Fast jeder zweite Fahrschüler hat im vergangenen Jahr die theoretische Prüfung nicht bestanden. In der Praxis sind über ein Drittel gescheitert. Gegen den Trend sollen Fahrsimulatoren und Apps helfen.
"Hier auf dem Parkplatz kannst du gucken, wie das Auto reagiert", sagt Fahrlehrer Thomas und zeigt auf drei große Bildschirme. "Hier hast du die Gangwahl wie im Automatik-Auto auch." Er steht neben Fahrschülerin Maria in der Kölner Fahrschule Flix und lässt Maria eine digitale Runde per Autosimulator über einen Übungsplatz drehen.
Maria und kann ihren Blick nicht von den Monitoren lassen. "Das Ganze bewegt sich auch mit dir. Du fühlst das so wie im Auto", sagt die Fahrschülerin. Sie sitzt angeschnallt auf einem Sitz, hält ein Lenkrad fest und gibt behutsam Gas mit dem Pedal im Fußraum.
"Ich habe selber schon ein paar echte Stunden hinter mir. Deshalb finde ich den Simulator wirklich gut. Es ist zusätzliche Übung, bevor man sich traut, auf der Autobahn zu fahren", so die 18-jährige aus Köln. "Auch nach meinen acht Fahrstunden ist alles neu und aufregend, ich bin immer nervös vor der echten Stunde."
Training an einem Simulator in einer Fahrschule in Köln.
Schule bis 17 Uhr - und der Kopf ist voll
Fahrlehrer Thomas begleitet Maria mit Humor und Tipps durch die digitale Fahrstunde. Als Ergänzung zu den Fahrtstunden auf der Straße helfe der Fahrsimulator sehr, sagt er. Bei ihm kostet die Simulator-Nutzung nichts zusätzlich. "Das schont den Geldbeutel der Fahrschüler, wenn wir im Schnitt hier 25 Stunden für den Führerschein brauchen. Es schult die kognitiven Fähigkeiten, man kann das Schalten gut üben."
Auch Thomas merkt: Viele Fahrschüler scheitern immer häufiger in Theorie und Praxis. "Die Fahrschüler gehen bis 16 oder 17 Uhr in die Schule. Danach dann direkt die Fahrstunde. Da ist der Kopf eigentlich schon voll", sagt er. "Da bleibt dann nicht mehr so viel hängen. Und dann brauchen die halt auch viele Fahrstunden oder rasseln durch die Prüfung."
Viele scheitern mehrfach an den Prüfungen
Der Datenreport des TÜV-Verbands zeigt, dass die Durchfallquoten auch 2024 weiter hoch bleiben. 45 Prozent der Pkw-Fahrschüler fallen durch die Theorieprüfung, über ein Drittel (37 Prozent) scheitert in der Praxis. Die aktuelle Statistik zeigt, dass auch mehrfaches Scheitern keine Seltenheit ist.
"Wer in der ersten Prüfung durchfällt, dem fällt oft auch die Wiederholungsprüfung schwer", sagt Richard Goebelt vom TÜV-Verband. "Jeder gescheiterte Versuch steigert die mentale Belastung der Betroffenen und führt zu weiteren Kosten." Um die Anzahl der Wiederholungsprüfungen zu reduzieren und Fahrschüler finanziell zu entlasten, sind aus Sicht des TÜV-Verbands Optimierungen beim Führerschein-Erwerb notwendig.
Ein entscheidendes Instrument für bessere Prüfungsergebnisse seien verbindliche elektronische Lernstandskontrollen in den Fahrschulen. "Lernstandsbeurteilungen stellen sicher, dass Fahrschüler erst dann zur Prüfung antreten, wenn sie nachweislich ausreichend vorbereitet sind."
Das ist in der Kölner Flix Fahrschule bereits der Fall, erzählt Fahrlehrer Thomas. Man muss in einer Fahrschul-App mindestens 70 Prozent der Antworten richtig haben und eine Vorprüfung bestehen, dann erst können die Fahrschüler zur theoretischen Prüfung.
Täuschungsversuche nehmen zu
Ein immer weiter wachsendes Problem bei der Theorieprüfung seien Täuschungsversuche, heißt es vom TÜV-Verband. "Ergaunern sich die Fahrschüler ihren Prüfungserfolg und verfügen nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Straßenverkehr, birgt das ein erhebliches Risiko für die Sicherheit anderer", sagt Richard Goebelt.
Besonders alarmierend: 58 Prozent der Täuschenden agieren professionell. "Die Zusammenarbeit mit Dritten, Passmissbrauch oder Urkundenfälschung sowie der Einsatz ausgefeilter technischer Hilfsmittel zeugen von einem hohen Maß an krimineller Energie. Das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben", so Goebelt.
Bei etwa einem Drittel der Täuschungsversuche hat sich jemand Fremdes als der eigentliche Prüfling ausgegeben, um für diesen die Prüfung abzulegen. Bei einem weiteren Drittel der Versuche wurden unerlaubte technische Hilfsmittel wie Handys, Kopfhörer oder Kameras eingesetzt. Das letzte Drittel macht Betrugsversuche mit Spickzetteln aus. Der TÜV-Verband wünscht sich hier höhere Sanktionen und Strafen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr.