2 months ago

"Unterschiedliche Sichtweisen": Scholz weist Erdogans Völkermord-Vorwurf an Israel zurück



Bei einem Treffen von Kanzler Scholz und dem türkischen Staatschef Erdogan in Istanbul werden erneut Meinungsverschiedenheiten zu Israel deutlich. Die Türkei sieht Israel als Aggressor in Nahost und beschuldigt den Staat wiederholt des Genozids im Gazastreifen. Scholz widerspricht deutlich.

Bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Istanbul sind erneut Meinungsverschiedenheiten mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu den Konflikten im Nahen Osten deutlich geworden. "Es ist kein Geheimnis, dass wir da auch unterschiedliche Sichtweisen auf Israel haben", sagte Scholz während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan.

Der türkische Präsident warf Israel vor, im Gazastreifen einen Völkermord zu begehen. Scholz wies das zurück. "Deutschland hat nicht die Einschätzung (…), dass der Vorwurf des Völkermords gerechtfertigt ist", sagte er. Er betonte aber, dass zivile Opfer egal auf welcher Seite gleichermaßen beklagt werden müssten. Es dürfe kein "geteiltes Leid" geben.

"Der mörderische Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober war ein furchtbares Verbrechen und hat natürlich auch die Bewohnerinnen und Bewohner in Gaza in ein furchtbares Unglück gestürzt", fuhr Scholz fort. "Klar ist: Gegen einen solchen Angriff muss man sich verteidigen können." Israel müsse sich dabei aber an das Völkerrecht halten. "Das ist eine Anforderung, die selbstverständlich ist", so Scholz. Der türkische Staatschef sagte indessen: "Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um den nötigen Druck auf Israel auszuüben." Der "aggressiven Politik Israels" müsse "ein Ende" gesetzt werden.

Scholz für Zweistaatenlösung

Scholz betonte jedoch auch Gemeinsamkeiten. "Wir sind uns einig, dass Deeskalation, ein Waffenstillstand und politische Lösungen notwendig sind, um einen Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern." Es brauche einen "glaubwürdigen politischen Prozess hin zu einer Zweistaatenlösung". Der Kanzler sagte: "Darum bemühen wir uns weiterhin, trotz aller Rückschläge, die wir auch sehen." Die Zweistaatenlösung sieht einen eigenen Staat für die Palästinenser vor, der friedlich an der Seite Israels koexistiert.

Ergodan ist seit Beginn des Gaza-Krieges einer der schärfsten Kritiker Israels. Im Zusammenhang mit Israels Kriegsführung im Gazastreifen spricht der türkische Staatschef immer wieder von einem Völkermord. Die radikalislamische Hamas, die mit ihrem Großangriff auf Israel den Krieg ausgelöst hatte, betrachtet Erdogan als "Widerstandsgruppe". Den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu verglich Erdogan mit Adolf Hitler. Die Türkei hatte sich im August auch einer von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel angeschlossen.

Mehr zum Thema

Israel beruft sich auf sein Recht auf Selbstverteidigung, nachdem Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen vergangenes Jahr den Süden Israels überfallen, rund 1200 Menschen getötet und 250 verschleppt hatten. Seither führt Israel Krieg gegen die Hamas.

Nach palästinensischen Angaben sind seit Kriegsbeginn im Gazastreifen mehr als 42.000 Menschen getötet worden. Wie viele der Opfer Zivilisten sind, geht daraus nicht hervor, und die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Nach Einschätzung der UN, die die Zahlen aber als weithin glaubwürdig einschätzen, sind die meisten der Getöteten Frauen und Kinder.

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2025. All rights are reserved