Es ist bislang einmalig im deutschen Profifußball: Der FC St. Pauli ist seit Kurzem eine Genossenschaft. Warum der Verein diesen Schritt gegangen ist.
Der FC St. Pauli hat sich auf einen im deutschen Profifußball einmaligen Finanzierungsweg gemacht und eine Genossenschaft gegründet. Seit gut einer Woche können Fans nun Anteile für die "Football Cooperative Sankt Pauli 2024 eG" kaufen und haben das auch schon zahlreich getan. Laut Vereinsangaben sind mittlerweile mehr als 10.000 Menschen Mitglied der Genossenschaft und haben Anteile im Gesamtwert von 13 Millionen Euro gezeichnet.
Pro Anteil müssen Interessierte 850 Euro zahlen - davon sind 32 Euro Gebühren und 68 Euro sind Rücklagen für die eG. Das ambitionierte Ziel des Vereins ist es, dadurch 30 Millionen Euro einzunehmen. Denn diese Art der Finanzierung gilt als krisensicher und demokratisch. "Wir sind nicht auf die Idee angewiesen, sie macht uns aber handlungsfähiger", sagte Vereinspräsident Oke Göttlich bei tagesschau24: "Wir wollen eine Idee lostreten."
Unabhängig von externem Einfluss
Die Mitglieder werden durch Ausschüttungen am Gewinn beteiligt - die "Football Cooperative Sankt Pauli 2024 eG" geht nach eigenen Angaben in ihren Planungsrechnungen von einem Überschuss von ein bis drei Prozent, in den ersten Jahren eher im unteren Bereich, aus. Ob Ausschüttungen aus erwirtschafteten Gewinnen dann aber auch tatsächlich vorgenommen werden, entscheidet die Generalversammlung der Genossenschaft gemeinschaftlich. Die Mitglieder können darüber also selbst mit abstimmen. Kein Mitspracherecht haben die eG-Mitglieder hingegen bei vereinspolitischen Entscheidungen des eV.
Bei einer Genossenschaft haben die Genossinnen und Genossen - sprich die Anteilseigner - unabhängig von der Zahl ihrer Anteile jeweils nur eine Stimme. Ein wesentlicher Unterschied zu den üblichen Wirtschaftsformen im Profifußball wie die AG, die GmbH oder die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA).
Das Risiko, sich einen Investor ins Boot zu holen und sich damit abhängig zu machen, wollte der Verein nicht eingehen. Drohende Abhängigkeiten und externer Einfluss waren für den mitgliedergeführten FC St. Pauli ausgeschlossen, ebenso der Verkauf des Stadionnamens.
Was ist eine Genossenschaft?
Bei einer Genossenschaft schließen sich mehrere Personen - mindestens drei - freiwillig zusammen. Ziel der Genossenschaft ist es, die wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Belange ihrer Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Genossenschaften gibt es in ganz unterschiedlichen Bereichen, etwa im Finanzwesen, im Wohnungsbau oder der Landwirtschaft.
Die Kernidee einer Genossenschaft besteht darin, positive Wechselwirkungen aus dem Zusammenschluss der Mitglieder zu nutzen. Gemeinsame Ziele können so leichter erreicht werden. Bei Genossenschaften steht nicht im Vordergrund, Gewinne zu erzielen. Für Genossenschaften wesentlich ist vielmehr die Mitgliederförderung durch einen gemeinsamen Geschäftsbetrieb.
Schuldentilgung und Modernisierung
Nun werden also die Fans beteiligt. Und auch aus der Profi-Mannschaft wurde bereits vor der Zeichnung Interesse an Anteilen laut. Neben Trainer Alexander Blessin kündigte Kapitän Jackson Irvine in der Süddeutschen Zeitung an: "Klar! Ich starte mal mit einem Anteilsschein, dadurch wird mir ein Stimmrecht garantiert. Das ist das Wichtigste. Den Rest sehen wir."
Durch den Verkauf der Anteile will der FC St. Pauli unter anderem Darlehen für das Stadion und die Corona-Darlehen zurückzuzahlen. Der FC St. Pauli hat für das vergangene Geschäftsjahr 2022/2023 ein Minus von 4,9 Millionen Euro ausgewiesen. Das Eigenkapital von ehemals rund 14 Millionen Euro ist inzwischen nahezu aufgezehrt.
Zudem soll Geld für die Modernisierung des Stadions, für das Nachwuchsleistungszentrum und die Erweiterung der Trainingsanlage an der Kollaustraße sowie zur Stärkung der Fußballerinnen verwendet werden. Durch die Entschuldung würde der FC St. Pauli finanziell wieder flexibler werden, müsste Kredite nicht mehr tilgen und könnte bessere Bedingungen bei Banken aushandeln.