Verhandlungen in Istanbul: Erstes Treffen seit 2019? Selenskyj besteht auf Gespräch mit Putin

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Bei einem möglichen Treffen am Donnerstag in Istanbul werde Selenskyj mit keinem anderen außer Putin höchstpersönlich sprechen, heißt es aus Kreisen des ukrainischen Präsidenten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besteht bei dem von Russland für Donnerstag vorgeschlagenen Treffen in Istanbul auf einer Begegnung auf höchster Ebene. "Präsident Selenskyj wird sich in Istanbul mit keinem anderen Vertreter Russlands treffen außer Putin", sagte Mychailo Podoljak, der Berater des ukrainischen Präsidenten, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin

Dieser hatte am Sonntag direkte Gespräche in der türkischen Metropole vorgeschlagen, aber offengelassen, wer Russland vertreten würde. Selenskyj erklärte daraufhin, er selbst werde in Istanbul auf Putin warten. Die USA schicken nach Reuters-Informationen die Sondergesandten Steve Witkoff und Keith Kellogg nach Istanbul. Die Bundesregierung sprach sich für die Verhängung weiterer EU-Sanktionen gegen Russland aus, sollte es in dieser Woche keine Fortschritte hin zu einem Ende des Krieges geben.

Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak erklärte am Dienstag in Kopenhagen, die Reise des Präsidenten in die Türkei unterstreiche die Bereitschaft der Ukraine zu Gesprächen. Jermak bekräftigte die Forderung seines Landes, dass es erst eine Waffenruhe und dann Verhandlungen geben müsse. "Unsere Position ist sehr prinzipientreu und sehr stark."

Drei Insider sagten Reuters, dass Witkoff und Kellogg zu möglichen Gesprächen nach Istanbul reisen werden. US-Präsident Donald Trump, der am Dienstag seine Nahost-Reise begonnen hat und in Saudi-Arabien eintraf, hatte eine Teilnahme an einem Treffen in Istanbul nicht ausgeschlossen. Auch daraufhin ließ Russland weiter offen, wer in die Türkei reisen würde.

Russland und Putin äußern sich noch nicht zur Teilnahme

Die Regierung in Moskau hat bislang nicht erklärt, auf welcher Ebene die Gespräche mit der Ukraine stattfinden sollen. "Wir sind entschlossen, ernsthaft nach Wegen zu einer langfristigen friedlichen Lösung zu suchen", sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, am Montag dazu lediglich. "Die russische Seite bereitet sich weiterhin auf die Verhandlungen vor", sagte er einen Tag später vor der Presse auf die Frage, ob Putin teilnehmen werde. "Wir werden uns noch nicht weiter dazu äußern." Auf die direkte Frage, wer Russland bei den Gesprächen vertreten werde, sagte Peskow: "Sobald der Präsident es für angebracht hält, werden wir es bekanntgeben."

Sollte es tatsächlich zu einer Begegnung zwischen Selenskyj und Putin kommen, wäre es die erste seit Dezember 2019. Selenskyj ist seit Mai 2019 im Amt. Russland hat am 24. Februar 2022 seine großangelegte Invasion der Ukraine begonnen und weite Teile im Osten und Süden unter Kontrolle gebracht. Bereits vorher hatte Russland die prorussischen Separatisten im Donbass in der Ostukraine im Kampf gegen die ukrainische Armee unterstützt. Die ukrainische Halbinsel Krim, die Russland schon im Jahr 2014 annektiert hat, ist einer der großen Streitpunkte in dem Konflikt. Auf der Krim unterhält Russland seit dem 18. Jahrhundert mit Sewastopol den Hauptstützpunkt seiner Schwarzmeerflotte.

Europäer bleiben skeptisch

In Europa blieben Zweifel an der Bereitschaft Putins zum Frieden bestehen. Die EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas sagte in Kopenhagen, ihrer Einschätzung nach sei Russland nicht ernsthaft interessiert an einem Frieden in der Ukraine. Russland spiele Spiele und versuche, Zeit zu kaufen, sagte Kallas.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erklärte, man warte auf die Zustimmung Putins und sei sich auf europäischer Ebene über eine deutliche Verschärfung der Sanktionen einig. Er sei "entschlossen, Sanktionen gegen Russland mit aller Konsequenz auf den Weg zu bringen". Die europäischen Verbündeten der Ukraine hatten von Russland eine 30-tägige Waffenruhe ab Montag dieser Woche gefordert und anderenfalls mit harten Sanktionen gedroht. Das Ultimatum verstrich, ohne dass bislang Strafmaßnahmen verhängt worden wären. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) verwies auf die Frage nach weiteren Sanktionen auf Donnerstag dieser Woche. Dann könne es ein Treffen zwischen Vertretern der Ukraine und Russland geben, sagte er in Berlin.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius mahnte eine Verschärfung westlicher Sanktionen gegen Russland und mehr militärische Unterstützung für die Ukraine an. Putin verhalte sich mit Blick auf die Diskussionen über eine Waffenruhe und Verhandlungen über eine Friedenslösung wie üblich, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Daher müssten jetzt die Konsequenzen gezogen werden.