Nach dem Messerattentat von Solingen ist die Debatte über eine Verschärfung des Waffenrechts neu entfacht. Im Fokus stehen dabei auch die Befugnisse der Sicherheitsbehörden. Die Union plädiert etwa für weitreichende Kontrollmöglichkeiten. Aus der SPD hagelt es derweil Kritik an Justizminister Buschmann.
Der mutmaßlich islamistisch motivierte Messeranschlag in Solingen mit drei Toten hat die Debatten um Verschärfungen des Waffenrechts und den künftigen Kurs in der Migrationspolitik befeuert. So sprach sich die Union dafür aus, der Polizei anlasslose Messerkontrollen zu ermöglichen und forderte zudem eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte eine Bekämpfung des Islamismus "mit aller notwendigen Härte" an.
CSU-Chef Markus Söder sieht vor allem Defizite bei den Behördenbefugnissen. "Wir haben nicht die richtigen Instrumente, um gegen Gewalt und auf Gewalt zu reagieren", sagte er in der ARD. "Beim Auto werden Sie nämlich kontrolliert, anlasslos geht das. Bei Fußgängerzonen nicht." Er fuhr fort: "Die Sicherheitsbehörden arbeiten eigentlich in Deutschland sehr, sehr gut." Man müsse ihnen aber noch mehr Möglichkeiten geben. "Wir müssen ihnen mehr Möglichkeiten geben, eigenständig auch handeln zu können." Es dauere in Deutschland zu lange, bis Maßnahmen umgesetzt würden.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier befürwortete mehr Kompetenzen für die Sicherheitsbehörden. Im ZDF forderte er mehr Personal für diese, bei terroristischer Gefahr sei aber auch eine Ausweitung der Befugnisse etwa des Bundeskriminalamts denkbar.
Buschmann lenkt bei Waffengesetzen ein
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese machte in diesem Zusammenhang im Interview mit dem "Tagesspiegel" bereits konkrete Vorschläge. Damit die Behörden besser gegen Terrorismus vorgehen können, bräuchte es zusätzliche Befugnisse wie etwa die Speicherung von IP-Adressen. Auch die Gesichtserkennung zu Fahndungszwecken und zur Verhinderung und Aufklärung terroristischer Straftaten seien eine Möglichkeit. Zudem wünschte sich Wiese endlich ein neues Bundespolizeigesetz und mehr Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen.
Viele dieser Maßnahmen blockiert nach Ansicht von Wiese allerdings derzeit Justizminister Marco Buschmann. "Buschmanns Politikansatz sorgt dafür, dass die Sicherheitsbehörden online fast blind sind und ihnen auch im realen Raum oftmals die Hände gebunden sind", kritisierte Wiese. Zuletzt seien viele Terroranschläge im Vorfeld verhindert worden. Man dürfe sich dabei allerdings nicht immer auf Hinweise von befreundeten ausländischen Diensten verlassen, betonte Wiese.
Buschmann zeigte sich in der Vergangenheit auch bei den Plänen aus dem Bundesinnenministerium, die Messerverbote auszuweiten, kritisch. So kündigte Ministerin Nancy Faeser bereits an, weitere Messertypen zu verbieten, mehr Waffen- und Messerverbotszonen einzuführen und der Polizei mehr Kontrollen zu ermöglichen. Buschmann, der sich bisher dagegen positionierte, zeigte sich nach dem Messeranschlag von Solingen offener für diesen Vorstoß. "Nach Solingen müssen alle Themen auf den Tisch: Dabei ist das Waffengesetz kein Tabu", schreibt er auf X.
Eine Verschärfung des Waffenrechts forderte derweil auch Vizekanzler Robert Habeck. Es müsse "mehr Waffenverbotszonen und strengere Waffengesetze" geben. "Niemand muss im öffentlichen Räumen in Deutschland Stich- oder Hiebwaffen tragen", sagte der Grünen-Politiker. "Wir leben nicht mehr im Mittelalter."
Reul: "Abschiebungen müssen schneller und einfacher gehen"
Für eine Änderung in der Migrationspolitik plädierte hingegen NRW-Innenminister Herbert Reul. "Wir können nicht alle aufnehmen, die zu uns kommen wollen. Wir brauchen klare Regelungen für die Zuwanderung. Und wir brauchen eine Begrenzung. Wir müssen an den Außengrenzen Europas Lösungen finden, wir müssen an den deutschen Grenzen die Maßnahmen intensivieren", sagte Reul im Interview der "Rheinischen Post".
Er fügte hinzu: "Auch Abschiebungen müssen schneller und einfacher gehen. Aber wer denkt, das sei die Lösung, der irrt auch. Wenn wir in NRW beispielsweise monatlich weiterhin so viele neue Flüchtlinge bekommen wie wir im Jahr abschieben werden, bringt das auch nicht viel. Auch von der groß von der Bundesregierung angekündigten Abschiebungswelle ist noch nichts zu sehen bisher. Vielmehr muss die Zuwandererfrage geklärt werden", betonte der Landesinnenminister. Am Montagvormittag werden Bundeskanzler Olaf Scholz und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst zu einem Besuch in der Solingen erwartet.