die Gruppe der Seltenen Erden gehört zu den kritischen Rohstoffen.

Die Ukraine verfügt laut dem französischen Büro für Geologie- und Bergbauforschung über rund 20 Prozent der weltweiten Vorkommen von Graphit, einem wichtigen Rohstoff unter anderem für die Batterieherstellung. Das Land ist zudem ein wichtiger Produzent von Mangan und Titan. Eigenen Angaben zufolge hat die Ukraine eines der größten Lithiumvorkommen Europas, das auf 500.000 Tonnen geschätzt wird, jedoch noch nicht erschlossen ist. Aus Kiew heißt es, dass überdies sechs Vorkommen von Seltenen Erden bekannt seien.

Lassen sich diese Rohstoffe in der Ukraine schon fördern?

Bergbau- und Wirtschaftsexperten zufolge verfügt die Ukraine derzeit über keine kommerziell betriebenen Minen für Seltene Erden. Der Geologische Dienst erklärte, die Regierung bereite etwa 100 Standorte vor, die lizenziert und erschlossen werden sollen.

Doch das viel größere Problem ist nicht die fehlende Infrastruktur zum Abbau - sondern der russische Angriffskrieg und die Tatsache, dass russische Truppen derzeit etwa 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt halten - vor allem im Osten des Landes. Nach Schätzungen der ukrainischen Denkfabrik We Build Ukraine und des Nationalen Instituts für Strategische Studien sind etwa 40 Prozent der Metallressourcen unter russischer Kontrolle.

Der größte Teil der Kohlevorkommen, die vor dem Krieg die Stahlindustrie des Landes antrieben, befindet sich im Osten und ist verloren gegangen. Die Daten stammen aus der ersten Jahreshälfte 2024, seitdem sind die russischen Truppen weiter vorgerückt. Russland hat während des Krieges mindestens zwei ukrainische Lithiumlagerstätten besetzt - eine in Donezk und eine weitere in der Region Saporischschja im Südosten.

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